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0516 - Im Netz der Mörderspinne

0516 - Im Netz der Mörderspinne

Titel: 0516 - Im Netz der Mörderspinne
Autoren: Werner Kurt Giesa
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sprach der Gnom die letzte Zauberformel. Er sah die Spinne über den Kokon rasen und spürte einen schmerzhaften Stich in der Hüfte, viel stärker als vorhin. Er glaubte, die schöne junge Frau sei unfaßbar schnell in ihren Bewegungen, aber er wußte auch, daß das auf seine eigene Zeitverlangsamung zurückzuführen war. Gerade eilte - nein, stolperte - Don Cristofero ins Freie, und die Spinne prallte mit ihm zusammen.
    Der Gnom krümmte sich.
    Er glaubte eine Flammenspur zu sehen, die zwischen ihm, dem in den Kies gezeichneten »Netz« und der Spinne mit ihrem hausumschließenden Kokon entstanden war. Feuer, das nach beiden Seiten brannte und die Spinne wie den Gnom zu verzehren suchte. Von der kleinen Bißwunde aus strahlte der Schmerz immer teuflischer werdend auf seinen ganzen Körper aus. Der Namenlose hatte das Gefühl, Feuer statt Blut in den Adern zu haben.
    Er sank zu Boden. Die Magie tötete die Spinne und auch ihn. Er sah nicht mehr, wie Anette d’Arcois mit einem erschrockenen Schrei auf ihn zurannte. Vor seinen Augen wurde es schwarz.
    ***
    Don Cristofero wurde von der Spinne niedergeworfen. Dicht über ihm klappten die Kieferzangen. Das Biest stank ekelerregend, und die Borstenhaare waren wie Stacheln. Cristofero rollte sich herum. Der hochschnellende Degen schnitt in die Flanke der Riesenspinne. Gelblicher Brei quoll hervor, und der Gestank raubte dem Zeitreisenden den Atem. Er würgte, ließ aber nicht locker. Er wollte überleben. Als die Spinne wieder zubeißen wollte, schmetterte er die linke Faust gegen ihre Kieferpartie und fühlte, wie etwas zerbrach. Er bekam den Degen wieder frei, bohrte ihn abermals tief in den Spinnenkörper und erwischte diesmal die richtige Stelle - dicht vor dem Übergang zwischen Kopf und Leib durchstach er den Ganglien-Strang, der »Gehirn« und »Rückenmark« der Spinne zugleich darstellte. Im selben Moment verlor die Spinne die Koordinationsfähigkeit ihrer Glieder. Sie taumelte seitwärts, tastete und schnappte nach Dingen, die nicht existierten - und wurde dabei zusehends langsamer und schwerfälliger.
    Cristofero konnte es kaum glauben, davongekommen zu sein. Er richtete sich auf, dabei bemüht, der gelben Breispur aus dem Weg zu gehen, und schaute, ob er verletzt war. Offenbar hatte er aber nur ein paar Kratzer davongetragen.
    Die Spinne sank in sich zusammen, zuckte noch einige Male und starb.
    Cristofero zögerte noch ein paar Sekunden, bereit, jederzeit wieder auf das Ungeheuer einzustechen, aber als es sich nicht mehr rührte, schritt er zum Haus hinüber und wischte im schmalen Rasenstreifen die besudelte Klinge sauber, ehe er sie in die Scheide zurückschob.
    Die anderen, die das Ende der Spinne von der Tür aus beobachtet hatten, wagten sich jetzt ins Freie, allen voran Roald d’Arcois. »Ich bin Ihnen mehr denn je zu Dank verpflichtet«, verkündete er. Dann sah er seine Tochter, die sich ein paar Dutzend Meter weiter über den Gnom beugte. »Faß ihn nicht an!« rief er. »Du kannst dich doch nicht einfach mit so einem abgeben!«
    Don Cristofero runzelte die Stirn. Es gefiel ihm nicht, wie der Comte über den Verwachsenen redete. Offenbar waren Fremdenhaß und Rassismus nicht nur eine Zeiterscheinung der verwirrenden 90 er Jahre dieses befremdlichen Jahrhunderts.
    Er ging wortlos an d’Arcois vorbei zu seinem kleinen Diener und Freund, der reglos zwischen seinen in den Kies gescharrten Zauberzeichen lag. »Sag Er jetzt bloß nicht, Er sei tot«, ächzte er. »Das habe ich Ihm nicht erlaubt!« Aber der Gnom konnte nicht antworten.
    ***
    Es war mittlerweile hell geworden, aber Zamorra hatte immer noch keinen Plan. Je knapper ihm die Zeit wurde, desto weniger konnte er sich auf die Flucht mit Nicole konzentrieren. Immerhin hatte er es geschafft, in einem unbeobachteten Moment die Uniformjacken zu tauschen; jetzt trug er zwar immer noch belgisch-braun, aber mit den Rangabzeichen eines Sergeanten. Der eigentliche Besitzer würde sich irgendwann wundern, wenn er aus seinem nach der Nachtwache verdienten Schlaf erwachte und die einfache Soldatenjacke vorfand. Darüber hinaus achtete Zamorra darauf, daß niemand sein Gesicht lange genug sehen konnte, um ihn als Fremden zu identifizieren.
    Nicole war immer noch ohne Bewußtsein. Aber Zamorra konnte und wollte sie nicht hier zurücklassen, nicht einmal vorübergehend.
    Mittlerweile hatte er die Stelle entdeckt, wo Leclercs Geheimtür in einen Schacht führte, der vermutlich keinem der momentan hier dienenden
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