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Verschwörung im Zeughaus

Verschwörung im Zeughaus

Titel: Verschwörung im Zeughaus
Autoren: Petra Schier
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    PROLOG
    D ie Nacht hatte sich bereits über die Dächer und Kirchtürme von Köln gesenkt, als der Hauptmann das Zeughaus betrat. Er hängte den Kienspan, den er mit sich trug, in eine der Wandhalterungen, dann rieb er die Hände aneinander, die beim Ritt durch die kalte Herbstluft gefühllos geworden waren. In der kleinen Eingangshalle stapelten sich Holzkisten; vermutlich enthielten sie die neuen Bolzen für die Armbrüste und Büchsen, die Johann van Spele, der Büchsenmeister, diese Woche zu liefern versprochen hatte.
    Kurz hob er einen der Kistendeckel an und nickte sinnierend. Noch schien die Lieferung vollständig zu sein. Am besten zählte er gleich heute noch die Anzahl der Bolzen und Büchsen und hielt sie schriftlich fest. Es erschien ihm als eine Schande, dass dies überhaupt notwendig geworden war. Jemand betrog die Stadt Köln, und das konnte man nicht auf sich beruhen lassen. Die gesammelten Beweise wogen schwer, und solange sie nicht vor die Schöffen gebracht worden waren, konnte er niemandem trauen. Niemandem – bis auf einem Mann, einem Freund und langjährigen Waffengefährten. Gemeinsam waren sie den Vorgängen hier im Zeughaus und der Verschwörung gegen die Stadt auf die Spur gekommen. Gemeinsam würden sie auch dagegen vorgehen, deshalb wollten sie sich heute hier treffen.
    Entschlossen, die Wartezeit nicht ungenutzt verstreichen zu lassen, legte er die lederne Umhängetasche, die er über der Schulter trug, auf einer der Kisten ab und ging in den Nebenraum, um sich Wachstafel und Griffel zu holen. Sobald die gelieferten Waffen gezählt waren, würde er einen Schreiber alles auf Papier übertragen lassen.
    Als er in die Eingangshalle zurückkehrte, spürte er einen Luftzug. Die Tür stand einen Spalt weit offen. Überrascht blickte er sich um. War sein Freund hereingekommen, ohne dass er ihn gehört hatte? Das wäre allerdings peinlich, bildete er sich doch so viel auf sein gutes Gehör und seine flinken Sinne ein.
    Ein Rascheln hinter ihm ließ ihn herumfahren und dann erheitert auflachen. «Liebe Güte, hast du mich erschreckt! Ich werde anscheinend alt, wenn du dich jetzt schon so leicht an mich heranschleichen kannst.»
    «Möglich», antwortete sein Gegenüber grinsend und trat näher. «Fest steht allerdings, dass du nicht noch älter werden wirst.»
    «Wie bitte?» Verblüfft hob er die Brauen. «Soll das ein Scherz sein?»
    «Keineswegs.»
    Im Schein des Kienspans blitzte eine Dolchklinge auf. Ehe er sich’s versah, stand der dunkelhaarige Hüne dicht vor ihm.
    «Was soll das?», brachte er gerade noch hervor. «Bist du verrückt gew…» Keuchend brach er ab, als sich die lange Klinge mit einem schnellen Stoß tief in seinen Körper bohrte und dabei seine Eingeweide tödlich verletzte.
    Seine Augen wurden groß, unsäglicher Schmerz durchfuhr ihn. Verständnislos starrte er seinem Gegenüber ins gleichgültige Gesicht. Er versuchte, etwas zu sagen, röchelte jedoch nur noch und taumelte rückwärts. Sein Mörder zog den Dolch mit einem Ruck aus seinem Leib und stach gleich darauf noch einmal zu.
    Blut schoss durch seine Kehle in den Mund. Er rang verzweifelt nach Atem, wehrte sich gegen das Unvermeidliche. Doch das Leben floss bereits aus ihm heraus. Er ging in die Knie, dann schwanden ihm die Sinne, und er kippte vornüber. Das Letzte, was er vernahm, war ein abfälliges Schnauben und die Worte: «Das ging ja leichter als gedacht.»

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    1. KAPITEL
    W as ist das denn? Pfui, wie eklig!» Kopfschüttelnd stand Adelina vor dem Verkaufstresen in ihrer Apotheke und blickte auf die tote Maus, die in einer der Schalen ihrer Waage lag. «Colin?», rief sie streng. «Wo steckst du? Ist das dein Werk?» Sie stemmte die Hände in die Seiten und blickte zur Hintertür, durch die ihr sechsjähriger Sohn jetzt seinen schwarzen Lockenkopf streckte und sie grinsend ansah.
    «Was denn, Mama? Oh, die Maus hab ich ganz vergessen.»
    «Vergessen? Auf meiner Waage?»
    «Ich wollte wissen, wie viel sie wiegt.» Der Junge zuckte unschuldig die Achseln. «Weil Magda gestern gesagt hat, dass sie reich sein könnte, wenn sie die toten Mäuse, die Fine neuerdings anschleppt, in Gold aufwiegen würde.»
    «Aha.» Stirnrunzelnd betrachtete Adelina ihren Sohn. «Wolltest du sie denn tatsächlich in Gold auszahlen?»
    «Nein, ich war nur neugierig.» Colin zögerte. «Soll ich sie rauswerfen?»
    «Ich bitte darum. Und dann reinigst du die Waage. Gründlich!», setzte
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