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015 - Das Blutmal

015 - Das Blutmal

Titel: 015 - Das Blutmal
Autoren: Jens Lindberg
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Ahnung.«
    »Er schrie mich wie ein Verrückter an, sagte, ich sollte dankbar sein, er hätte extra leichte Themen gewählt, für andere reichte meine Intelligenz ohnehin nicht aus. Na, das brachte mich natürlich auf die Palme.«
    Veit wischte sich mit dem Ärmel den Schweiß von der Stirn.
    Anna lächelte ungläubig. »Das hat er sicher scherzhaft gemeint. Ein Missverständnis. Soll ich mal mit ihm reden? Zu ihm gehen?«
    »Nein, nein! Mach die Sache nicht noch schlimmer!« Veit sank erschöpft ins Kissen zurück. »Und ich konnte es doch immer so gut mit ihm.!«
    Anna stand auf und trat ans Fenster.
    Regungslos starrte sie durch die vom Regen blinden Scheiben.
    »Du meinst, dass sich das nicht ausbügeln lässt?« fragte sie dumpf.
    »Wie? Nun, ich will es versuchen. Es hängt zuviel für mich davon ab. Vielleicht hatte er auch nur einen schlechten Tag und lud seinen Ärger bei mir ab. Ich gebe zu, er schien wie durchgedreht – wegen seiner Frau.«
    Anna drehte sich abrupt um. »Wegen seiner Frau?«
    »Ja, die sollte er wieder aus der Klinik abholen …«
    »Was haben sie bekommen? Junge oder Mädchen?« fragte sie.
    »Nichts – bisher. War blinder Alarm, sagte er.« Veit lachte unfroh. »Professor müsste man sein, dann könnte man seinen Ärger auf andere Schultern abladen.«
    Wieder sah Anna hinaus in den Regen. »Oh, auch Professoren haben Kummer«, sagte sie gedehnt, »der sich nicht so leicht weitergeben lässt.«
    »Wie meinst du das?« Veit bekam Angst. »Denkst du an etwas Bestimmtes, Schatz?«
    »Nein«, sagte sie hart. »Aber jeder hat wohl seine Nonne.« Völlig gelöst trat sie wieder zu ihm ans Bett. »Du musst jetzt schlafen.«
    »Und du?«
    »Ich spring’ mal eben zur Post, Marken holen.«
    »Bleib nicht zu lange!«
    »Keine Angst! Ich bin gleich wieder da.«
    Keine Angst! Veit fieberte. Was mochte nun auf Professor
    Idusch zukommen?
    Kaum hörte Veit die Tür hinter Anna zufallen, hängte er sich ans Telefon und stellte die Verbindung zum Professor her.
    »Der Stein ist ins Rollen gekommen«, berichtete er hastig und unterrichtete den Professor, wie er Annas Interesse auf ihn gelenkt hatte.
    »Gut, gut.«
    Veit hörte Idusch lachen.
    »Das Ärgste wissen Sie noch nicht. Ihr Haar …«
    »Später«, unterbrach Idusch. »Ich möchte nicht, dass meine Frau unser Gespräch mit anhört. Sie ist gerade in der Küche. Woher stammt Ihre Freundin, Kloss?«
    »Anna?«
    Idusch lachte. »Haben Sie mehrere?« »Ich bin ganz durcheinander. Aus Freiburg. Aus Freiburg, glaube ich. Wieso?«
    »Lebten die Doris schon immer dort?« Die Stimme des Professors vibrierte. »Nein. Anna erzählte mal von den Schwierigkeiten ihrer Vorfahren im Elsass. Ich glaube, sie redete von Colmar …«
    »Ich habe eine seltsame Entdeckung gemacht, Kloss. Sie dürfen aber nicht erschrecken.«
    »Was?«
    »Das kann ich am Telefon nicht sagen. Ich höre meine Frau kommen. Können Sie heute Abend zu mir kommen – spät – wenn meine Frau schläft?«
    »Natürlich. Wann?«
    »Sagen wir mal so gegen dreiundzwanzig Uhr.«
    Er änderte plötzlich seinen Tonfall. Veit erkannte, dass er mit seiner Frau sprach.
    »Leonore, der Dekan erkundigt sich nach dir.«
    Im Hintergrund hörte Veit die Frau des Professors antworten: »Nett. Sag’ ihm, mir geht’s prima – oder besser: uns.«
    Und zu ihm sagte Idusch: »Vielen Dank für den Anruf. Es geht allen bestens. Bleibt es dann bei unserem Termin?«
    »Bestimmt. Sie können sich darauf verlassen. Andeuten können Sie das nicht, was Sie entdeckten?«
    »Nein. Bis dann!«
    Idusch legte auf.
    Verstört hielt Veit noch lange den Hörer ans Ohr. Welche neue Überraschung mochte auf ihn zukommen?
     

     
    Es regnete unaufhörlich. Veit döste im Bett vor sich hin und versuchte, Anna Schlaf vorzutäuschen. Anna hatte sich die Lampe dicht an den Tisch herangezogen und schrieb Briefe. Wenn Veit blinzelnd die Augen öffnete, sah er ihr Profil. Es war schön wie immer. Aber die einst so betörend blonden Haare glänzten jetzt rabenschwarz, und er wusste, dass die Augen, die ihn hin und wieder lieb musterten, eine unheimliche bernsteingelbe Farbe hatten.
    Veit überlegte, wie er spät abends, ohne Verdacht zu erregen, zu Idusch kommen sollte.
    Wie er diese Lügereien hasste! Wie er alles hasste, was ihn umgab! Er empfand auf einmal Sehnsucht nach den simpelsten Dingen.
    Veit stöhnte. Wie stolz war er immer auf sein sachliches Denken gewesen! Hätte er seine Geschichte in einer Illustrierten gelesen,
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