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0168 - Satansparty

0168 - Satansparty

Titel: 0168 - Satansparty
Autoren: Andreas Brandhorst
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verrieten, daß das Leben noch in ihr schlummerte, einem Kerzenlicht gleich, das von Wind umweht wurde.
    »Man könnte fast den Eindruck haben, Doktor«, sagte die Krankenschwester leise, »als hätte sie keinen Lebenswillen mehr, als sehne sie den Tod herbei.«
    Der Doktor preßte für einen Augenblick die Lippen aufeinander. Er hatte Zamorra kennengelernt, und er wußte auch, daß die Französin ein Mensch war, der am Leben hing, mehr als andere, die er kannte. Aber hier war etwas am Werk, das sich ihrem Einfluß entzog, eine Kraft, die stärker war als ihre besten Medikamente. Sie konnten nur hoffen.
    Der Arzt blickte noch einmal auf die Instrumente, überprüfte die Anschlüsse, dann wandte er sich um.
    »Behalten Sie die Patientin bitte im Auge, Schwester. Ich möchte nicht, daß sich so etwas noch einmal wiederholt. Sie wissen schon, was ich meine.«
    Die Krankenschwester schluckte nervös, nickte dann. Sie wußte, was der Doktor meinte. Es war noch nicht lange her, Stunden erst, als sich Nicole Duval schon einmal in diesem Krankenhaus aufgehalten hatte, zusammen mit einem Patienten namens Richard Belkholm. Dieser erste Aufenthalt war nicht von großer Dauer gewesen. Inmitten eines strahlenden Feldes waren die beiden verschwunden, so, als hätten sie nie existiert. Bis heute wußte niemand, was wirklich geschehen war. Zamorra hatte nur mit Doktor Melbert gesprochen, und ihm alles erklärt, als er ihn gebeten hatte, die junge Französin erneut aufzunehmen.
    Doktor Melbert und die Krankenschwester verließen den Raum, schlossen die Tür. Zurück blieb der reglose Körper einer jungen Frau. Die Überwachungsgeräte summten ihr eintöniges Lied. Es schien, als sei die Situation statisch, als könne unmöglich eine Änderung erfolgen.
    Und doch…
    Plötzlich veränderte sich die Kurve auf einem der Oszillographen. Die weitgeschwungene Kurve wies Zacken auf, und auf der Frontseite des Gerätes glommen rote Warnlichter.
    Nicole stöhnte, dann schlug sie die Augen auf, starrte an die Decke. Ihre Lippen öffneten sich leicht, und unverständliche Laute drangen aus ihr heraus.
    In ihrem Geist herrschte ein einziges Chaos. Der Einfluß des Dämonen war verschwunden, aber er hatte eine Lücke hinterlassen, die erst wieder gefüllt werden mußte. Noch immer bestand ein unsichtbares Band zwischen Nicole Duval und Mahat. Und solange Mahat existierte, würde auch dieses Band existieren. Mahat würde nicht noch einmal von ihr Besitz ergreifen. Niemals würde er sich noch einmal in die unmittelbare Nähe Zamorras wagen. Aber das unsichtbare Band, das den Dämonen noch immer mit ihr verband, hinderte den Geist Nicoles daran, sich zu regenerieren. Durch den lang andauernden Kontakt mit dem Teuflischen hatte Nicole einen schweren Schock davongetragen, einen Schock, der ihren Lebenswillen lähmte.
    Die wiedererwachten Gedanken verwirrten sich. Der Wahnsinn griff nach Nicole, hüllte ihr Denken ein, lenkte es in eine zerstörerische Richtung.
    Abrupt kam ihr Körper in die Höhe. Mit einer einzigen Handbewegung streifte sie all die medizinischen Sonden ab, die ihren Körper mit den Geräten verbanden.
    Tod, wisperte der Wahnsinn in ihrem Hirn. Nur der Tod kann dir helfen. Nur der Tod bietet dir Ruhe und Geborgenheit.
    In einem Nebenraum blinkte auf einem schmalen Pult ebenfalls ein rotes Licht auf. Die Nachtschwester, die davorsaß, zuckte erschrocken zusammen. Ein helles Piepen ertönte, und die Schwester sprang auf. Rasch verglich sie die Anzeige mit den Eintragungen auf ihrer Liste.
    Zimmer zwölf, dachte sie, und für einen Augenblick war Angst in ihr. Dann siegte ihr Pflichtbewußtsein. Zimmer Zwölf. Das war die Patientin namens Nicole Duval. Die Schwester lief zur Tür, öffnete sie und trat auf den Korridor. Einen Augenblick verharrte sie hier, dann betätigte sie einen Schalter auf dem nahen Sprechanschluß und alarmierte den diensthabenden Aufsichtsarzt.
    Nicole Duval schwang ihre Beine von der Liege, erhob sich. Sie spürte nicht die Kälte der Fliesen. In ihrem Denken war nur die Sehnsucht nach Stille, absoluter Ruhe und Geborgenheit.
    Tod, wisperte es in ihr. Der Tod ist es, den du suchst.
    Plötzlich wirbelte sie herum und hieb ihre zur Faust geballte Hand in den Schirm eines der Überwachungsgeräte. Es knirschte, dann implodierte der Bildschirm. Die Glassplitter schnitten tief in ihr Fleisch. Blut rann über ihren Arm, warm und rot.
    In diesem Augenblick wurde die Tür geöffnet.
    »Nicole!«
    Die Französin
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