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0406 - Liebesbriefe in Sing-Sing

0406 - Liebesbriefe in Sing-Sing

Titel: 0406 - Liebesbriefe in Sing-Sing
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ich erinnere mich wieder. Die Frau ermordete ihren Ehemann, nachdem er sie in betrunkenem Zustand geschlagen hatte. Um was geht es eigentlich?«
    »Wie ich schon sagte, die Frau hat vor zwei Wochen Selbstmord verübt.«
    »Ja… wie schrecklich…« Miss Stetting senkte den Kopf, sie starrte eine Zeit lang auf ihre Schuhspitzen, dann sah sie wieder auf.
    »Das war doch nicht der einzige Grund, oder?«, fragte sie. Ihre kleinen warmherzigen Augen sahen uns besorgt an.
    »Was für einen Grund sollte es sonst geben?«, fragte ich zurück.
    Sie ging langsam zu ihrem Schreibtisch zurück und ließ sich langsam auf den Drehstuhl fallen.
    »Es könnte viele Gründe geben. Als Chuttenbrook damals beim Plädoyer versagte, kamen viele Leute, die ihn fertigmachen wollten. Er konnte sich nicht wehren. Damals begann seine Krankheit, er war schon am letzten Verhandlungstag nicht mehr gesund, deshalb versagte er auch.«
    »Was für Leute kamen, um ihn fertigzumachen?«
    »Reporter, Gangster, jugendliche Strolche. Wir haben sie hinausgeworfen!«
    »Können Sie sich vielleicht an jemanden besonders erinnern?«
    »Nein, ich glaube nicht. Sein Partner, ich meine sein damaliger Partner, verließ ihn von heute auf morgen, und das war schlimm, denn er nahm das ganze Geld mit, das in der Kanzlei steckte. Es gehörte ihm.«
    »Und seitdem ging’s bergab, wie?«
    Sie nickte und begann etwas unkonzentriert Briefbogen zu ordnen.
    »War das der wirkliche Grund für die Auflösung der Partnerschaft?«, fragte ich weiter.
    »Ja.« Sie unterbrach ihre Tätigkeit. »Es gab einen schrecklichen Krach, und Luster, Morton Luster war der Name des Partners, schrie Chuttenbrook an, er habe die Ehre des Berufsstandes verraten.«
    »Was macht Luster jetzt?«
    »Er hat eine gut gehende Praxis in der Westside-Gegend. Aber Sie haben mir immer noch nicht gesagt, was der eigentliche Grund ist, der Sie hergeführt hat«, meinte sie dann. Bevor ich antworten konnte, rief im Nebenraum Chuttenbrook mit schwacher Stimme nach der Frau, und wir verabschiedeten uns.
    Im Flur blieben wir einen Moment stehen, dann gingen wir hinauf in den sechsten Stock, um uns anzusehen, wo Chuttenbrook wohnte, was uns seine Sekretärin verraten hatte.
    »Verdammt blöde Situation«, knurrte Phil, als wir die Treppe hinaufstiegen.
    Ich ließ meine Hand über das schäbige Treppengeländer gleiten und nickte.
    »Blöd ist gar kein Ausdruck. Wir strampeln uns ab, um herauszubekommen, wen dieser verrückte Anrufer umbringen will, und dann ist der Rechtsanwalt so herzkrank, dass wir kein Wort von der Geschichte sagen dürfen.«
    »Der Mann hat so erregt auf den Namen Sandy Beiford reagiert, dass wir uns überhaupt nicht ausmalen können, was passieren würde, wenn er erführe, dass es jemand auf sein Leben abgesehen hat«, meinte Phil.
    Wir waren oben angekommen. Man konnte noch erkennen, dass hier früher einmal eine hübsche Atelierwohnung gewesen sein musste. Jetzt war nur noch eine ehemals weiß ladkierte Tür übrig, der Rest war als Speicher mit allem möglichen Gerümpel vollgepackt.
    An der Tür stand der Name D. Chuttenbrook. Wir sahen uns um.
    »Dort hinten ist eine Feuerleiter«, sagte Phil und deutete auf ein schmales Klappfenster, das von dem großen Speicherraum nach draußen zu führen schien.
    Der ganze Speicherraum war offen und wurde von den Hausbewohnern als eine Art privater Müllhalde benutzt. Man konnte noch erkennen, dass vor Jahren alles ausgebaut und gut erhalten gewesen war. Jetzt sah es hier trostlos aus.
    Außer den Ratten hauste hier oben nur noch der alte Chuttenbrook.
    Ich ging zum Klappfenster und sah auf die Feuerleiter. Alles sah so verrostet und verschmutzt aus, als wäre es nie benutzt worden.
    Ich riskierte es trotzdem und kletterte hinaus.
    Über die Feuerleiter gelangte ich aufs Dach. Es war flach und mit Teerpappe abgedeckt. Die schwarze Fläche glühte mir entgegen wie ein Hochofen. Der Teer war feucht und weich und klebte an meinen Schuhsohlen. Ich ging weiter und beugte mich über den Rand des Daches.
    Unter mir gab es nur zwei Fenster. Das eine, das vom sechsten Stock zur Feuerleiter führte, und ein anderes, das aber zugemauert worden war. Ich ging auf die andere Seite und sah ein drittes Fenster, das zu Chuttenbrooks Zimmer gehören musste.
    ***
    An diese Vorgeschichte musste ich denken, als ich noch immer wie benommen über das Dach ging. Der Mann, der Chuttenbrook hatte ermorden wollen, lag unten.
    Zwei G-men waren im Haus gegenüber von
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