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030 - Das Schloß der Vampire

030 - Das Schloß der Vampire

Titel: 030 - Das Schloß der Vampire
Autoren: Peter Saxon
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entschloß sich jedoch hier zu bleiben und kroch ins Bett zurück. Ihre letzten wachen Gedanken beschäftigten sich mit dem seltsamen Rendezvous.
     

     
    Der Sarg stand auf einem steinernen Katafalk in der Mitte eines Gewölbes. Die Flammen schwarzer Wachskerzen in hohen Leuchtern warfen ihr gespenstisches Licht auf das polierte Holz und spiegelten sich in den goldenen Beschlägen.
    Die Sonne war gerade hinter den Bergen versunken, und die ersten Schatten der Nacht fielen auf die Hügel und Wälder.
    Es war die Zeit, da rechtschaffene’ Leute ihre Türen gegen das unaussprechliche Grauen verriegelten und Mütter Gott anflehten, er möge ihre Kinder vor dem Bösen schützen, das die Nacht unsicher machte.
    Für manche war es die Zeit, sich zur Ruhe zu begeben, und für andere zu erwachen; die Zeit, da sich die Gräber öffneten und die „Untoten“ herausstiegen.
    In dem stillen Gewölbe, das die Kerzen beleuchteten, hob sich lautlos der Deckel des Sarges. Die wächserne Hand, die ihn aufgestoßen hatte, zog sich noch einmal zurück. Ihr Besitzer ließ den Blick nachdenklich zur Decke schweifen. Seine Gedanken befaßten sich mit den Geschehnissen seiner letzten Wachperiode. Für ihn bedeutete jedes Morgengrauen einen neuen Tod und jeder Sonnenuntergang eine Wiedergeburt.
    Nun war er frei, bis der Tag erwachte. Die Welt war sein – vorausgesetzt er schlüpfte zurück in seinen Sarg, ehe der erste Hahn krähte.
    Er setzte sich auf und schwang die Beine behende über den Rand des satingefütterten Sarges. Kraftvoll strömte das Blut durch die Adern, und ein Machtbewußtsein erfüllte ihn. Das Gefühl, daß er Herr war über Leben und Tod aller menschlichen Kreatur.
    Zwei Diener warteten außerhalb des Gewölbes auf ihn und folgten ihm die schier endlosen Gänge entlang. Er lauschte ihren Berichten und gab ihnen kurze Befehle auf rumänisch. Dann ließen sie ihn allein, und er öffnete eine Tür zu dem auf drei Seiten von hohen, glatten Mauern umgebenen Burghof.
    Mit einem Lächeln, das seine Zähne entblößte, blickte er auf zum Mond. Dann begab er sich in den Schatten eines Busches, kauerte sich nieder und wurde ein noch dunklerer Teil des Schattens.
    Eine Minute später bewegte sich der dunklere Schatten. Er wuchs. Ein dürrer Wolf sprang ins Mondlicht und hob den Kopf zu einem langen, wilden Schrei, ehe er in die Nacht hinausrannte.
    Heute war nicht die Nacht zum Jagen, nicht zum Sprung an die Kehle und zum Schlürfen des warmen, lebensspendenden Blutes. Nicht die Nacht für den wölfischen Genuß, die Zähne tief in das sich aufbäumende Fleisch zu schlagen.
    Die heutige Nacht würde ihn einen Schritt weiterbringen in dem Plan, den das Gehirn eines Untoten gefaßt hatte. Sein Gehirn, das zwischen natürlichem Leben und ewigem Tod pendelte, benötigte eine Gefährtin, wie ein Mann sie brauchte.
    Es war ein komplizierter, bis in jede Einzelheit durchdachter Plan, der nun nahe der Reife war. Doch das unwillkommene Auftauchen der Fremden konnte ihm einen Strich durch die Rechnung machen. Sie mußten getäuscht oder vertrieben werden.
    Keine Marionetten der normalen Welt durften sich ihm in den Weg stellen – ihm, der das Geheimnis des ewigen Untodes kannte und die Kraft der Verwandlung besaß.
    Seine starken Wolfsmuskeln befähigten ihn, eine weite Strecke zurückzulegen, ohne Zeichen der Ermüdung aufzuweisen. Er sog die aufregenden Gerüche ein, die die verkümmerte Menschennase nicht wahrzunehmen vermochte. Neue hingen in der Luft und alte vertraute.
    Schließlich erreichte der Wolf den Hügel, von dem er das Dorf überblicken konnte. Im Hotel brannte noch Licht und warf seinen Schein auf die beiden vor dem Eingang geparkten Wagen. Es war alles so, wie man es ihm berichtet hatte.
    Aber es galt, noch mehr zu erfahren.
    Der Wolf streckte sich aus, die Schnauze auf die Vorderpfoten gelegt - ein schwarzer Fleck im Schnee. Der Fleck hob und senkte sich und schrumpfte langsam. Auf der vom Wolfskörper niedergetrampelten Stelle entfaltete eine Fledermaus ihre Flughäute und schwang sich in die Luft.
    Des Vampirs Gehirn war nun in der Lage, die ausgeprägten Sinne des Geschöpfes der Finsternis, das es beherbergte, voll zu nützen.
    Die Fledermaus umkreiste das Hotel und ließ sich schließlich, fest in das Holz gekrallt, auf einem Fenstersims nieder. Die Perlaugen spähten durch einen Spalt im Vorhang und beobachteten den Mann und die Frau, die nichts von ihrer Anwesenheit ahnten. Sie hörte das Ende des Gesprächs,
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