Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0406 - Liebesbriefe in Sing-Sing

0406 - Liebesbriefe in Sing-Sing

Titel: 0406 - Liebesbriefe in Sing-Sing
Autoren:
Vom Netzwerk:
einen Brief bekommen, der in das Gefängnis geschmuggelt worden war. Und eine halbe Stunde darauf hatte man sie tot in ihrer Zelle aufgefunden. Der Brief war zusammen mit einer Reihe von anderen Briefen in der Akte Beiford mit abgeheftet worden.
    Die anderen waren Liebesbriefe von einem Mann, der immer nur mit »Dein M.« Unterzeichnete. Und sie trugen Daten aus der ersten Zeit nach der Verhaftung. Es war darin die Rede von »ich warte auf dich« und »neuer Anfang«. Sie waren alle heimlich in das Gefängnis geschmuggelt worden, denn sie trugen keinen Zensurvermerk. Kurze Zeit von ihrem Selbstmord hatte Sandy wieder einen Brief bekommen.
    Er war in Druckbuchstaben geschrieben und lautete:
    »Ich will nichts mit einer Mörderin zu tun haben. Morgen heirate ich und komme nie wieder. M.«
    »Fällt dir etwas auf?«, hatte mich Phil gefragt. Und ich hatte ihm gesagt, was mir aufgef allen war. Der Bursche, der die ersten Briefe geschrieben hatte, schien das Mädchen wirklich zu lieben, und er hasste offensichtlich den Rechtsanwalt, der in seinem Plädoyer umgekippt war. Sein Name war Duke Chuttenbrook. Den letzten Brief hatte »M« aber nicht geschrieben.
    Die Sachverständigen hatten festgestellt, dass die Schriften der Liebesbriefe und des Abschiedsbriefes nicht identisch waren.
    Sandy Beiford hatte das nicht erkennen können, dazu waren die Unterschiede zu gering. Für sie war mit dem kalten Abschiedsbrief die Hoffnung getötet worden, wieder ein neues Leben beginnen zu können.
    Der Mann, der die ersten Briefe geschrieben hatte, wollte jetzt seine Freundin rächen, vermuteten wir.
    Aber wer hatte den letzten Brief geschrieben?
    Wir hatten die Akten immer wieder durchsucht, die Protokolle studiert, um einen Hinweis auf einen Freund zu finden oder um irgendwelche Verbindungen zu entdecken, die uns nützen könnten, aber wir fanden nichts. Das Einzige, was wir hatten, war der Name des Mannes, der voraussichtlich das Opfer war.
    Wir ließen uns aus der Kantine das Essen heraufschicken und berieten, was wir tun konnten.
    »Wir müssen versuchen, den Briefschreiber zu finden«, sagte Phil. »Und bis wir ihn haben, werden wir diesen Rechtsanwalt bewachen wie die englischen Kronjuwelen.«
    »Okay«, nickte ich, »gehen wir los und schauen wir uns den Mann an. Wir werden ihn warnen und sehen, wie er reagiert. Vielleicht können wir dem Anrufer eine Falle stellen.«
    ***
    Wir packten die Unterlagen, die wir nicht mehr brauchten, wieder weg und fuhren mit meinem Jaguar in die Penton Street. Nummer 711 war ein mittelgroßer Bau direkt an der Riverside. Rundherum war eine gepflegte Grünanlage, und die unteren Stockwerke waren sauber und gut instand gehalten. Aber im fünften Stock sah es schon weniger schön aus. Der Verputz war teilweise von den Wänden gebröckelt, die Schilder an den Türen waren zerrissen, und an manchen fehlten sie überhaupt. Vor der Tür mit dem Messingschild Duke Chuttenbrook, Rechtsberater, blieben wir stehen. Hinter der Tür konnte man das Geklapper einer Schreibmaschine hören.
    Ich klopfte und öffnete die Tür. Wir kamen in einen schmalen Raum, an dessen Kopfende eine Frau eifrig auf einer Maschine hämmerte.
    »Hallo«, sagte sie, als sie uns sah, und tippte weiter.
    Wir warteten eine Zeit lang und sahen uns um. Auf der anderen Seite des Vorraumes waren ein hoher Rollschrank und eine Tür.
    Die Frau, die sich von uns nicht stören ließ, war ungefähr vierzig Jahre alt, klein und rundlich mit einem lustigen Kindergesicht mit hellblonden Löckchen. Sie trug einen rosaroten Pullover, der ihre üppigen Formen nicht verbergen konnte, und einen engen grauen Rock.
    Jetzt sah sie hoch.
    »Na, worauf warten Sie?«, fragte sie, und ihr Gesicht verzog sich in ein paar Hundert Lachfältchen.
    »Auf was wir warten?«, fragte ich verblüfft.
    »Na klar, worauf warten Sie? Nehmen Sie das Zeug und verschwinden Sie wieder, klar?«
    »Leider nicht«, sagte jetzt Phil, »was sollen wir denn mitnehmen?«
    »Ach, sind Sie etwa nicht von der Telefongesellschaft?« Sie sah uns erstaunt an.
    »Nein«, sagte ich und grinste. »Sehen wir so aus?«
    »Ach wo.« Sie winkte ab. »Ich hatte nur die Leute vom Telefon erwartet. Wir haben die letzte Rechnung nicht bezahlt, und sie wollen die Anlage rausreißen. Ich habe ihnen gesagt, dass wir dann überhaupt keine Möglichkeit mehr haben, Geld zu verdienen, aber das ist denen ja egal.«
    »Tut mir leid«, sagte ich, »aber wir haben nichts gegen Ihr Telefon. Wir sind vom
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher