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0435 - Mörder bitten nie um Gnade

0435 - Mörder bitten nie um Gnade

Titel: 0435 - Mörder bitten nie um Gnade
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obgleich es mir wenig erschien. Ich schätzte es auf etwa zwei Inch- Es erzeugte in mir jedenfalls ein erbärmliches Gefühl.
    Dann hörte ich Sheffermans Stimme wieder. Diesmal zaghaft, matt und resignierend.
    »Habe ich mildernde Umstände zu erwarten, wenn ich mich stelle?«
    »Du wirst einer gerechten Strafe zugeführt. Mehr kann ich nicht versprechen.«
    Wieder schwieg er.
    Dann stieß er einen Fluch aus, und dann hörte ich ihn sagen:
    »Immer noch besser, als in diesem Loch zu verhungern. Ich komme rauf, Cotton. Wirf deine Kanone weg. Ich habe meine schon lange in die Tiefe gefeuert.«
    »Ich schieße nicht. Wenn ein G-man sagt, er schießt nicht, kannst du es ihm glauben.«
    Wieder antwortete er nichts. Nach Sekunden hörte ich sein resigniertes »Okay«. Ich hörte das Keuchen, als er sich an den Eisen heraufzog. Ich sah seine Gestalt aus der milchigen Dunkelheit tauchen. Und im gleichen Augenblick hörte ich den Schrei, den ich nie vergessen werde, der mich hier oben zum Schwitzen und Frieren zugleich brachte.
    Der Schornstein schwankte. Der Wind pfiff um die Ohren. Ich sah nicht ins Loch. Aber ich hörte das Kratzen an der Schornsteinwandung, das das herausgerissene Steigeisen verursachte, und ich hörte das Brausen, das sein Fall hervorrief. Ich hörte den Sturm dazwischen — und dann den Aufprall.
    Mir wurde übel.
    Nach einiger Zeit wirbelten Rußflocken oben zur Öffnung heraus. Mit zitternden Knien begann ich den Abstieg.
    Am anderen Tag saß ich bei Phil am Bett. Mr. High saß neben mir auf einem Stuhl. Phil hatte es diesmal wirklich erwischt. Zwar war die Schußverletzung am Oberschenkel nicht tragisch. Aber er hatte viel Blut verloren. Und nur eine Bluttransfusion, die in letzter Minute ausgeführt worden war, hatte ihm das Leben gerettet. Heute lachte er schon wieder. Auch mir ging es wesentlich besser. Irgendwie schien alles wieder leichter zu sein.
    »Jedenfalls war es leichtsinnig von dir«, sagte ich zu Phil, »dich noch zur Wehr zu setzen, nachdem du gesehen hattest, daß Shefferman mit der Kugelspritze dastand.«
    »Ach, du machst es wieder schlimmer, als es in Wirklichkeit war«, sagte Phil. »Ich sah dich daliegen und wußte, daß Shefferman Lil holen wollte. Er redete doch andauernd. Bis in alle Einzelheiten hatte er mir doch geschildert, was er mit uns vorhatte. Er war wie besessen von dem Gedanken, sich an Lil zu rächen. Und ich wartete auf eine Chance. — Okay, es ist danebengegangen.«
    »Nicht ganz«, sagte Mr. High. »Sonst hätte der Fall Shefferman ein noch traurigeres Ende gehabt, als er ohnehin schon hat.«
    »Was ist mit Grazy Charles?« fragte Phil.
    »Er wird durchkommen«, sagte Mr. High. »Aber natürlich wird er hart bestraft werden. Denn immerhin hat er Hawthorne erschossen.«
    »Und Shefferman?« fragte Phil.
    »Shefferman war sofort tot«, sagte ich. »Er hat ein loses Steigeisen erwischt, das er beim Herunterklettern weiter gelöst und beim Aufsteigen dann vollends herausgerissen hat.«
    Ich wurde unterbrochen. Die Tür zum Krankenzimmer ging auf. Wir drehten uns um. Lil stand in der Tür, lächelte unter ihren roten Haaren hervor und humpelte ins Zimmer. Den rechten Fuß hatte sie verbunden. Sie war blaß, aber sie sah bezaubernd aus.
    »Ihr seid Helden!« sagte sie lachend.
    ENDE
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