Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Blood Magic - Weiß wie Mondlicht, rot wie Blut - Gratton, T: Blood Magic - Weiß wie Mondlicht, rot wie Blut - Blood Magic # 1

Blood Magic - Weiß wie Mondlicht, rot wie Blut - Gratton, T: Blood Magic - Weiß wie Mondlicht, rot wie Blut - Blood Magic # 1

Titel: Blood Magic - Weiß wie Mondlicht, rot wie Blut - Gratton, T: Blood Magic - Weiß wie Mondlicht, rot wie Blut - Blood Magic # 1
Autoren: Tessa Gratton
Vom Netzwerk:
2
    Silla
    Wer niemals länger allein auf einem Friedhof war, kann eigentlich nicht wissen, wer er ist.
    Der Grabstein kühlte meinen Rücken und drückte mein dünnes T-Shirt in den herabrinnenden Schweiß. Die Dämmerung wusch die Schatten vom Friedhof und rückte ihn in einen Zwischenzustand: Es war weder Tag noch Nacht, nur ein grauer, tränenreicher Augenblick. Ich saß im Schneidersitz auf dem dürren Gras, das über dem Grab meiner Eltern wuchs, und hatte das Buch auf dem Schoß.
    Ich wischte den Schmutz vom Umschlag. Das Buch war so groß wie ein Taschenbuch und sah in meinen Händen klein und unbedeutend aus. Der mahagonifarbene Lederumschlag war mit den Jahren weich geworden; an den Ecken war die Farbe abgewetzt. Der Beschnitt der Seiten war früher vergoldet gewesen, aber auch davon war nichts mehr übrig. Das Buch knisterte, als ich es aufschlug und die Widmung las. Ich las sie flüsternd vor, damit sie wirklicher erschien.

    Das war eins von Dads Lieblingszitaten. Aus Hamlet . Dad rezitierte es jedes Mal wenn Reese oder ich beleidigt aus dem Zimmer rannten. Er behauptete, im Gegensatz zu dem dänischen Prinzen hätten wir keinen Grund zur Klage. Ich weiß noch genau, wie er mich bei einem dieser Anlässe über das Glas hinweg mit zusammengekniffenen blauen Augen ansah.
    Das Buch war am Nachmittag mit der Post gekommen, in braunes Papier gewickelt und ohne Absender. Auf dem Umschlag des Päckchens stand wie auf einer Vorladung in Blockbuchstaben DRUSILLA KENNICOT. In der oberen rechten Ecke klebten sechs Briefmarken. Es roch wie Blut.
    Dieses eigenartige Aroma nackter Kupfermünzen blieb mir im Hals stecken, verklebt mit Erinnerungen. Als ich die Augen schloss, sah ich Blutspritzer auf Bücherregalen.
    Als ich die Augen wieder aufschlug, war ich noch immer allein auf dem Friedhof.
    In der Umschlagklappe steckte ein dreifach gefalteter Brief, der auf festem Blankopapier geschrieben war.
    Silla , lautete das erste Wort. Jedes Mal wenn ich meinen
    Namen in der alten Schreibschrift sah, lief mir ein Schauer über den Rücken. Das untere Ende des S schlängelte sich ewig weiter.

    Wenn ich dir auch nur den kleinsten Trost reichen kann, so hoffe ich, dass er hierin besteht. In diesem Buch sind die Geheimnisse verzeichnet, die er zur Vollkommenheit gebracht hat. Jahrzehnte der Forschung, die Erkenntnisse eines ganzen Lebens. Dein Vater war ein aufserordentlich begabter Magier und Heiler, der sehr stolz auf dich war, stolz auf deine Kraft. Ich weifs, dass es ihm gefallen hätte, dieses Verzeichnis seiner Werke jetrt in deinen Händen ru wissen.
    Ich setre die gröfsten Hoffnungen in dich und deinen Bruder.
     
    Die Unterschrift lautete schlicht: Der Diakon . Kein Nachname, keine Information darüber, wo oder wie man ihn erreichen könnte.
    In einiger Entfernung flogen kreischend Krähen zwischen den Grabsteinen auf. Unter rauem Krächzen und wildem Flügelschlag stoben sie in einer schwarzen Wolke durch die Luft. Ich sah ihnen zu, wie sie über den grauen Himmel auf mein Haus zuflogen – wahrscheinlich um die Blauhäher zu ärgern, die in dem Ahorn im Vorgarten nisteten.
    Als der Wind mir die kurzen Haare ins Gesicht wehte, strich ich sie zurück. Wer mochte dieser Diakon sein? Er behauptete, ein Freund meines Vaters zu sein, aber ich hatte noch nie von ihm gehört. Und warum schrieb er so unglaubliche, lächerliche Dinge über ihn: dass mein Dad ein Magier und Heiler gewesen
sein sollte, obwohl er als Lateinlehrer an der Highschool gearbeitet hatte? Dennoch war ich sicher, dass ich ein Buch in Händen hielt, das mein Vater geschrieben hatte. Ich erkannte seine feine, zierliche Handschrift, die winzigen Schwünge im großen L und die perfekten Winkel in jedem einzelnen R. Das Tippen auf einer Tastatur hatte er nicht ausstehen können, und deshalb hatte er Reese und mich bei jeder Gelegenheit getriezt, uns eine lesbare Handschrift zuzulegen. Reese war ihm insoweit entgegengekommen, als er in Blockbuchstaben schrieb, aber ich war so verliebt in meine wilde Schnörkelklaue, dass es mir egal war, ob man sie entziffern konnte oder nicht.
    Woher dieses Buch auch stammte, es gehörte meinem Vater. Beim Durchblättern entdeckte ich, dass jede Seite von oben bis unten mit engen Zeilen in perfekter Handschrift beschrieben war. Dazu kamen sorgsam gezeichnete Diagramme, die sich wie Spinnweben über das Papier ausbreiteten. Darin waren Kreise in Kreisen, griechische Buchstaben, seltsame Piktogramme und Runen zu sehen. Es gab
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher