Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0341 - Keiner kennt die Todesstunde

0341 - Keiner kennt die Todesstunde

Titel: 0341 - Keiner kennt die Todesstunde
Autoren: Keiner kennt die Todesstunde
Vom Netzwerk:
Passantenverkehr einsetzen wollte, zum Teufel. Der Dümmste muß ja jetzt merken, daß er verfolgt wird, solange kein anderer Mensch sich auf der Straße sehen läßt.«
    Doc Unlaine zog seine Taschenuhr, ließ den Sprungdeckel aufklappen und warf einen raschen Blick auf das Zifferblatt.
    »Es ist schon weit nach fünf, Harry. Jeden Augenblick müssen die ersten Kirchgänger für die Frühmesse auftauchen.«
    »Vielleicht kann ich ihm unbemerkt folgen, wohin auch immer er gehen mag.«
    Harry Easton nagte ungeduldig an der Unterlippe. William Unlaine sah genau wie Easton starr zum Fenster hinaus dem Manne nach, der in westlicher Richtung die Straße hinabeilte.
    Nöch war der Alte nicht weiter als dreißig Yard entfernt, als irgendwo in der Nähe erschreckend laut das Geläut einer Kirche erklang. Mit mächtigem Dröhnen hallte der Glockenton durch die morgendliche Stille. Fast im gleichen Augenblick ging auf der rechten Straßenseite eine Haustür auf, und eine sonntäglich geputzte Familie mit vier kleineren Kindern erschien.
    Harry Easton war begeistert. »Da, schauen Sie, Bill, da kommt schon die zweite Familie, und diesmal auch noch auf der richtigen Straßenseite! Los, Leute, heraus aus den Häusern.«
    Harry Easton rieb sich die Hände und stieg aus.
    Es war Sonntag, 5.40 Uhr.
    ***
    Marmor zog sich an den Wänden hin. Darüber gab es Edelholztäfelung bis an die Decke. Im Fußboden waren zwei große Behälter mit Blumenerde eingelassen, in denen Nelken wuchsen und ein paar andere Pflanzen, die keine Blüten trugen. Wir blieben beeindruckt stehen.
    »Bist du sicher, daß wir die Hausnummer nicht Verwechselt haben?« fragte ich zweifelnd.
    Phil zeigte auf die Schale des kleinen Springbrunnens. Rotgoldene Fische schwammen darin. Ich stieß ihn an.
    »Komm wieder zu dir, Kleiner«, mahnte ich. »Wir sind nicht zum Spielen hergekommen.«
    »Einmal Millionär sein«, seufzte Phil.
    »Schnöder Materialist«, brummte ich. »Möchtest du hier auf mich warten und inzwischen den Fischen dein Leid klagen, oder was hast du vor?«
    Phil schob sich den Hut ins Genick. »Jerry, es ist noch nicht einmal 6 Uhr früh. Willst du allen Ernstes eine Familie aus den Betten klingeln, die sich in diesem Hause ein Apartment leisten kann? Der Mann könnte Senator sein oder so was.«
    »Von mir aus kann er Käsegroßhändler oder Mitglied der Vereinigung gegen den Mißbrauch von Anstecknadeln sein. Ich interessiere mich lediglich für ein Mädchen namens Dorrit Marvin.«
    Phil seufzte wieder.
    »Du hast heute deinen unbarmherzigen Tag. Wenn ihr Vater Preisboxer ist und uns die Treppen hinunterprügelt, trägst du die Verantwortung.«
    »Gern«, versprach ich, »wenn der Preisboxer genug von mir übrigläßt. Ob es in diesem Palast einen Lift gibt?«
    Wir sahen uns um. Phil ging auf eine Tür aus dunklem Rio-Palisanderholz zu. Da es seitlich davon ein paar blanke Messingknöpfe gab, schien es sich hier wohl um den Fahrstuhl zu handeln. Tatsächlich gelang es ihm, den Lift von oben herunterzuholen, wir steigen ein, und Phil drückte den Knopf für die fünfte Etage. Auf dem Briefumschlag des Mädchens hatte die Nummer des Apartments gestanden: 532. Nach allgemeinem Brauch mußte es in der fünften Etage liegen.
    Als der Lift hielt und die Tür lautlos aufging, waren wir abermals beeindruckt. Während der Fahrstuhl ganz .mit rotem Samt und einigen Goldleisten ausgeschlagen war, öffnete sich jetzt ein Flur vor uns, dessen Wände mit blauer Seide bespannt waren. Die Beleuchtungskörper waren so geschickt versteckt, daß map sich unwillkürlich fragte, woher in diesem fensterlosen Flur überhaupt Licht kam. Auf dem Fußboden lag ein dicker, bläulich schimmernder Teppich, der offenbar aus China stammte, da sich lauter Drachen im Muster ein Stelldichein gaben.
    »Ob man da drauftreten darf?« erkundigte sich Phil.
    »Meinst du, die Leute, die hier wohnen, könnten fliegen?«
    Wir setzten uns in Bewegung. An den Wänden hingen Stiche, die sehr alt aussahen, jedenfalls war das pergamentartige Papier schon stark vergilbt und teilweise bereits sehr brüchig. In weiten Abständen voneinander unterbrachen die Apartmentstüren das eintönige Blau der seidenbespannten Wände. Die Türen hatten keine Namensschilder, sondern nur in kleinen, goldenen Ziffern die Nummer aufzuweisen. Als wir vor der Tür mit der Nummer 532 standen, schüttelte Phil unwillig den Kopf.
    »Meiner Meinung nach sollten wir die Leute zwei Stunden später aufsuchen. Dann ist es
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher