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0139 - Wo der Werwolf lauert

0139 - Wo der Werwolf lauert

Titel: 0139 - Wo der Werwolf lauert
Autoren: Walter Appel
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auch den häßlichen alten Mann in den vor Schmutz starrenden Kleidern, der Beschwörungsformeln kreischend um das Feuer herumtanzte. Die Rechte hatte er in den Hals eines vom Rumpf abgetrennten Wolfskopfes gesteckt. Mit der Linken griff er immer wieder in den großen Beutel, den er vor der Brust trug, und streute ein Pulver in die Flammen.
    Dann loderte das Feuer hoch auf, fahlgelb, rötlich oder grünlich, und stechender Gestank legte sich über die Lichtung.
    Eine Wolke trieb vor den Mond, es wurde finsterer. Der alte Hexer ließ in seinen Bemühungen nicht nach, er hatte sein Ritual schon fast zu Ende geführt. Mitunter schielte er zu der doppelläufigen Schrotflinte, der Peitsche und dem Knüppel hin, die außerhalb eines mit Knochenmehl um das Feuer gestreuten Kreises auf einem zerlöcherten Stück Zeltplane lagen.
    Ein Käuzchen schrie dumpf im Karpatenwald. Der Hexer kicherte. Er hieß Bela Stancu und war schon über siebzig Jahre alt. Der grauweiße Bart reichte ihm fast bis zum Gürtel, das Haar wucherte wild. In seinem mit Altersflecken übersäten, faltigen Gesicht ragte die Nase wie ein Geierschnabel vor.
    Die fanatisch funkelnden Augen lagen tief in Höhlen. Im Mund hatte Bela Stancu nur noch drei gelbliche Hauer von Zähnen.
    Wieder warf er das Pulver ins Feuer, es war die letzte Handvoll. Er legte den Kopf in den Nacken, hob den Wolfsschädel mit den bleckenden Fängen über seinen Kopf empor und heulte wie ein wilder Wolf. Schaurig gellten die Töne durch den nächtlichen Wald.
    »Dämonenwölfe!« schrie Stancu auf Rumänisch. »Erscheint, kommt zu eurem Herrn und Meister!«
    Sekundenlang herrschte Stille. Dann begann ein Brausen, das immer lauter wurde. Ein schwarzer Schlund erschien aus dem Nichts, Sturm fegte heraus, der den Hexer fast von den Beinen warf.
    Seine zerlumpten Kleidungsstücke, sein Haar und sein Bart flatterten. Bela St ancu stemmte sich gegen den eiskalten Sturm, ein triumphierendes Lachen wurde ihm vom Mund gerissen.
    Zwei Körper fielen aus dem schwarzen Schlund, aus dem Nichts herbeigeblasen. Sie rollten durch das Feuer und kamen innerhalb des Zauberkreises auf die Beine. Es waren zwei Wölfe, eine grazile weiße Wölfin und ein größerer, stattlich gebauter grauer Wolf mit ein paar Narben am Körper.
    Völlig verwirrt spähten sie umher. Bela Stancu näherte sich den Wölfen. Er musterte sie, er war etwas enttäuscht. Er hatte größere Tiere mit rotglühenden Augen, mit fahlgelbem Schwefelatem und fingerlangen Fängen erwartet.
    Statt dessen hatte er zwei anscheinend völlig normale Wölfe vor sich. Aber an seiner Beschwörung konnte er keinen Fehler entdecken. Vielleicht würden die Wölfe noch wachsen und die dämonischen Attribute sich einstellen, überlegte er sich.
    Er versuchte, der weißen Wölfin über den Kopf zu streichen, doch sie wich vor ihm zurück und winselte leise. Der graue Wolf aber knurrte warnend.
    Mit einer überraschend menschlichen Geste hob er die rechte Pfote und vollführte damit eine Bewegung, so als wolle er Bela Stancu anweisen zurückzutreten.
    »Ich werde nicht klug aus euch«, murmelte der Alte. »Seid ihr jetzt Dämonenwölfe oder nicht? Nun, wir werden es gleich sehen. Was der Schöne Gunodescu fertigbringt, das kann ich auch noch. Er soll nicht mehr der einzige Herr der Wölfe in den Karpaten sein. Er wird es noch bereuen, Bela Stancu davongejagt zu haben wie einen dummen Jungen.«
    Der Alte brummte Verwünschungen, denn er war nicht gut zu sprechen auf den Herrn des Schreckensschlosses über dem Oituzpaß.
    »Folgt mir«, sagte er und gab den beiden Wölfen einen gebieterischen Wink.
    Sie schauten einander an, beschnüffelten sich, dann nickte der graue Wolf mit dem Kopf und stieß einen kurzen, bellenden Laut aus. Wolf und Wölfin trotteten hinter Bela Stancu her zu der Hütte. Dabei beäugten sie ihre Umgebung, die unheimlich genug war.
    Ihre Bewegungen waren nicht so locker und raubtierhaft geschmeidig wie die von auf freier Wildbahn lebenden Wölfen. Es schien, als müßten sie sich erst noch an ihre Wolfskörper gewöhnen.
    Bela Stancu öffnete die Tür der Hütte. Sie kreischte in den rostigen Angeln. Der Hexer griff um den Türstock herum und nahm eine staubige Öllaterne vom Haken. Er kramte in seinen Taschen, bis er seine Streichhölzer fand, stellte die Lampe auf da Fensterbrett und öffnete und entzündete sie.
    Dabei brabbelte er vor sich hin, seine Mundwinkel zuckten.
    »Wartet hier«, wies er die Wölfe an, die ihn gespannt
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