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029 - Die neue Macht

029 - Die neue Macht

Titel: 029 - Die neue Macht
Autoren: Claudia Kern
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zweiter zerlumpter Mann, der in diesem Moment mit einer Keule ausholte.
    Der Schlepper wich zurück. »Schlag doch zu!«, schrie er seinen Komplizen an.
    Matt wartete dessen Reaktion nicht ab. Seine Stiefelspitze traf den Mann in den Magen. Stöhnend ließ er die Keule fallen und brach in die Knie. Ein Schlag in den Nacken schleuderte ihn zu Boden.
    Der Schlepper streckte die Hand nach der Keule aus, sah dann jedoch seinen Komplizen in den Schnee fallen und stolperte zurück. Sein Mut schien ihn endgültig verlassen zu haben, denn er drehte sich um und verschwand zwischen den Hügeln.
    Matt blieb stehen. Es hatte keinen Sinn, den Schlepper zu verfolgen, der sich in dieser Gegend wohl wesentlich besser auskannte als er selbst. Stattdessen wandte er sich dem Turm zu.
    Der Schlepper schien die Wahrheit gesagt zu haben, denn im hellen Mondlicht hätte Matt zumindest die Umrisse eines Menschen, der sich dort oben aufhielt, bemerken müssen. Aber es war niemand zu sehen.
    Halb rutschend, halb kletternd überwand er das steile Ufer und machte einen vorsichtigen Schritt auf den gefrorenen Fluss hinaus. In seiner dunklen Kleidung fühlte er sich wie eine wandelnde Ziel- Scheibe, als er geduckt über das Eis lief, aber der befürchtete Pfeilhagel blieb aus.
    Wenige Minuten später kletterte er bereits auf der anderen Seite ans Ufer. Vor ihm breitete sich eine weiße Ebene aus, die hier und da von schwarzen Schatten durchbrochen wurde. Zu seiner Linken lag die Stadtmauer, deren Fackeln wie tief hängende Sterne in der Dunkelheit leuchteten.
    Matt sah sich um. Er war ein Jahr lang auf der Andrews Air Force Base in der Nähe von Washington stationiert gewesen und hatte sich oft genug in der Stadt aufgehalten. Die Erinnerung daran half ihm jetzt bei der Orientierung.
    East Potomac Park, erkannte er schließlich. Ein paar Kilometer südlich vom Weißen Haus, dem Ort, auf den er seine Hoffnungen gesetzt hatte. Wenn es noch so etwas wie die Vereinigten Staaten gab, dann hatten sie dort ihren Sitz.
    Der Schnee knirschte unter Matts Stiefeln. Das Geräusch klang in der Stille überlaut. Melancholisch dachte Matt an die langen Spaziergänge, die er mit seiner Exfrau Liz hier unternommen hatte - allerdings nur bei Tag, denn nachts war die Wahrscheinlichkeit, in diesen Parkanlagen ermordet zu werden, höher als in manchen Kriegsgebieten. Aber das war vorbei. Das Eis schien nicht nur die Landschaft, sondern auch alles Leben, das es hier einmal gegeben hatte, geschluckt zu haben.
    Matt wandte sich nach Norden, dem Weißen Haus zu.
    Im gleichen Moment brach der Schnee unter ihm ein.
    Er landete weich.
    »Umpf«, machte etwas unter ihm. Von oben rieselte Schnee durch das Loch und raubte Matt die Sicht. Es stank nach menschlichen Ausdünstungen und Fäkalien. Er versuchte auf die Füße zu kommen, aber der Boden bewegte sich unter ihm wie ein bockiges Tier. Schmerzhaftes Stöhnen und überraschte Schreie wurden laut, als er das Gleichgewicht nicht halten konnte und zur Seite fiel.
    Matt wischte sich den Schnee aus den Augen. Direkt vor sich sah er das faltige, zahnlose Gesicht einer alten Frau, die ihn verschreckt ansah und urplötzlich zu schreien begann. Andere griffen den Schrei auf. Innerhalb von Sekunden war die kleine Höhle erfüllt von menschlichem Gebrüll. Die Felle, die auf dem Boden lagen, bewegten sich. Schlafverquollene Gesichter lugten daraus hervor. Anscheinend war er in einer Schlaf höhle gelandet. Das Loch, durch das er gefallen war, befand sich keinen Meter über ihm. Stehend konnte er es leicht erreichen, aber dazu musste er erst mal auf die Beine kommen.
    Matt hob beruhigend die Hände. »Keine Panik!«, rief er über das Geschrei hinweg. »War nur ein kleiner Unfall. Ich bin sofort wieder weg.«
    Er wusste nicht, ob ihn jemand verstanden hatte, war nur froh, endlich festen Boden und keine menschlichen Körper mehr unter den Stiefeln zu spüren.
    Matt richtete sich auf und zuckte zusammen, als eine Faust an ihm vorbei ins Leere schoss. Seine kleine Rede hatte anscheinend nicht den erwünschten Effekt.
    Er ignorierte den Angreifer, stieß sich vom Boden ab und stemmte sich mit einem Klimmzug aus der Höhle. Einen Moment befürchtete er, der Schnee würde unter seinem Gewicht nachgeben, dann hatte er die unmittelbare Nähe des Lochs verlassen und stand auf.
    Um ihn herum bewegte sich der Schnee. Dunkle, in Felle gehüllte Gestalten kletterten aus ihren Schlafhöhlen und sahen sich suchend nach der Quelle des Lärms um. Matt
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