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03 - Sarggeflüster

03 - Sarggeflüster

Titel: 03 - Sarggeflüster
Autoren: Kimberly Raye
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ihn.
    „Ist schon okay.“ Seine Stimme hallte durch meinen Kopf und holte mich mit einem Ruck in die Wirklichkeit zurück.
    Ich drehte mich zu der kleinen Gestalt um, die in der Ecke kauerte. Der Junge musste so um die acht oder neun Jahre alt sein. Durchschnittlich groß, mit blonden Haaren und blauen Augen.
    „Hey“, sagte ich, als ich schließlich bei ihm war.
    Seine Augen öffneten sich, und er starrte mich an, als wenn ich vorhätte, ihm eins mit dem Lineal überzuziehen und ihn anschließend ins Büro des Rektors zu schleifen.
    „Alles wird gut“, sagte ich zu ihm. Ich ergriff seine Schulter und versuchte ihn aus seiner Ecke herauszuziehen, da biss er mich. „Aua!“ Hastig zog ich meine Hand zurück und beäugte die kleinen Abdrücke auf meiner Haut. Eine Achtelsekunde lang erwog ich, ihn zurückzubeißen, aber ich habe schon immer einen etwas reiferen Blutgeschmack bevorzugt. Leicht abgelagert und lieblich, nicht so sprudelnd und präpubertär.
    Ich zwang mich zu meinem verständnisvollsten Lächeln. Schließlich hatte er einiges durchgemacht. Da war es doch nur verständlich, wenn er zubiss.
    Ich streckte erneut die Hand aus, und er trat mich. Und dann zog er mich an den Haaren. Und danach schnappte er sich mein T-Shirt-
    „Schluss damit!“ Ich packte seine Schultern und übte gerade so viel Druck aus, dass seine Augen sich weiteten. „Ich versuche dir zu helfen, alles klar?“ Mein Blick bohrte sich in den seinen. Beruhigend. Bezaubernd.
    Da wurde er ganz schlaff, und ich konnte ihn hochheben und mit ihm zur Tür gehen. Ein paar Sekunden später umrundete ich schon das Gebäude und war auf dem Weg zu dem kleinen Security-Büro, das sich in der Nähe des Eingangs befand. Kurz davor stellte ich ihn auf seine wackeligen Beine und starrte ihm in die glasigen Augen.
    „Hör mir mal gut zu, mein Junge. Ich will, dass du dich jetzt umdrehst und zu dem Sicherheitsmann dort drüben gehst. Sag ihm deinen Namen und den Namen deiner Mutter und eure Telefonnummer.“ Die wusste er doch wohl?
    Ich versuchte, mich an mich selbst im Alter von acht Jahren zu erinnern, aber das war noch in der Zeit vor der Erfindung des Handys. Genauer gesagt, vor der Erfindung des Morsecodes.
    „Du kennst doch eure Telefonnummer?“ Der glasige Blick klärte sich für einen Sekundenbruchteil, und er schien zu begreifen. Er nickte.
    „Gut.“ Ich lächelte und starrte ihm tief in die Augen.
    Du wirst jetzt dem Wachmann diese Zahlen nennen, und dann wirst du alles über mich vergessen. Ich sandte ihm die mentale Botschaft. Und auch den bösen Vampir, der dich entführt hat. Und den richtig heißen, sexy Vampir, der so gelitten hat, dass er dir nicht wehtun wollte (ohhhh). Das alles war nur ein schrecklicher Traum nach zu vielen Hotdogs. Außerdem wirst du in Zukunft immer auf deine Mom hören, dein Zimmer aufräumen und in der Schule dein Bestes geben.
    Hey, was hätte es denn für einen Sinn, ein Supervampir zu sein, wenn man der Menschheit nicht ab und zu einen kleinen Gefallen tat?
    Eine ganze Liste mit Antworten schoss mir durch den Kopf, angefangen mit (1) der Sinn und Zweck eines Supervampirs ist es, kleine Supervampire hervorzubringen und (2) Menschen seinen Willen aufzuzwingen und sich von ihnen zu nähren, und die stets beliebte Antwort (3): jede Menge Geld zu machen, damit er seine kleinen Supervampire ernähren, Menschen seinen Willen aufzwingen und, natürlich, sich von ihnen nähren kann.
    Ich schaltete mein Vampirgewissen aus - das viel zu sehr nach meiner Mutter klang - und machte mich auf den Rückweg.
    Einer erledigt, einer liegt noch vor mir.
    Ich hastete zurück in den Maschinenraum, nach unten und in den Keller.
    Schnell überquerte ich den Betonfußboden, beugte mich hinab und berührte Tys Schulter.
    „Hey. Kannst du mich hören?“
    „Ja.“ Seine Lippen hatten Mühe, das Wort zu formen.
    Er öffnete seine Lider einen Spaltbreit, und ich erkannte das tiefe Blau seiner Augen. Schmerz trübte die sonst so leuchtende Farbe, und ich verspürte einen Anflug von Wut. Ich würde jemandem ja so was von den Arsch versohlen, sobald ich Ty in Sicherheit gebracht hatte.
    „Ich werde dich jetzt hier raustragen“, verkündete ich und schob meine Hände unter ihn.
    Kaum berührten meine Fingerspitzen sein verletztes, geschwollenes Fleisch, da bäumte er sich auf. Er biss sich auf die Unterlippe, um einen Schmerzensschrei zu unterdrücken, und seine Fänge bohrten sich dabei so tief in das verquollene Fleisch, dass
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