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0361 - Am Tor zur Hölle

0361 - Am Tor zur Hölle

Titel: 0361 - Am Tor zur Hölle
Autoren: Werner Kurt Giesa
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Strudel gleiten wollte. Eine Ruderreihe hielt die Riemen empor, während die anderen Männer mit aller Kraft ruderten, um so die Macht des Steuers noch zu unterstützen.
    »Gerade müßt ihr steuern!« brüllte Zamorra. »Direkt hinein in den Strudel! Das ist unsere einzige Chance!« Er ließ das Ruder fahren und sprang auf. Obwohl das Schiff unter den wilden Ruderschlägen stark schlingerte und sich im rasenden Wirbel drehte, gelang es ihm, sich über die vom Wasser schlüpfrigen Planken zum Steuer vorzuarbeiten.
    »Das ist das Tor zu einer anderen Welt!« schrie Zamorra Odysseus zu.
    »Ich kenne solche Eingänge in die Sphären, die von Göttern und Dämonen geschaffen werden!«
    »Es sind die Dämonengötzen, die mich in ihr dunkles Reich ziehen wollen!« keuchte Odysseus. »Sie wollen den Vertrag brechen. Es dürstet sie nach meiner Seele, die ich ihnen gelobt habe, wenn ich den Kampf um Troja lebendig überstehe. Allerdings sollen sie die nur haben, wenn es ihnen gelingt, meine Frau zur Untreue zu verführen!«
    »Ja, es sieht nach einem Werk der Götter aus, die dich als Werkzeug benutzen wollten und die du hereingelegt hast, Listenreicher!« gab Professor Zamorra zurück und griff in die Ruderpinne. »Und deshalb müssen wir uns der Herausforderung stellen, die sie uns geben. Wir müssen den Eingang in diese Welt akzeptieren und hinabfahren. Wenn wir mit dem Schiffsschnabel eintauchen, dann bleibt der Strudel geschlossen und das Wasser wird uns nicht schaden. Wenn wir aber gegensteuern und rudern, dann versinkt das Schiff in der Länge und reißt die Wasserwände des Strudels auf. Dann wird das Wasser hervorbrechen und mit uns zusammen auf den Grund hinabschießen. Es wird die Welt dort unten im Bodenlosen zerstören – aber uns auch!«
    »Du Narr!« kreischte Habanos, der Steuermann. »Was verstehst du von den Welten, die von den Göttern geschaffen sind. Uns zieht der Strudel direkt hinab in die Unterwelt, wo Hades in grausiger Majestät thront!«
    »Dann fahren wir eben in den Hades!« rief Zamorra. »Herakles und Theseus, die großen Helden von Griechenland, waren bereits unten. Und auch ich habe den Hades schon betreten!«
    »Ich habe Angst, Zamorra!« gab Odysseus zu. »Aber ich vertraue dir, wie ich dir schon vor Troja vertraut habe! Beidrehen, Habanos!« Der letzte Satz klang scharf wie ein Peitschenschlag.
    »Nein, Herr!« heulte der Steuermann. »Niemand wird es wagen, in die Unterwelt hinab zu steigen. Wir wollen leben… weiterleben… !«
    »Weiterleben! Weiterleben!« riefen die Männer auf den Ruderbänken, die nur Bruchstücke des Gespräches mitbekommen hatten. Zamorra erkannte in ihren Augen das namenlose Grauen und wußte, daß sie in ihrer Verzweiflung mit den Rudern weiter kämpfen würden. Dann bestand die Gefahr, daß die Wasserwand des Strudels zerstört wurde. Denn der Strudel der Charybdis war der Tunnel des Weltentores. Und zwischen den Dimensionen gab es kein oben oder unten und kein vor und zurück.
    Sie mußten sich dem Sog der fremden Sphäre anvertrauen – oder sie zerstören.
    In der Zerstörung des Charybdis-Strudels war das unausweichliche Ende.
    Nur noch wenige Atemzüge waren Zeit, die Schiffsbesatzung des Odysseus zur Ruhe zu bringen. Professor Zamorra setzte alles auf eine Karte.
    Das Amulett mußte helfen. Zamorra wollte versuchen, die Griechen damit willenlos zu machen. So würden sie schlafend den Schrecken nicht wahrnehmen. Eine einfache Hypnose. Mit einem raschen Handgriff hatte er sich das Amulett an der Kette über den Kopf gezogen und hielt es hoch empor.
    »Männer von Ithaka!« schrie er so laut er konnte. »Seht hierher! Mit diesem Zauber werde ich euch retten.« Dabei begann er, Merlins Stern langsam in seltsamen Spiralkreisen zu schwingen.
    »Ihr seid müde und schlaft!« drang es in das Bewußtsein der Männer. »Eure Lider werden schwer. Ihr zieht die Ruder ein und schlaft… schlaft… schlaft… !«
    Die hypnotischen Kräfte, die bei Zamorra außerordentlich stark waren, taten ihre Wirkung. Das Bewußtsein der Griechen setzte ihm keinen Widerstand entgegen. Mechanisch zogen sie die Ruder ein und sanken auf ihren Bänken zusammen. Auch Habanos und Odysseus erlagen dem hypnotischen Zwang. Mit fliegenden Fingern band Zamorra die beiden Männer fest. Dann war er mit einem wahren Panthersprung am Steuerruder.
    Keine Sekunde zu früh. Schon wollte das Schiff in voller Länge den Strudel der Charybdis hinab stürzen. Mit aller Kraft drückte Professor Zamorra
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