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03 - Sarggeflüster

03 - Sarggeflüster

Titel: 03 - Sarggeflüster
Autoren: Kimberly Raye
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zusammen und schniefte. „Ich heule hier nicht rum wie ein Baby.“
    „Doch, genau das tust du.“ Die tiefe, vertraute Stimme hallte durch meinen Kopf, und mein Herz setzte einmal aus.
    „Wo bist du?“, murmelte ich. Dann hörte ich ihn.
    „Hier.“ Das Wort war kaum mehr als ein Krächzen, und es kam nicht von der anderen Seite des verdammten Fensters, das mir jetzt eine Maniküre schuldete.
    Ich drehte mich um und musterte das nächste Gebäude, ein Ziegelbau, der zur Hälfte bis unter die Achterbahn reichte. Vermutlich enthielt er das Innenleben des Fahrgeschäfts, vielleicht einen Maschinenraum. Dort gab es keine Fenster, bloß ein kleines Stück über dem Boden hatte jemand ein paar Ziegelsteine herausgelöst, sodass man von Zeit zu Zeit einen Blick hineinwerfen konnte, um im Auge zu behalten, was dort unten vor sich ging.
    Denn wer auch immer Ty entführt hatte, er war ganz in der Nähe. Und beobachtete.
    Ich blickte mich um, strengte all meine Sinne an, suchte, aber ich sah gar nichts. Fühlte nichts. Nur die Verzweiflung hinter dem Loch in der Ziegelwand. Die Achterbalm war geschlossen, darum waren weder das Rattern noch das Ächzen des Holzes zu hören, das normalerweise von den Wagen verursacht wurde, die über die Spur sausten.
    Ich ging zu dem Gebäude hinüber, kniete mich hin und spähte hinein.
    Mein Herz sprang mir in die Kehle, als ich Tys zitternden Leib sah, der über eine Art grob zusammengemauerten Steinstapel drapiert war. In der gegenüberliegenden Ecke kauerte der kleine Junge mit tränenüberströmtem Gesicht, die Augen voller Angst, Furcht und Verzweiflung.
    Ich hatte nicht übel Lust, einfach durch das Loch zu brechen (meine Maniküre war so oder so ruiniert), aber ein durchgeknallter Vampir, der mit Steinen um sich warf, würde sicher weitaus mehr Aufmerksamkeit erregen als bloß einen Ausruf wie Heilige Scheiße! oder Was war das denn? Dazu kam noch, dass mir die Zeit davonlief. Ich musste unbedingt dort hinein und die beiden retten, bevor ihr Entführer zurückkam.
    Während ich das Gebäude umrundete, entdeckte ich eine Tür an der Rückseite. Ich ergriff das Vorhängeschloss und drehte es kurz um. Das Schloss zerbröckelte unter meinen Händen, die Tür öffnete sich quietschend.
    Die Achterbahn war geschlossen, aber der Motor summte immer noch. Ich war von Dieselgestank eingehüllt. Ich sandte einen weiteren Dank an Schwester Vampir in dem Riesengroßen Sarg am Himmel für die Tatsache, dass ich nicht atmen musste, denn sonst wäre ich ohnmächtig zusammengebrochen, bevor ich Ty fand, statt danach, wie ich es mir eigentlich vorgestellt hatte (siehe lebensbejahenden Sex).
    Es kostete mich einige Minuten und eine Menge Herumgestolper, bevor ich endlich den Weg um die riesigen Maschinen herum bis zu der wackligen Treppe gefunden hatte, die nach unten führte. Die Stufen krachten und knarrten erbärmlich und führten schließlich zu einem kurzen Korridor mit einer ganzen Reihe von Türen. Ich filterte den Maschinenlärm heraus, der von oben dröhnte, und konzentrierte mich auf das leise Knarzen und Ächzen, das mich umgab.
    Schließlich stellte ich mich vor eine ganz bestimmte Tür zu meiner Linken. Ein weiteres Vorhängeschloss versperrte mir den Weg, aber auch dies zerquetschte ich und ließ seine Bestandteile auf den Boden fallen.
    Es war über einen Monat her, seit ich Ty zuletzt getroffen hatte, und wenn ich ihn mir in Gedanken auch klar und deutlich vorstellen konnte, so war es doch etwas vollkommen anderes, ihn jetzt in Fleisch und Blut vor mir zu sehen.
    Jeder einzelne Nerv nahm Haltung an. Mein Herz blieb einfach stehen. Eine seltsame Wahrnehmung wanderte mein Rückgrat empor, gefolgt von einer Welle tiefer Angst.
    Mein Blick studierte sein Gesicht, immer noch zerschlagen und blutunterlaufen, da er sich wohl lange nicht genährt hatte und darum auch nicht heilen konnte. Seine Lippen waren geschwollen. Weitere Prellungen bedeckten seinen Oberkörper. Rot entzündete Peitschenhiebe verliefen kreuz und quer über seiner Brust. Da fühlte ich, wie mein Rücken wieder zu pulsieren begann. Er trug Jeans und sonst nichts, der Stoff war dreckig und voller Flecken. Dann begann mein Herz mit einem schmerzvollen dumpfen Laut wieder zu schlagen - und auf einmal konnte ich mich nicht mehr bewegen. Schmerz lähmte mich, ein Gefühl, das nichts mit meiner geistigen Verbindung zu ihm zu tun hatte oder mit dem, was er fühlte, sondern ausschließlich mit meinen eigenen Gefühlen für
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