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0361 - Am Tor zur Hölle

0361 - Am Tor zur Hölle

Titel: 0361 - Am Tor zur Hölle
Autoren: Werner Kurt Giesa
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spendete mehr von seinem Blut, als seine Körperkräfte zuließen. Doch Professor Zamorra wagte nicht, ihn zu hindern, als der Geist von Odysseus’ Mutter auftauchte und mit dem Sohn reden wollte. Auch Agamemnon und Achilles, die großen Helden des Kampfes um Troja, schwebten herbei, um mit Odysseus zu reden. Und die Geister der Gefährten, die auf der Insel der Minotauren ein grausiges Ende gefunden hatten, erschienen. Das Feuer hatte ihre Leiber verzehrt und die Mächte der Unterwelt hatten diese Flammen als ordentliche Bestattung angesehen. Denn sonst hätte ihr Unsterbliches unsichtbar in jener unheimlichen Welt jenseits des menschlichen Verstandes bis zum Ende aller Tage wandeln müssen.
    Schließlich langten sie am Fluß Acheron an.
    ***
    Der Fluß des Jammers war eine ganze Bogenschußlänge breit und voller reißender Stromschnellen. Professor Zamorra und sein Freund Carsten Möbius hatten ihn damals nur lebend überquert, weil ihnen der Zentaur Chiron zu Hilfe gekommen war.
    »Unmöglich, ihn zu durchschwimmen!« stieß Odysseus hervor, als er die aufgewühlte Flut sah. »Die Wellen schlagen über uns zusammen!«
    »Wir dürfen ihn auch nicht überqueren, denn auf der anderen Seite liegt der Tartarus, wo die verstorbenen Verbrecher und Missetäter ihre schrecklichen Taten büßen müssen!« sagte Zamorra. »Circe sagte, daß uns der Acheron hier hinaus bringt. Das bedeutet, daß wir mit dem Strom schwimmen müssen!«
    »Also müssen wir ein Boot finden!« brummte Odysseus. »Nicht einfach, im Reich der Schatten ein Boot zubekommen!«
    »Wir werden den Fluß entlang gehen und eins suchen!« Professor Zamorra war optimistisch. Er zog Odysseus mit sich.
    Gemeinsam gingen sie am Ufer des Acheron entlang. Zeit und Entfernung verwob sich zu einer unbegreiflichen Einheit. Die düsteren Mysterien der traurigen Asphodelos-Wiese des antiken Griechenland wich.
    Aufragten grauschwarze, zackige Felsen, wie man sie in den Düsterwelten des Nordens findet. Professor Zamorra spürte, daß sie den Bereich der Unterwelt des heidnischen Griechenland verließen und dorthin gelangten wo der Überlieferung der alten Sagas nach die Germanen und Wikinger nach ihrem Tode hinkamen, wenn sie nicht auf dem Schlachtfeld im Kampf mit dem Schwert in der Hand fielen. Nur wer im Kampf stirbt, der zeigt sich würdig. Odin und den Göttern im letzten Kampf gegen die Feuerriesen beizustehen. Deshalb läßt er die im tapferen Kampf Gefallenen von denWalküren in seine HimmelsburgWalhall holen, wo sie an seiner Seite gute Tage erleben, bis sie im Kampf in der Zeit der Götterdämmerung mit den Göttern in der letzten Schlacht vernichtet werden.
    Wer jedoch nicht zu Odin und den Göttern gelangt, der findet im Reich der grauen Totengöttin Hel die ewige Ruhe. Doch es heißt in den alten Sagas, daß die Geister der in Unfrieden und mit bösem Herzen gestorbenen Toten am Tage der Götterdämmerung mit der Göttin Hel ein grausiges Schiff besteigen, das sie hinaus in die Oberwelt bringt. Dort helfen sie den Feuerriesen beim Sturm auf die Götterburg.
    Professor Zamorra floß ein Frösteln über den Rücken, als er in die toten Augen unter den grobgefügten Helmen oder den wildzerzausten, langen Haaren barbarischer Germanen und Wikinger blickte.
    Und dann erblickte er das unheimliche Schiff, das an zwei starken Tauen am Ufer festgemacht, heftig in den Fluten des Acheron schlingerte.
    Man konnte sehen, daß es noch nicht fertig war. Der Mast hatte noch nicht die rechte Höhe und die Reling war erst teilweise vorhanden. Nur der gräßliche Totenschädel eines grausigen Drachen grinste schon vom Bug herab.
    »Nagelfahr!« stieß Professor Zamorra hervor. »Das Schiff, auf dem die Geschöpfe der Hel ihre letzte Fahrt antreten. Geschaffen aus den Nägeln aller Toten harrt es hier der Vollendung!«
    »Wir werden es nehmen!« unterbrach ihn Odysseus. »Es erscheint mir seetüchtig. Gehen wir an Bord und nehmen wir es in Besitz! Wer sich uns widersetzt… !« Er wies auf sein Schwert. Professor Zamorra nickte.
    Gemeinsam gingen die beiden Männer zum unheimlichen Schiff. Unruhig umschwebten sie die Geister der Verstorbenen. Ihre weit aufgerissenen Münder schienen ihnen grausige Warnungen zuzubrüllen. Doch kein Wort war zu vernehmen.
    Kein Wesen zeigte sich an Bord. Mit fachkundigem Blick erkannte Odysseus, daß man das Schiff mit den beiden Heckrudern gut steuern konnte. Und am Fuße des Mastes erkannte Zamorra eine Art Leinwand, die man sicher als Segel
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