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029 - Die neue Macht

029 - Die neue Macht

Titel: 029 - Die neue Macht
Autoren: Claudia Kern
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vermummten Gestalten, die im Park lebten und ebenso Ausgestoßene waren wie er. Selbst wenn sie auf seiner Seite standen - was Matt trotz der lautstark bekundeten Solidarität bezweifelte -, helfen konnten sie ihm nicht.
    Es bleibt dabei, dachte er frustriert. Ich bin draußen, die sind drinnen, und ich komm nicht rein.
    Etwas summte.
    Dass Matt das Geräusch überhaupt bemerkte, lag nur an seiner Vertrautheit. Er hatte es in seinem Leben schon oft gehört, jedes Mal, wenn er den Sicherheitsbereich einer militärischen Einrichtung betreten hatte, und das dazu gehörende Bild stand plastisch vor seinem Auge: Eine sich drehende Überwachungskamera.
    Matt sah auf. Sein Blick glitt an den roh behauenen Steinquadern der Stadtmauer entlang.
    Er bemerkte nicht, dass die Menschenmenge vor der Mauer angewachsen war und Soldaten und Ausgestoßene Beleidigungen austauschten. Seine ganze Aufmerksamkeit galt der Mauer.
    Und dann fand er sie. Eine dunkle Linse, in der sich das Mondlicht spiegelte, kaum größer als eine geballte Kinderfaust. Sie drehte sich leise surrend und war zwischen den Steinen so gut getarnt, dass niemand, der nicht konkret danach suchte, sie entdeckt hätte.
    Matt dachte einen Moment nach, dann zog er sein Kurzschwert unter dem Mantel hervor.
    Ein paar Vermummte applaudierten. Sie glaubten wohl, er wolle die Soldaten angreifen, aber Matt hatte anderes vor. Er zog die Schwertspitze durch den Schnee. Drei tiefe Furchen entstanden auf diese Weise, bevor er zurücktrat und nervös darauf wartete, dass die Kamera das Bild einfing. Wenn er mehr Zeit gehabt hätte, wäre ihm vielleicht eine bessere Idee gekommen, doch die Stimmung auf beiden Seiten der Mauer schaukelte sich rasch hoch. Noch warfen die Ausgestoßenen nur mit Schneebällen und wurden durch die Lanzen in Schach gehalten, aber Matt ahnte, dass es nicht dabei bleiben würde.
    Deshalb hatte er schnell reagiert und drei einfache Buchstaben in den Schnee geritzt. USA Matt konnte nur hoffen, dass die Herren der Stadt diese antike Bezeichnung ihres Heimatlandes noch kannten und rasch reagieren würden. Denn in diesem Moment flog der erste Stein.
    ***
    Harold Baker liebte seinen Beruf.
    Er saß vor einer Wand von Monitoren und beobachtete eine Stadt, in der kaum jemand wusste, dass es ihn gab. Seine Finger glitten über die Tastatur, veränderten die Blickwinkel der Kameras, zoomten auf dem einen Monitor eine Szene heran, während sie auf einem anderen den Bildausschnitt verkleinerten. Schon längst benötigte Harold die Auflistung der Quadranten nicht mehr und hatte sie in die unterste Schublade seines makellos aufgeräumten Schreibtischs verbannt.
    Er kannte seine Stadt, obwohl er sie noch nie betreten hatte.
    Jeder Winkel, den die Kameras erfassen konnten, war ihm vertraut. Manchmal träumte er von der schwarzweißen Welt seiner Monitore und sah sich selbst durch ihre Straßen gehen.
    In dieser Nacht hatte er dafür jedoch keine Zeit. Bereits seit einigen Tagen zeichneten sich Probleme am Westtor ab, die nun zu eskalieren drohten.
    Die Illegalen, Menschen, die in der Hoffnung lebten, irgendwann die Stadt betreten zu dürfen, randalierten. Der Auslöser war offenbar, dass einer von ihnen mit den Soldaten in Streit geraten und etwas unsanft behandelt worden war. Jetzt versammelte sich eine stetig wachsende Gruppe vor dem Tor. Einige von ihnen begannen unter den Augen der für sie unsichtbaren Kamera im Schnee nach Steinen zu graben.
    Harold seufzte stumm und aktivierte das Mikrofon seines Headsets mit einem Tastendruck.
    »Control an Equalizer eins bis vier«, sagte er in einem Tonfall, den er nur für offizielle Ankündigungen benutzte. »Code Gelb in Quadrant 7.3. Bitte um Untersuchung. Over.«
    Nacheinander bestätigten drei seiner Agenten die Meldung. Die Antwort des vierten war zögernder.
    »Hier ist Equalizer vier an Control. Nun… wo genau liegt Quadrant 7.3? Over.«
    Harold fuhr mit der Hand über seinen kahlen Kopf. Eines Tages, dachte er, bringt mich Joshua Harris noch mal um den Verstand.
    »Equalizer vier«, sagte er in seinem strafenden Tonfall. »Diese Information entnehmen Sie bitte Ihrem Codebuch. Over.«
    »Mensch, Harold, ich habs im Bereitschaftsraum liegen lassen«, entgegnete Harris. »Gib mir doch einen Tip. Osttor, oder?«
    »Keine Klarnamen über Funk, Equalizer vier! Und wenn Sie den Auftrag nicht erfüllen können, muss ich darüber einen Vermerk machen. Over!«
    Harold sah auf die Monitore und versuchte sich mit den vertrauten
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