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0410 - Tödliche Perücken

0410 - Tödliche Perücken

Titel: 0410 - Tödliche Perücken
Autoren: Jason Dark
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nichts. Er blieb unter dem Pilz stehen und fand dort vor dem Schneeregen einen Augenblick Schutz. Der Mantelstoff hatte sich vollgesogen. Seine Haare waren klatschnass.
    Wo steckte die Frau?
    Bill versuchte es durch Rufen. Er wollte die Unbekannte von seinen lauteren Absichten überzeugen und hoffte, dass sie Vertrauen zu ihm fand.
    »Miss, ich weiß, dass Sie hier in der Nähe sind. Melden Sie sich, kommen Sie zu mir! Ich will Ihnen helfen! Sie brauchen wirklich keine Angst zu haben, das verspreche ich Ihnen.«
    Keine Reaktion. Die Frau, wenn sie überhaupt in der Nähe war, blieb stumm.
    Bill Conolly schüttelte den Kopf. Er sah diese Nichtreaktion der Frau als dumm an und versuchte noch einmal, sie durch seinen Ruf zu überzeugen.
    Auch jetzt meldete sie sich nicht.
    »Die ist verrückt!« murmelte er. Bill setzte sich in Bewegung. Er wollte um den Pilz herumschreiten und noch einmal in die andere Richtung rufen.
    An der Straße zuckten für die Länge eines Herzschlags Lichter auf, die durch den Park strichen, zuerst Büsche und Bäume erfassten und dann die Frau. Nun wusste Bill, weshalb sie sich nicht gemeldet hatte. Sie hatte sich am Gebälk des Pilzes an ihren eigenen Haaren erhängt!
    ***
    Selbst für Bill Conolly, der schon vieles hinter sich hatte und nicht so leicht erschüttert werden konnte, war es ein Schock. Er trat unwillkürlich zwei Schritte zurück und schüttelte den Kopf. An eine solche Wendung des Falles hatte er im Traum nicht gedacht, und ihm fielen wieder die sich bewegenden Haare der Person auf.
    Sie mussten sich einfach bewegt haben, sonst wäre es der Frau nicht gelungen, sich an ihnen aufzuhängen.
    An den eigenen Haaren erhängt!
    Bill atmete tief ein. Er spürte, wie er zu zittern anfing. Zum Glück hatte sich der Reporter gut unter Kontrolle. Er war Situationen wie diese zwar nicht gewohnt, aber das Grauen und der Tod hatten ihn auf seinem Weg oft genug als nicht gewünschte Partner begleitet.
    Er stieg auf die Sitzfläche. Jetzt baumelte die Frau mit ihren Knien ungefähr in Kinnhöhe. Bill holte sein Feuerzeug aus der Tasche und hatte Glück, dass der Wind die Flamme nicht ausblies. Bill schützte sie mit einer Hand.
    Der Lichtschein glitt an der Gestalt hoch und erfasste den Kopf der Frau, sodass Bill Einzelheiten erkannte.
    Er hatte sich beim ersten Hinsehen tatsächlich nicht getäuscht. Die Frau hatte sich an ihren eigenen Haaren erhängt.
    Oder war eine andere Kraft im Spiel gewesen?
    Bill reckte sich und stellte sich dabei auf die Zehenspitzen. Jetzt erreichte der Ausläufer der Flammen das nasse, bleiche Gesicht mit den aufgerissenen und verdrehten Augen.
    Die einzelnen Haarstränge waren ineinander verwoben und verfilzt.
    Doch wie war der Selbstmord möglich gewesen? Oder hatte etwa jemand nachgeholfen?
    Darüber dachte der Reporter nach. Doch Spuren einer Fremdeinwirkung konnte er nicht feststellen.
    Was tun?
    Bill löschte die Flamme, ließ das Feuerzeug in der Tasche verschwinden, sprang hoch und hielt sich an einem Balken fest. Was er vorhatte, war nicht rechtens. Er hätte die Polizei alarmieren müssen, damit sie die Tote herunternahmen. Aber Bill ging davon aus, dass in diesem Fall möglicherweise andere Kräfte eine Rolle spielten, deshalb wollte er es selbst versuchen.
    Es kam nicht mehr dazu.
    Plötzlich ging ein Ruck durch die Leiche. Sie fiel nach unten – und verlor dabei ihre Haare.
    Sie schlug mit einem Fuß noch gegen die Kante der Sitzbank, kippte weg und blieb auf der Seite liegen.
    Bill aber starrte nach oben.
    Dort hingen die Haare, und der Reporter wusste in diesem Moment Bescheid. Es waren keine echten Haare, denn an dem Balken hing eine Perücke.
    Die Tote hatte von Natur aus blondes Haar, das sie sehr kurz geschnitten trug.
    Der Reporter stand noch immer auf der Sitzbank. Er hörte das Klatschen des Schneeregens und schielte wieder in die Höhe, weil er sich doppelt überzeugen wollte.
    Die Perücke blieb, und die geflochtenen Haare bewegten sich sogar. Es war nicht der Wind, der dies verursachte, die einzelnen Strähnen schienen eigene Kräfte zu besitzen und voneinander unabhängig zu sein.
    Bill brauchte sich nicht zu strecken, um die Perücke vom Balken zu holen. Sie fiel von allein.
    Bill sprang von der Bank. Vorsichtig stieg er über die Tote hinweg und blieb neben der Perücke stehen. Er wollte sie aufheben, doch er zögerte. Dieses schlangenartige Gebilde war ihm nicht geheuer.
    Es hatte getötet, und es musste eine ungemein starke Kraft in
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