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0361 - Am Tor zur Hölle

0361 - Am Tor zur Hölle

Titel: 0361 - Am Tor zur Hölle
Autoren: Werner Kurt Giesa
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Professor Zamorra schwangen sich mit Gefäßen, Tragekörben und leeren Schläuchen aus Ziegenleder über die Reling ins knietiefe Wasser.
    Zamorra reichte Odysseus zwei Lanzen. Er selbst trug wie der Fürst von Ithaka ein Bronzeschwert und dazu einen Dreizack, mit dem man Fische aus dem Wasser spießen konnte.
    So schnell sie konnten, schritten sie über den feinen Ufersand dem dichten Gestrüpp zu, hinter dem halb verkrüppelt wirkende Bäume aufragten.
    Direkt vor ihnen war eine Schneise zu erkennen, die offensichtlich direkt in den Wald hinein führte. Odysseus sah Zamorra fragend an.
    »Der Berg und die Insel sind sicher ein Vulkan, der lange nicht mehr ausgebrochen ist!« sagte Zamorra nach einigem Nachdenken. »Sieh mal, hier sind überall Felsen. Das ist bestimmt eine Lavaspur, die bis zum Gipfel führt!«
    »Sonderbar ist nur, daß die Blöcke so künstlich nebeneinander liegen!« sinnierte Odysseus. »Doch Zeus läßt die Natur Wunder tun. Vielleicht tut es die Natur auch, ohne daß Zeus etwas damit zu tun hat!« setzte der Fürst von Ithaka leise hinzu. Zamorra nickte. Er hoffte, daß diese logische Erklärung richtig war. Denn eigentlich kannte er die Ereignisse auf der Insel ganz anders…
    ***
    Odysseus stellte fest, daß Schafe und Ziegen nicht scheu waren und ihnen neugierig aus dem Wald entgegenkamen. Einige knappe Befehle an die Gefährten. Dann wurden die Tiere mit Stricken zusammengebunden und zum Ufer getrieben. Sie wurden so schnell es ging geschlachtet und das Fleisch auf das Schiff gebracht. Auch die Wasservorräte waren ergänzt worden. Zamorra drängte zum sofortigen Aufbruch. Aber Odysseus hatte etwas gesehen, was ihn nicht ruhen ließ. Im Wald wuchsen zwischen den Bäumen und Büschen wilde Weintrauben von unglaublicher Größe.
    »Wir brauchen diese Beeren!« erklärte er. »Die eintönige Kost bei einer langen Seereise aus Dörrfleisch und Brot nimmt uns die Kraft und läßt uns krank werden. Wir müssen noch einige Körbe mit diesen Trauben an Bord nehmen!«
    Zamorra erkannte, daß sich die Vergangenheit nicht ändern ließ. Ihnen stand eins der schlimmsten Abenteuer bevor, von denen die »Odyssee« berichtet.
    Polyphem, der grausige, einäugige Zyklop, war hier irgendwo auf der Insel…
    ***
    »Eine Höhle! Da vorn ist eine Höhle!« vernahm Professor Zamorra den Ruf eines der Griechen. »Aus dieser Höhle quillt eine Rauchfahne. Diese Insel ist von Menschen bewohnt!«
    »Menschen würde ich nicht gerade sagen!« dachte Professor Zamorra bei sich. Aber er hütete sich, etwas zu sagen. Den Gang der Geschichte durfte er weder mit Worten noch mit Taten so beeinflussen, daß er völlige Veränderungen brachte. Da er mit Odysseus bereits in Ithaka das Ende der Irrfahrt erlebt hatte, war anzunehmen, daß Odysseus und er selbst das gefährliche Abenteuer heil überstehen würde. Es hatte stattgefunden und konnte nicht verhindert werden. Außerdem wußte Professor Zamorra, daß über allen Gefährten des Odysseus schon der Schatten des Todes schwebte. Niemand von ihnen würde die Heimat Ithaka wiedersehen.
    »Gehen wir hin und sehen wir, was die Gastfreundschaft in diesem Teil der Welt wert ist!« rief Odysseus.
    »Wenn sie uns genauso ungastlich empfangen wie das Volk der Kikonen, dann nehmen wir uns, was wir brauchen!« lachte einer der Männer.
    »Als wir bei den Kikonen friedlich vor Anker gingen, empfingen sie uns mit einem Hagel Speeren und Pfeilen!« erzählte Odysseus dem Zamorra als sie den Hügel hinauf stiegen und nun die dünne Rauchfahne aus der Höhle immer besser sahen. »Eigentlich wollten wir nur Wasser und Proviant kaufen. Als wir uns wehrten, flohen die Kikonen in die Berge. Wir plünderten ihre Stadt. Doch dann mußten wir fliehen, weil die Kikonen in der Nacht zurückkamen und uns überfielen, als wir siegestrunken am Boden lagen!«
    »Weintrunken ist sicher besser ausgedrückt!« sagte Zamorra wissend.
    »Wir hätten im Land der Lotosesser bleiben sollen!« maulte einer der Männer, die neben Odysseus und Zamorra gingen. »Als wir ihre Früchte aßen, vergaßen wir alle Sorgen und dachten nur noch an Dinge, die schön sind. Selbst Zeus im Olymp kann nicht herrlicher leben, als wir es im Lotostraum taten. Fluch dir, Odysseus, daß du uns aufs Schiff zurück schlepptest und mit Ketten festschmiedetest. Auch wenn die Lotosesser nicht sehr alt werden und von ihren Träumen gräßlich verzerrte Gesichter haben – ihre Gedanken sind sorgenfrei!«
    »Wir wollen nach Ithaka! Zu
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