Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0471 - Im Bann der Hexe

0471 - Im Bann der Hexe

Titel: 0471 - Im Bann der Hexe
Autoren: Werner Kurt Giesa
Vom Netzwerk:
vierrädrige, geschlossene Karren, die viel zu flach waren, als daß man ohne Hut in ihnen aufrecht sitzen und die Beine richtig langstrecken konnte - und die sich darüber hinaus auch noch ohne Pferde bewegten! Wie das funktionierte, hatte Don Cristofero mittlerweile ergründet; immerhin war er ja nicht gerade dumm. Aber in Pembroke Castle hatte er sich trotzdem immer nur unter größter Vorsicht und wie unter Feinden bewegt. Immerhin war England Feindesland, und daß Zamorra ihn hierher geschickt hatte, dafür grollte er seinem Nachfahren. Überhaupt war es unverständlich, wie sich die Franzosen auf einen Frieden mit den englischen Piraten hatten einlassen können. Dreihundert Jahre konnten einfach nicht genug sein, die alte Feindschaft zu vergessen. Und erst recht nicht die Vernichtung der spanischen Armada, was dem Spanier Don Cristofero besonders ans Herz ging.
    Und dann die Gespenster, die durch Pembroke Castle heulten…
    Nein, das war alles nichts für einen Mann wie ihn, der sich den Wissenschaften verschrieben hatte. Deshalb hatte er auch den Gnom gedrängt, intensiver an einer Rückkehr in die eigene Zeit zu arbeiten. »Gold ist jetzt nebensächlich. Sehe Er zu, daß wir alsbald wieder daheim sind. Dann mag Er auch einen ganzen Tag und eine ganze Nacht über die Honigtöpfe in Unserer Speisekammer herfallen!«
    Das war eine Belohnung, die den naschhaften Gnom möglicherweise mehr anspornte als alles andere. Wenn es um Süßigkeiten ging, war der Schwarzhäutige nicht zu halten. Für eine Tafel Schokolade der Neuzeit hätte er wahrscheinlich die Seele seiner Großmutter verkauft.
    Nun hatte er wieder einmal eines seiner Experimente durchgeführt. Er war sich seiner Sache absolut sicher gewesen. »Herr, diesmal gelingt es mir. Wenn die nächste Stunde vergangen ist, werden wir uns nicht mehr in diesem Spukschloß befinden«, hatte er versichert. Dann begann er mit seinem komplizierten Zauber. Um ihn durchzuführen, hatte er ein ganzes Pfund Zucker verlangt. Aber Don Cristofero kannte seinen Diener. Der brauchte den Zucker überhaupt nicht. Das war nur ein fauler Trick. Also hatte der Don dafür gesorgt, daß seinem Diener der Zucker verweigert wurde. »Er soll keinen Kuchen backen, sondern einen Zauber wirken, welcher uns in unsere Zeit zurück führt!«
    Und nun mußte auch dieser Zauber gründlich schiefgegangen sein.
    In einem Punkt hatte der Gnom nichts Falsches versprochen: sie befanden sich nicht mehr in dem englischen Spukschloß. Nur wo sie statt dessen jetzt waren, konnte auch er beim besten Willen nicht sagen. Da war nur dieses schwarze Feuer gewesen, das blitzartig aufflammte und den Grande und seinen Diener förmlich verschlang. Und nun befanden sie sich in diesem großen, fremden Saal.
    Zusammen mit einer blassen Frau, einem Fantasiegeschöpf und einer nackten Maid.
    Die bleiche Frau schien hier das Sagen zu haben - was Don Cristofero nicht unbedingt zusagte. Frauen gehörten an den Herd oder ins Bett, je nach gesellschaftlicher Stellung. Außer zur Befriedigung des Vergnügens konnte man sie allenfalls dazu gebrauchen, mit ihrer Schönheit Eindruck zu machen. Schön war sie durchaus; ihr sehr heller Teint gefiel dem Grande und wies darauf hin, daß sie es nicht nötig hatte, unter freiem Himmel zu arbeiten wie die Leibeigenen und die Frauen der Lehnsleute. Aber ihr weißes Haar sagte ihm weniger zu. War es von Natur aus so, strafte es ihr doch recht junges Gesicht Lügen; war es gefärbt, war's eine Anmaßung. Denn ihr Gewand paßte erst recht nicht dazu; es war fast durchsichtig, sehr tief ausgeschnitten wie bei einer Schankdirne, nein, tiefer noch. Wiederum unpassend war der riesige, gekrauste Fächerkragen. Und was dem Don noch weniger behagte, war ihr Anhänger, den sie an einer Halskette zwischen den fast freiliegenden Brüsten trug - er stellte einen goldenen Teufelskopf dar!
    Ein wesentlich erfreulicherer Anblick war da das Mädchen, das hinter Don Cristofero aus den schwarzen Flammen gekommen war. Die Haut war zwar nicht von adeliger Blässe, sondern gebräunt nach des gemeinen Volkes Art, und auch ihre völlige Nacktheit irritierte ihn. Unwillkürlich fühlte er sich an seine unfreiwillige Ankunft im Château Montagne dieser befremdlichen Zukunft erinnert, in welche er durch die Kunst des Versagens seines gnomenhaften Dieners verschlagen worden war. Da waren ihm gleich drei unbekleidete schöne Frauen über den Weg gelaufen, von denen zwei nicht einmal voneinander zu unterscheiden
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher