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016 - Herrin der Woelfe

016 - Herrin der Woelfe

Titel: 016 - Herrin der Woelfe
Autoren: Hugh Walker
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Menschliches mehr. Sie wand sich in ihren Fesseln und gab Laute wie ein wildes Tier in einer Falle von sich.
    Als er nach ihr greifen wollte, um sie zu beruhigen, schnappte sie nach ihm und verfehlte seine Hand nur um Haaresbreite, und das Geräusch der knirschenden Kiefer ließ ihn erbleichen.
    Er begann, wieder auf sie einzureden, in der sinnlosen Hoffnung, ihr vergrabenes Ego wachzurütteln, sie aus der Illusion ihres wölfischen Bewusstseins hervorzuholen. Aber nach einem Augenblick begann ihm zu dämmern, dass dies erst der Beginn war. Als ihm das klar wurde, war es bereits zu spät.
    Er sah, wie ihre Gestalt ihre festen Formen verlor – wie sie aus den Fesseln schlüpfte mit den geschmeidigen Bewegungen eines Raubtieres. Ein weißer Körper schnellte ihm entgegen, und ein heißer animalischer Hauch verschlug ihm den Atem und nahm ihm die letzte Chance für einen Schrei.
    Da war ein gewaltiger Schmerz. Das Fell der Bestie färbte sich rot vor seinen Augen.
    Es war sein Blut.
    Der Gedanke an Blut war das erste, was sie wieder bewusst wahrnahm. Sie spie aus und erkannte, dass sie auf dem Boden lag, halb über der Leiche Dr. Ferrings, aus dessen Kehle noch immer Blut strömte. Ihr Gesicht war klebrig nass. Ebenso ihre Arme. Das Oberteil ihres Kleides war ein wachsender Blutfleck.
    Sie erhob sich rasch, doch der Augenblick der Panik verflog.
    Sie hatte keine Eile, sie war allein mit ihm im Haus.
    Thania schlüpfte aus dem Kleid und trocknete ihre Haare und ihr Gesicht notdürftig damit ab. Dann nahm sie ihre Tasche und machte sich auf die Suche nach einem Badezimmer, vorsichtig darauf bedacht, keine Fingerabdrücke zu hinterlassen. Sie wusch ihre Hände, ihr Gesicht, ihren Hals und ihren Oberkörper mit großer Gründlichkeit. Dass sie sich nicht im Spiegel sehen konnte, erschwerte alles und machte sie unsicher. War auch wirklich alles Blut beseitigt? Schließlich wusch sie auch noch ihr Haar. So verging beträchtliche Zeit, aber niemand kam.
    Sie ließ ihr blutiges Kleid im Wasser liegen und zog ihre Jeans an. Dann stöberte sie durch das Haus und fand endlich, was sie suchte: große Leinentücher. Im Keller entdeckte sie mehrere Truhen, die mit alten Kleidern und Büchern halb gefüllt waren.
    Sie räumte eine der Truhen aus und begab sich dann wieder in das Behandlungszimmer, um die Leiche in die Leinentücher zu packen, was auch nach einiger Mühe gelang. In vier Tücher und eine Decke wickelte sie sie ein und zerrte sie anschließend in den Keller. Dennoch drang bereits Blut durch die Decke, als sie den Keller erreichte. Sie keuchte vor Anstrengung, bis sie die Leiche in der Truhe hatte.
    Ehe sie wieder hinaufging, wischte sie das Blut vom Boden fort und mögliche Fingerabdrücke von der Truhe. Oben säuberte sie den Boden nur oberflächlich. Auf dem Teppich sah man das Blut kaum. Sie fuhr mit einem Lappen über den Stuhl und den Wasserhahn, nahm das Kleid aus dem Wasser, wand es sorgfältig aus und stopfte es in ihre Tasche.
    Im Behandlungszimmer sah sie sich noch einmal um. Dabei fiel ihr das laufende Band auf. Sie stellte das Gerät ab, wischte über die Knöpfe, nahm das Band heraus und steckte es ebenfalls in ihre Tasche. Dann sah sie den Terminkalender auf dem Schreibtisch.
    Für den heutigen Tag war ihre Adresse eingetragen. Sie riss das Blatt heraus. Ebenfalls auf dem Tisch lag ein Buch, dessen Titel ihr sofort ins Auge stach: Vampire, Werwölfe und Ghuls von Bernhardt J. Hurwood.
    Das Kapitel Lykanthropismus rund um die Welt war angemerkt. Sie entfernte den Streifen Papier.
    Als sie den Raum verließ, drehte sie das Licht ab.
    Die kühle Nachtluft ließ sie aufatmen.
    Sie war satt.
    Es war wieder gut zu leben.
     

     

Mit dem Erwachen am nächsten Morgen kam die Erinnerung.
    Der Mond war untergegangen und ließ sie mit ihren menschlichen Gefühlen allein, mit dem Schmerz, jenen Menschen getötet zu haben, von dem sie sich Liebe und Freundschaft erhofft hatte. Sie wusste nun, das andere in ihr nahm keine Rücksicht darauf, was sie in ihrer menschlichen Existenz hoffte, fühlte und dachte. Es zerstörte nur. Woiew hatte recht – es war ein selbstmörderisches Prinzip.
    Alle Fragen und Gedanken liefen auf einen Punkt zusammen: Was war sie mehr – Mensch oder Wolf?
    Es gab keine Antwort, denn sie war beides. Eines war untrennbar mit dem anderen verbunden, wie zwei Wesen in einem, schizophrenen Menschen.
    Man fand Dr. Ferrings Leiche erst eine Woche später. Der Fall erregte einiges Aufsehen im
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