Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0581 - Der Blutstein

0581 - Der Blutstein

Titel: 0581 - Der Blutstein
Autoren: Jason Dark
Vom Netzwerk:
zuckte seine Hand zurück. »Wie soll ich das verstehen?«
    »Weißt du das nicht, oder willst du es nicht wissen?«
    »Ich will nicht.«
    »Dann sag ich es dir. Wir werden ihn gemeinsam töten, Junge. Nicht nur ich, auch du bist dabei.«
    »Aber er hat mir…« protestierte Dennis.
    »Was hat er denn? Dich aus dem Zimmer geholt? Natürlich, das ist auch alles. Denk daran, daß ich deine Mutter bin, Dennis. Ich bin deine Mutter, sonst niemand. Du bist Mario, mein Sohn, und als Dennis wiedergeboren worden.«
    »Bin ich denn damals gestorben?«
    Der Kopf lachte. »Natürlich, du Dummer. Du bist gestorben. Sehr lange hast du nicht gelebt.«
    Es waren harte Worte, die der Junge zu hören bekam. Er blieb auch nicht unbeeindruckt. Über seinen Rücken rann ein Schauer. Er spürte selbst, wie sein Gesicht an Farbe verlor. Da sprach jemand über seinen Tod, was er einfach nicht fassen konnte.
    »Wie ging es denn weiter?«
    »Möchtest du wissen, wie du gestorben bist?«
    »Ja…«
    »Im Kampf. Du bist Soldat geworden. Dein Graf mußte sich gegen die Franzosen wehren, die einfielen. Da erwischte es dich. Auf dem Schlachtfeld bist du ausgeblutet.«
    Eisschauer krochen über Dennis’ Rücken und ließen den Jungen schaudern. Er wollte auch nichts mehr fragen, doch er reagierte irgendwie automatisch. Sein Hunger nach Wissen überlagerte die Furcht. »Wie ging es dann weiter?«
    »Zeiten rollten vorbei!« flüsterte der Kopf. »Dein Geist schwebte lange in der Finsternis, Mario. Bis er einen neuen Körper gefunden hatte. Dennis’ Körper. Und nun stehst du vor mir.«
    »Bist du auch wiedergeboren?«
    »Nein, ich war nie tot.«
    »Doch, doch!« schrie Dennis, dem alles zuviel wurde. »Ich habe dich in meinen Träumen brennen sehen. Man hat dich noch geköpft, weil man sichergehen wollte.«
    »Ja, nur konnte man mich nicht töten. Die Kraft des Teufels hielt mich am Leben. Ich wurde verscharrt, vergessen, doch niemand ahnte, daß es eine Kraft gab, die dafür gesorgt hatte, daß ich nicht so gestorben war, wie man es sich vorstellt. Ich konnte meine Zeit abwarten, und ich lebe in einer Doppelexistenz.«
    »Das weiß ich nicht.«
    »O doch, mein Junge, ich werde es dir genau zeigen. Warte einige Sekunden ab.«
    Dennis kam der Aufforderung nach. Er wußte, daß etwas Unerklärliches passieren würde, ja, passieren mußte, und er ließ den verbrannten Kopf nicht aus den Augen.
    Bisher hatte er so gut wie regungslos in einem Winkel zwischen Wand und Decke gestanden. Plötzlich aber setzte er sich in Bewegung. Er löste sich, als hätte er einen kleinen Schubs bekommen. Danach glitt er lautlos in die Tiefe.
    Es war ein Bild, das Dennis in Schrecken versetzte. Der Kopf sah aus, als wollte er auf ihn fallen. Das schwarze, halbzerstörte Gebilde, in dem nur die Augen lebten und hervorstachen, näherte sich ihm sehr gefährlich. Nase, Lippen und Ohren, das alles war nicht zu erkennen, nur noch die weißgrauen, völlig verfilzten Haare, die auf dem alten Schädel wuchsen.
    Dennis hielt den Atem an. Er zitterte innerlich, was sich auch nach außen übertrug.
    Was wollte der Schädel von ihm?
    Nein, nichts von ihm. Plötzlich machte er kehrt und glitt auf die Hexe zu. Noch saß dort nur der Körper. Einen Moment später – der Kopf war wie ein Schatten durch den Lichtschein geglitten – schwebte er über dem Torso.
    Plötzlich sackte er nach unten.
    Dennis hatte es geschafft, den Atem anzuhalten. In der Stille klangen die schabenden Geräusche doppelt laut. Sie hörten sich an, als würden im Gesicht kleine, verbrannte Kohlestücke verschoben. Der Schädel ruckte noch einmal, saß fest, und in seiner unteren Hälfte schob sich etwas zur Seite, so daß ein Mund entstehen konnte.
    Dennis schaute hinein.
    Eine graue Öffnung, in der eine ebenfalls graue Zunge wie ein Lappen lag.
    Bedächtig hob die Hexe beide Hände und legte die Handflächen gegen ihre Wangen. Es wirkte so, als wollte sie den Kopf wieder abreißen, das jedoch tat sie nicht. Sie schob die Hände vor ihr Gesicht, murmelte einige Worte und streifte die Finger wieder ab.
    Dennis wich zurück. Was er nun zu sehen bekam, war unglaublich, für ihn nicht zu fassen.
    Da saß zwar noch die Hexe – seine Mutter – vor ihm, aber sie sah völlig anders aus.
    Wie in seinen Träumen…
    Schwarze Haare, die eine gewaltige Flut bildeten, umgaben ihr Gesicht, in dem besonders die helle Haut auffiel. Es war ein wunderschönes Frauengesicht, das einen nahezu verklärten Ausdruck angenommen
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher