Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0361 - Am Tor zur Hölle

0361 - Am Tor zur Hölle

Titel: 0361 - Am Tor zur Hölle
Autoren: Werner Kurt Giesa
Vom Netzwerk:
unterdrücken, wenn ihn die Gestalt eines Geistes besonders reizte. Um so erstaunter war er, daß er von einigen dieser Wesen erkannt wurde. Sie waren lange tot und hatten in verschiedenen Epochen gelebt. Aber wenn Zamorra seinen Namen nannte, dann war er meistens bekannt – auch, wenn er mit verschiedenen Betonungen ausgesprochen wurde.
    Innerlich begann Professor Zamorra zu zittern, als er erfuhr, bei welchen gefahrvollen Ereignissen der Weltgeschichte er mitten im Wirbel der Ereignisse dabei gewesen war – obwohl er es noch nicht erlebt hatte.
    Auch seine Anwesenheit am Kampf um Troja hatte er lange gewußt, bevor Zeus ihn in die Vergangenheit sandte, um den Machtkristall der unglücklichen Stadt des Königs Priamos zu erbeuten. Nun vernahm er, daß er an der Schlacht auf den Katalaunischen Feldern teilgenommen hatte, als Attilas Hunnenhorde geschlagen wurde; daß er an der Seite der Inkas vergeblich die beutelüsternen Spanier Pizarros bekämpfte und daß er bei der Schlacht im Teutoburger Wald vergeblich die Römer zu warnen versuchte, als sie in den Hinterhalt der Germanen liefen. Das war nur ein geringer Teil von Abenteuern, die er in der Vergangenheit seiner Welt gemeistert hatte. Auch an die Voraussage, daß er einst an der Seite des berühmten Doktor Faust gegen die Hölle gekämpft hatte, erinnerte sich Professor Zamorra in diesem Augenblick wieder. Wann würde er alle diese Abenteuer erleben? Das wußten nur die Geschicke der höheren Mächte…
    ***
    Wieder befanden sich Professor Zamorra und Odysseus an einem Scheideweg.
    Zwei Gänge führten in verschiedenen Richtungen durch die Felsen.
    »Wir müssen uns trennen, Odysseus!« raunte der Meister des Übersinnlichen dem Fürsten von Ithaka zu. Denn diesen Ort hatte Zamorra im Gedächtnis behalten. In einem dieser Gänge war er bei seinem ersten Eindringen in diese unheimliche Welt auf Odysseus getroffen. Also mußte er dafür sorgen, daß Odysseus jetzt alleine war – und daß sich Zamorra nicht selbst begegnen konnte.
    »Wir müssen getrennt nach dem Weg suchen!« sagte Zamorra, als er das fragende Gesicht des Griechen sah. »Denn ich weiß viele Dinge – die erst in der Zukunft geschehen. Doch ich kann sie dir nicht erklären. Du mußt mir vertrauen!«
    »Ich vertraue dir!« nickte Odysseus. »Deshalb sandte ich den Ruf, den du mich lehrtest, durch die Zeit!«
    »Du wirst es noch einmal tun, wenn du auf Ithaka bist und meine Hilfe brauchst, um die Dämonen, die jetzt deine Frau Penelope umwerben und deinen Sohn Telemachos töten wollen, zu vernichten!«
    »Werde ich in diesem Kampf siegen?« Odysseus sah Zamorra groß an.
    »Du wirst siegen!« nickte der Parapsychologe. »Und danach wirst du lange Jahre leben, bis du im hohen Alter einen sanften Greisentod stirbst. So sagen es die alten Schriften meiner Tage – Schriften, die jetzt noch nicht geschrieben sind. Die großen Epen vom Kampf um Troja und den Irrfahrten des Odysseus!«
    »Dann wollen wir hoffen, daß die Schriften, die du kennst, so in Erfüllung gehen!« Odysseus lächelte und wandte sich zum Gehen. »Ich nehme diesen Gang. Wir treffen uns wieder hier – wenn ich den richtigen Weg gefunden habe!« Damit beschritt Odysseus das Dunkel des Gangs.
    Nachdenklich sah ihm Zamorra nach. Er brauchte nicht in den anderen Gang hineinzugehen. Er wußte genau, daß er sich auf einer anderen Zeitebene dem Odysseus in dessen Gang näherte…
    ***
    Kaum eine halbe Stunde später war Odysseus wieder da.
    »Es war, wie du sagtest, Zamorra!« erklärte der Fürst von Ithaka. »Ich habe dich getroffen und du hast mir den Weg zum Acheron genau beschrieben. Aber du trugst ganz seltsame Kleidung!«
    »Das ist die Kleidung meiner eigenen Zeit!« lächelte der Meister des übersinnlichen.
    »Ich halte sie für lächerlich«, knurrte Odysseus. »Die langen Beinkleider engen doch den Schritt ein und sind hinderlich, wenn man sich schnell und impulsiv einer Frau nahen will. Und auch das Obergewand ist unpraktisch!«
    »Geh voran und reg dich nicht auf«, schmunzelte Zamorra. »Es werden noch mehr als dreitausend Jahre vergehen, bis man diese Kleidung trägt. Du wirst es nicht mehr erleben!«
    Odysseus brummte sich etwas in seinen Bart und winkte Zamorra, daß er ihm folgen sollte. Traumwandlerisch führte ihn der Fürst von Ithaka durch ein Labyrinth von Gängen und Hallen. Wieder umschwebten sie die Schatten der Abgeschiedenen. Doch diesmal drängten sich die Toten ihrer eigenen Zeit und Welt heran. Odysseus
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher