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0406 - Liebesbriefe in Sing-Sing

0406 - Liebesbriefe in Sing-Sing

Titel: 0406 - Liebesbriefe in Sing-Sing
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könnten!«
    »Na gut, vielleicht später…«
    »Bitte kommen Sie doch sofort!«
    Ich sagte zu und hängte ein. »Diese rundliche Sekretärin von Chuttenbrook«, erklärte ich Phil.
    »Also wieder hinaus in den Glutofen!«, japste mein Freund und leerte seine Colaflasche.
    Als wir im Jaguar saßen, erinnerte ich mich noch einmal an die Stimme von Bellinda Stetting. Unwillkürlich trat ich auf das Gaspedal. Als wir vor der Nummer 711 bremsten, quietschten die Reifen auf dem weichen Asphalt.
    Als wir an der Bürotür von Chuttenbrook klopften, öffnete uns Bellinda Stetting sofort. Sie war wieder allein in ihrem Vorzimmer. Ihr rundes Kindergesicht war heiß und gerötet, und ich dachte einen Moment daran, dass sie vielleicht zu hohen Blutdruck haben könnte.
    »Er sitzt in seinem Zimmer und grübelt.«
    Ich klopfte leise an die Tür zu dem Nebenzimmer.
    »Herein!«, rief eine zittrige Stimme.
    Ich öffnete die Tür, und hinter mir kam Phil mit in das Nebenzimmer.
    Chuttenbrook schlief keineswegs. Er arbeitete an seinem Schreibtisch, jedenfalls hatte er verschiedene Papiere vor sich liegen und sah uns entgegen.
    Sein Gesicht war rot, und seine Hände zitterten.
    »Vielleicht wäre es besser gewesen, wenn Sie ein paar Tage im Bett geblieben wären«, sagte ich nach der Begrüßung.
    Chuttenbrook winkte ab. »Nein, nein, es geht mir ganz gut, aber was machen Sie hier?«
    Hinter uns war Miss Stetting hereingekommen.
    »Ich denke, Sie wollten uns noch etwas zu dem Fall Beiford sagen!«
    Chuttenbrook sah mich an. Sein Gesicht rötete sich noch mehr.
    »Ich wollte was? Ich habe Ihnen schon gestern gesagt, dass ich…«
    Ich winkte ab und drehte mich zu Miss Stetting um. Als sie merkte, dass ich sie ansah, hob sie die Schultern, als wollte sie sagen: Er hat es sich eben anders überlegt.
    Ich nickte, und wir wollten eben gehen, als ein scharfer Knall die Luft zerriss.
    Ich wirbelte herum.
    Neben dem offenen Fenster saß Chuttenbrook. Er starrte mich an. Sein Gesicht war dunkelrot; aber es wurde plötzlich fleckig.
    Chuttenbrooks Hand fuhr hoch, er fasste sich an die Brust. Er saß da wie versteinert. Dann sank er langsam zusammen.
    Ich sprang vor. »Schnell, einen Arzt!«, brüllte ich.
    Die weiße Hemdbrust von Chuttenbrook färbte sich langsam rot.
    Ich sah hoch. Das Fenster war offen, und auch in dem gegenüberliegenden Haus waren fast alle Fenster geöffnet. Kein Wunder bei der Hitze. Ich legte Chuttenbrook auf die schmale Couch, auf die wir ihn auch gestern gelegt hatten, und lockerte seinen Hemdkragen.
    Ich spürte keinen Puls mehr.
    Ich rannte hinaus ins Vorzimmer. Phil telefonierte gerade mit unseren Kollegen. Miss Stetting war nicht da.
    Ich lief auf den Gang hinaus.
    Niemand war zu sehen. Hatte niemand den Schuss gehört? Ich wartete nicht auf den Lift, sondern sauste die Treppen hinunter. Ich rannte mit langen Schritten über die Grünanlage und über die Straße zu dem gegenüberliegenden Haus.
    Die Haustür war offen. Ich lief die Treppe hoch. In jedem Stockwerk sah ich mich um.
    Im vierten Stock traf ich zwei Menschen vor der Aufzugtür, die ungeduldig auf den Knopf drückten. Es war Miss Stetting mit einem jungen Mann.
    Ich lief auf die beiden zu und hörte gerade noch, wie der junge Mann sagte: »Dann laufen wir eben.«
    In dem Moment sahen sie mich.
    »Der Lift muss kaputt sein«, rief Miss Stetting mir entgegen, »ich habe Doktor Furth geholt, er ist Arzt.«
    Der junge Mann begrüßte mich mit einer leichten Verbeugung.
    »Haben Sie etwas gehört?«, fragte ich den jungen Mann. Er war groß, blond, hatte hellblaue Augen und ein rundliches Studentengesicht, trotzdem musste er schon über dreißig Jahre alt sein.
    »Ich habe einen Knall gehört«, sagte er ernst, »aber ich habe nicht darauf geachtet, ich hielt es, ehrlich gesagt, für eine Fehlzündung.«
    »Aber es kam doch von oben!« Ich deutete auf die Decke, wartete aber nicht auf eine Antwort, sondern lief weiter.
    ***
    Im fünften Stock waren vier Wohnungstüren. Eine stand offen. Ich blieb stehen.
    Vom Flur aus konnte ich sehen, dass die Wohnung leer war. Langsam ging ich auf die Tür zu. Hinter mir kamen der junge Arzt und Miss Stetting die Treppe herauf.
    Aus der leeren Wohnung kam kein Geräusch. Ich nahm meinen 38er aus dem Schulterhalfter und stieß mit dem Fuß die Tür auf.
    Ein leerer Raum lag vor mir. Vorsichtig tat ich ein paar Schritte. Nichts geschah.
    Ich ging in den nächsten Raum. Er war groß und ebenso leer. Der Verputz an den Wänden
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