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0361 - Am Tor zur Hölle

0361 - Am Tor zur Hölle

Titel: 0361 - Am Tor zur Hölle
Autoren: Werner Kurt Giesa
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verwenden konnte wenn man den Mast behelfsmäßig herrichtete. Eine Planke schien zum Betreten des unheimlichen Geisterschiffes förmlich einzuladen.
    Schon betrat Odysseus die Planke.
    In diesem Augenblick durchzitterte ein entsetzlicher Laut die Luft.
    Es war das Krähen eines Halmes.
    Der schwarzrote Hahn in der Halle der Hel, dessen Krähen die Götterdämmerung einleitet, gab Alarm.
    Im gleichen Augenblick hörte Professor Zamorra ein grausiges Bellen, das in lautes, wolfsähnliches Heulen überging. Aus dem Nichts entstand eine ungeheuere Bestie, die auf das Schiff losraste. Sie sah aus wie die Mischung eines Hundes mit einem Bären und einem Drachen und hatte die Höhe eines Pferdes. Um den Hals lag ein Band aus glutrotem Eisen, und die abgerissene Kette dahinter wehte wie eine Sturmfahne im Wind.
    »Schnell!« keuchte Professor Zamorra. »Es ist Garm, der Höllenhund der Göttin Hel. Wenn er uns erwischt, sind wir des Todes!«
    »Was sollen wir tun?« Odysseus sah ihn ratlos an. Er hatte äußerste Mühe, auf dem nachgiebigen Untergrund kontrollierte Schritte zu machen.
    So fest wie Holz war die Schiffskonstruktion aus den Nägeln der Toten nicht.
    »Kapp die Taue!« rief ihm Zamorra zu. »Ich ziehe die Planke ein und stoße das Schiff ab. Wir müssen vom Land weg, bevor das Biest hier ist!«
    Odysseus stellte keine weiteren Fragen. Mit gezücktem Schwert schlug er auf die dicken, aus Weiberhaar gedrehten Taue ein. Immer wieder blitzte die Klinge durch die Luft. Im letzen Augenblick durchschnitt das Schwert des Odysseus das erste Tau. Schwerfällig drehte sich Nagelfahr in Richtung auf die Strömung. Im gleichen Augenblick stieß Professor Zamorra die Planke mit aller Kraft dem anstürmenden Höllenhund entgegen. Garm wurde getroffen und heulte grausig auf. Mit seiner dämonischen Intelligenz erkannte er, daß seine beiden Opfer mit dem Schiff noch nicht entkommen konnten.
    Ein kurzer Sprung – dann stand Garm mit den Vorderpfoten auf der Reling, während seine Hinterpfoten noch an Land waren. Sein Gebiß glitzte wie eine Reihe Krummdolche. Die pelzige Zunge rollte sich hechelnd aus dem weit geöffneten Rachen. Stinkender Pesthauch aus dem Hundemaul nahm Professor Zamorra fast den Atem.
    Instinktiv hatte der Meister des Übersinnlichen eine Idee.
    Er ergriff das Tau, an dem das Schiff noch festhing. Mit aller Kraft zog er das Tau so, daß sich das Schiff wieder etwas auf das Land zubewegte und daß Professor Zamorra einen Teil des Taus zwischen beiden Händen hatte.
    Entschlossen ging er auf Garm zu. Beide Arme hatte er mit dem Tau vorgestreckt. Es mußte ihm gelingen, daß der Höllenhund in das Tau biß – und es dadurch vielleicht durchtrennte.
    Mit wildem Hungergeheul schnappte das unheimliche Wesen der Hel zu. Unter seinen rasiermesserscharfen Zähnen wurde das Tau durchtrennt wie ein Nebelstreif.
    Im gleichen Augenblick ergriff die Strömung des Acheron das gespenstische Leichenschiff. Nagelfahr kränzte nach Steuerbord und wurde von den Wellen in die Mitte des Stromes gerissen. Heulend stürzte Garm, der Höllenhund, in die aufspritzenden Fluten. Professor Zamorra sah, daß er sich ans Ufer zurück rettete und sich dort wie ein normaler Hund schüttelte.
    An eine Verfolgung dachte das gräßliche Monsterwesen nicht.
    »Wir müssen das Segel setzen, Zamorra?« riet Odysseus. »Die Strömung ist zu stark, als daß wir das Schiff manövrieren könnten. Doch mit Hilfe des Segels kann es gelingen. Hier ist das Gewässer noch ruhiger als in der Unterwelt meines eigenen Volkes… !«
    Professor Zamorra gab keine Antwort. Er überwand seinen Ekel und ergriff die Fetzen, die hier zum Segel zusammengenäht waren.
    Die Leinwand waren schmutzige Leichentücher, die man grob zusammengefügt hatte. Doch sie ließen sich problemlos an die Rahen befestigen und so weit am Mast hinaufziehen, als dieser bereits fertig war.
    »Die Götterdämmerung liegt noch in der Zukunft!« murmelte Professor Zamorra zu sich selbst. »Sie kann erst stattfinden, wenn Nagelfahr fertig ist. Aber jetzt haben wir das halbfertige Schiff entführt, und sie werden ein Neues bauen müssen. Habe ich jetzt in Geschicke eingegriffen, die nicht verändert werden dürfen? Habe ich eben durch eine Veränderung in der Vergangenheit die Zukunft beeinflußt?«
    Professor Zamorra konnte nicht weiterdenken. Denn in diesem Moment fiel ein schwarzer Schatten auf Deck. Aus riesiger Höhe herab senkte sich ein gigantischer Schatten.
    Ein Adler von
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