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0341 - Keiner kennt die Todesstunde

0341 - Keiner kennt die Todesstunde

Titel: 0341 - Keiner kennt die Todesstunde
Autoren: Keiner kennt die Todesstunde
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für einen Sonntag immer noch reichlich früh.«
    »Nun drück den Klingelknopf, wenn du schon davorstehst«, verlangte ich.
    Der Summer ertönte leise hinter der Tür, Phil mußte viermal den Knopf drücken, bis endlich ein leises Geräusch aus der Wohnung zu vernehmen war. Bald darauf ging die Tür einen-Spaltbreit auf, der von einer eingelegten Sicherheitskette bestimmt wurde.
    Im Türspalt erschien das Gesicht eines jungen Mannes von etwa fünfundzwanzig Jahren. Kinn und Hals waren vom Anflug eines rötlich schimmernden Bartes bedeckt. Der Junge war mittelgroß, trug einen cremefarbenen Schlafanzug mit dunkelbraunen Zierlitzen und sah uns einen Augenblick aus erschrockenen Augen an, dann wollte er uns die Tür vor der Nase zuschlagen.
    »Nicht so hastig, Mister«, sagte ich. »Wir suchen ein Mädchen namens Dorrit Marvin. Sind wir hier richtig?«
    Er war ein wenig von der Tür zurückgewichen, so daß wir durch den schmalen Spalt nicht mehr viel von ihm sehen konnten.
    »Verschwinden Sie!« ertönte seine ängstliche Stimme. »Oder ich rufe die Polizei!«
    »Kinderschreck!« raunte mir Phil zu und sah mich mißbilligend an. »Wir sind FBI-Beamte, Sirs« fügte er in freundlich erklärendem Tonfall hinzu. »Wenn Sie sich bitte überzeugen wollen? Hier ist mein Dienstausweis. Mein Name ist Phil Decker.«
    Phil schob seinen Ausweis durch den Türspalt. Eine halbe Minute später kam der Ausweis wieder zum Vorschein mit dem Versprechen:
    »Augenblick, Mr. Decker, ich öffne.« Die Tür fiel ins Schloß, die Sicherheitskette wurde ausgehakt, was wir am Klirren hörten, und dann ging die Tür endlich richtig auf. Wir gelangten in ein sehr großes Wohnzimmer, das aus zwei Teilen bestand. Der eine Teil lag zwei Stufen erhöht und war vorwiegend in Rot gehalten, während der andere, etwas größere ganz in Gold strahlte und sogar einen Kamin besaß.
    »Das ist mein Kollege Jerry Cotton«, erklang Phils Stimme hinter mir.
    Der junge Mann hatte kurzgeschorenes Haar von dunkelblonder Farbe. Sein Schlafanzug mußte erstklassiges Material sein, denn es gab nicht eine Knitterfalte darin. Sein Gesicht verriet Neugierde und Überraschung.
    »Nehmen Sie doch Platz, Gentlemen«, sagte der Junge. »Ich bin Bret Marvin, Dorrits Bruder. Sie haben sicher nichts dagegen, wenn ich mir meinen Morgenmantel hole?«
    »Bitte«, sagte ich.
    Er verschwand hinter einer Tür, kam aber gleich darauf in einem blauen Morgenmantel mit weißen Aufschlägen zurück. Mit einer einladenden Geste führte er uns zu einer Sitzecke. Wir nahmen Platz. Er reichte uns ein aufgeklapptes Zigarettenkästchen aus Elfenbein, in das als Relief ein Zug von Elefanten eingeschnitzt war. Wir bedienten uns. Phil gab Feuer.
    Ich zog das Bild des Mädchens aus meiner Brieftasche und zeigte es ihm, ohne es aus der Hand zu geben.
    »Kennen Sie diese junge Dame?«
    »Natürlich! Das ist meine Schwester. Woher haben Sie das Bild?«
    »Wo ist Ihre Schwester jetzt, Mr. Marvin?«
    »Keine Ahnung«, erwiderte er mit einem Achselzucken, fügte aber, als er unsere erstaunten Blicke gewahrte, rasch hinzu: »Das braucht Sie nicht zu überraschen. Dorrit ist am Freitagabend wieder einmal nicht nach Hause gekommen.«
    »Am Freitag?« wiederholte ich ungläubig.
    »Ja. Sie hat das schon gelegentlich getan. Sie geht dann von der Arbeit mit zu ihrer Freundin und bleibt übers Wochenende dort, so daß ich sie erst am Montagabend wiedersehe. Natürlich habe ich keine Ahnung, was zwei junge Mädchen wie Dorrit und Sybil mit ihrem Wochenende anfangen. Das meinte ich, als ich sagte, ich wüßte nicht, wo sie ist. Vielleicht sind sie in Sybils Wohnung, vielleicht haben sie einen Ausflug gemacht, vielleicht campen sie irgendwo — morgen abend werde ich es wissen.«
    »Sagen Sie, Mr. Marvin«, fuhr Phil fort. »Ihre Schwester lebt doch gewöhnlich hier, nicht wahr?«
    »Ja, natürlich. Seit vergangenes Jahr Mutter gestorben ist, haben wir die Wohnung allein.«
    »Ihr Vater…?«
    »Dad ist schon seit fünf Jahren tot.«
    »Haben Sie je den Namen Joe Edwards gehört?«
    »Edwards? Moment! — ach, Sie meinen den Komiker in der neuen Broadway-Revue? Eine ulkige Nudel, tatsächlich. Warum fragen Sie?«
    »Ich fürchte, wir meinen einen anderen Edwards. Er ist ein Seemann.«
    »Sehr romantisch. Früher wollte ich auch mal zur See fahren. Selbstverständlich wollte ich auch mal Lokomotivführer werden. Und U-Bahn-Stationschef. Aber mehr als ein kleiner Bankangestellter ist aus mir nicht
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