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0776 - Die Krieger-Prinzessin

0776 - Die Krieger-Prinzessin

Titel: 0776 - Die Krieger-Prinzessin
Autoren: Roger Clement
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Damals
    Die Erde war noch jung.
    Brahma, das Erste Bewusstsein und der mächtigste Gott Indiens, hatte seinen Schlaf beendet. Erst durch sein Erwachen begann alles zu existieren. Er atmete aus. Die Welt entstand mit allen Pflanzen und Tieren, mit Menschen, Göttern, Halbgöttern und - Dämonen.
    Einen Tag lang blieb Brahma wach. Dieser Tag dauerte allerdings zwei Milliarden Menschenjahre lang. Wenn Brahma wieder einatmete und dann einschlief, würde dies das Ende des aktuellen Weltzeitalters bedeuten.
    Doch noch war es nicht so weit.
    Noch war die Erde erst vor kurzem bevölkert worden. Die Menschen hatten es bisher nicht geschafft, die Dämonensippen zurückzudrängen. Deshalb lebten die schwarzmagischen Bestien mitten unter den Menschen.
    Wehrlos waren die Stadtbewohner des Indus-Tals und die Bauern im Panjab und Gujarat der Willkür ihrer dämonischen Nachbarn ausgesetzt.
    Aus purem Spaß an der Grausamkeit überfielen die Dämonenhorden des Schwarzen Rajah einsame Dörfer und kleinere Städte. Die vielen menschlichen Fürsten und Könige Nordindiens waren zu schwach und untereinander zu zerstritten, um sich gegen die Höllenbrut wehren zu können.
    Es gab nur eine Ausnahme.
    Aber daran dachten die Dämonenkrieger des Schwarzen Rajahs an diesem Tag nicht. Sie hatten eine Handelskarawane überfallen, die auf dem Weg nach Turkmenistan war. Doch statt die Händler sofort bis auf den letzten Mann niederzumachen, wollten die Schwarzblütigen sich einen besonders grausamen Spaß gönnen. Ihnen kam eine teuflische Idee.
    Die Gefangenen sollten den Krokodilen zum Fraß vorgeworfen werden!
    Unweit vom Ganga-Dwara entdeckten sie den hölzernen Landungssteg. Hier befand sich das südliche Ende der Schlucht, durch die sich der Ganges in die Ebenen Hindustans ergießt. Die Panzerechsen dieses Landstrichs waren für ihren großen Hunger bekannt…
    Die Kauf leute, Kameltreiber und Wächter der Karawane schwitzten vor Angst. Sie waren nackt bis auf ihre Hüfttücher. Die Kriegerdämonen hatten ihnen die Kleider vom Leib gerissen, damit sie den Anblick der ins Fleisch schlagenden Krokodilzähne möglichst unmittelbar genießen konnten.
    »Nicht so faul!«, höhnte der Dämonenhauptmann. »Ein kühles Bad im Fluss wird euch in der Mittagshitze gut tun!«
    Breitbeinig stand er auf einem kleinen Erdhügel, die Vorderklauen in den Waffengürtel gehakt. Er wollte sich königlich amüsieren beim Anblick der verzweifelten Gefangenen, die ihre Hände rangen und um ihr Leben flehten.
    Seine Krieger stachen mit ihren Speerspitzen in die Rücken der Gepeinigten. Durch den Schmerz wurden die Gefangenen vorwärts getrieben. Den Krokodilrachen entgegen!
    Die Panzerechsen witterten das Frischfleisch. Aufgeregt schoben sie ihre Leiber im flachen Wasser unterhalb des Stegs übereinander. Ihre langen, mit verknöcherten Hornschilden versehenen Schwänze peitschten die träge Oberfläche des Ganges.
    Schon stand der Erste aus der Gruppe von Unglücklichen am vordersten Rand der Holzplanken. Die Krokodile drückten sich hoch, versuchten, nach seinen Fußgelenken zu schnappen. Der Dämonenkrieger hinter ihm wollte mit einem Tritt nachhelfen.
    Da jagte plötzlich ein Pfeil in die Brust des Schwarzblütigen!
    Es war auf den ersten Blick ein völlig normales Geschoss jener Zeit. Doch am Schaft war ein leichter Stoffstreifen befestigt. Auf diesem waren in Sanskrit [1] heilige Verse aus den Götterepen geschrieben. Dadurch wurde der Pfeil zu einer weißmagischen Waffe.
    Und deshalb verging der Dämon auf der Stelle!
    Er verwandelte sich in einen schwarzen Haufen toten Fleisches. Dämonenkrieger und Menschen schreckten auf; die einen alarmiert, die anderen hoffnungsvoll.
    Da ertönte ein schriller Kriegsschrei aus weiblicher Kehle!
    »Bei den Köpfen meiner Feinde!«, knurrte der Dämonenhauptmann. »Das ist Bhima, die Schwertprinzessin von Rhapur! Zu den Waffen, Knechte des Schwarzen Rajah!«
    Und nun erblickten sie alle die junge Frau, die auf dem Rücken eines Rappen aus südlicher Richtung heran galoppierte.
    Ihr blauschwarzes Haar wehte wie ein Banner im Wind. Ihr Oberkörper steckte in einem engen Lederpanzer, die Beine in langen Schaftstiefeln. Drohend schwang Bhima ihr leicht gekrümmtes Schwert.
    Jeder der Dämonenkrieger wusste, warum er sich vor dieser Waffe in Acht nehmen sollte. Sie war aus dem Erz des Berges Meru geschmiedet worden, der Heimstätte aller indischen Götter. Im schwarzen Blut eines Asuras [2] hatte man das frisch geschmiedete
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