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0406 - Liebesbriefe in Sing-Sing

0406 - Liebesbriefe in Sing-Sing

Titel: 0406 - Liebesbriefe in Sing-Sing
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war grau, und nur einige Stellen zeigten an, dass dort Möbel gestanden hatten. Und das Fenster stand offen. Es war das Fenster, das genau gegenüber von Chuttenbrooks Büro lag.
    Ich beugte mich über das Fensterbrett. Man konnte deutlich Kratzspuren am Holz erkennen. Irgendjemand hatte ein Gewehr hier aufgestützt und hinübergeschossen. Ich konnte von hier aus deutlich erkennen, wie Phil sich über den reglosen Mr. Chuttenbrook beugte. Der Schreibtisch stand direkt am Fenster. Ein Mann, der dort saß, gab also eine gute Zielscheibe ab.
    Ich sah mich weiter in dem Raum um, konnte aber nichts erkennen. Die ganze Wohnung war leer.
    Aber ich entdeckte, dass das hintere Zimmer der Wohnung einen zweiten Ausgang hatte.
    Ich kam auf eine schmale Treppe und stieg ein paar Stufen hinauf. Ich betrat einen hellen Raum, der anscheinend einmal als Terrasse eines Restaurants gedacht gewesen war, jetzt aber als Trockenboden benutzt wurde. Die Fenster dieses Raumes zeigten auf den Hudson.
    Ich öffnete ein Fenster und beugte mich hinaus. Tief unter mir schlugen die Wellen an die grauen Betonmauern.
    Ich sah mir das Fenster etwas genauer an. Es war total verstaubt und sicher lange nicht mehr geöffnet worden. Lange nicht mehr, bis vorhin.
    , Denn eine Stelle war deutlich frei von Staub. Ich berührte nichts, um eventuelle Fingerabdrücke zu erhalten, und ging wieder in die Wohnung zurück. Miss Stetting und der junge Mann standen noch immer da und warteten.
    Miss Stetting war sehr bleich, und ihre blonden Locken hingen wirr in ihr Gesicht.
    »Haben Sie… haben Sie etwas gefunden?«, stotterte sie.
    Ich schüttelte den Kopf.
    »Gehen Sie bitte hinüber«, sagte ich, »ich werde später mit Ihnen sprechen. Im Moment habe ich hier zu tun. Wenn unsere Kollegen angekommen sind, schicken Sie mir bitte zwei herüber.«
    Miss Stetting starrte mich nur an. Der junge Mann nickte und nahm sie am Arm.
    Ich ging zurück in die Wohnung und wieder auf der anderen Seite hinaus.
    Als ich die Treppe hinunterlief, versuchte ich, die Stufen möglichst geräuschlos zu nehmen. Auf dieser Seite waren teure kleine Apartments, die alle auf den River hinausgingen. Die Treppe wurde normalerweise nicht benutzt. Wenn der Mörder diesen Weg gewählt hatte, war es für ihn nicht schwer gewesen, zu entkommen.
    Ich kam unten an. Eine schwere Stahltür führte auf einen kleinen Pier. Ich sah zu dem Fenster hoch, das vor Kurzem geöffnet worden war. Dann beugte ich mich direkt an der Stelle über die Uferbefestigung.
    Der Hudson war hier tief und schlammig, aber ich konnte doch etwas sehen.
    Unter der Betonfestigung lief eine schmale Metallschiene am Ufer entlang, vermutlich als Verstärkung gegen abgetriebene Trümmer oder losgekommene Boote. Und auf dieser Schiene lag etwas.
    Ich legte mich auf den Bauch und griff mit der Hand in die schmutzig braune Brühe, die Hudson hieß. Beim ersten Mal kam ich nicht tief genug hinunter, ich musste mein Jackett ausziehen und mich noch weiter Vorbeugen. Dann hatte ich das dunkle Ding in der Hand. Ich sah es verwundert an. Es war ein dunkelblauer Wollhandschuh. Ein Fingerhandschuh, ein ganz gewöhnlicher blauer rechter Fingerhandschuh mittlerer Größe.
    Und doch war er nicht gewöhnlich, denn die dick gestrickte Wolle war noch nicht völlig vom Wasser durchzogen. Unter Wasser konnte ich die kleinen silbrigen Luftbläschen erkennen, die zwischen den Maschen saßen und aufwirbelten, als ich den Handschuh hochnahm. Und als ich ihn in der Hand hielt, perlte das Wasser von der Oberfläche ab, als sei der Handschuh imprägniert. Ein Zeichen dafür, dass er noch nie gewaschen worden war. Was tat ein Wollhandschuh an einem glühend heißen Sommertag im Hudson?
    Ich suchte aufmerksam das ganze Ufergrundstück ab, das vor dem Haus lag, aber ich konnte nichts finden.
    In dem Moment kamen zwei Kollegen um das Haus herumgelaufen. Ich gab ihnen den Auftrag, Taucher anzufordern und den River abzusuchen. Außerdem sollten sie die Wohnung oben versiegeln und nur den Fingerabdruckspezialisten hineinlassen, den ich von Chuttenbrooks Büro herüberschicken würde.
    ***
    Langsam ging ich über die Straße und stieg die Treppen zu Chuttenbrooks Büro hinauf.
    Oben waren unsere Techniker schon an der Arbeit. Der Fingerabdruckmann war bereits fertig, und ich schickte ihn mit einem anderen Kollegen hinüber in die Wohnung, aus der geschossen worden war.
    »Was haben Sie festgestellt?«, fragte ich den Arzt. Er stand neben der Couch, auf der der Tote
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