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0114 - Mädchen, Gangster, blaue Küste

0114 - Mädchen, Gangster, blaue Küste

Titel: 0114 - Mädchen, Gangster, blaue Küste
Autoren: Delfried Kaufmann
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gefunden werden, ist zu groß, und wenn sie gefunden werden sollten, dürfen sie nicht erkannt werden. Willst du dafür sorgen, dass man sie nicht erkennt, Emile?«
    »Ja«, schrie er auf und warf sich in die Brust. »Ich mache das!«
    »Da sie sich nicht rühren können, würdest du vielleicht wirklich den Mut auf bringen«, antwortete die Frau verächtlich. »Aber ich will nicht, dass Fehler gemacht werden. Die Besatzung braucht nichts davon zu sehen, und außerdem müssen sie in Abständen über Bord geworfen werden. Schafft sie in die Luke zurück.«
    Noch einmal gehorchten die Gorillas der Frau. Sie zerrten uns zu unserem Gefängnis und warfen uns kurzerhand hinunter. Über uns wurde die Luke zugeworfen.
    Phil und ich rollten uns erst einmal auseinander.
    »Von Herzlichkeit ist zwischen Eve und Emile wenig zu spüren«, sagte er. Ich hörte etwas wie Hoffnung in seiner Stimme.
    »Mach dir keine Illusionen. Die Frau ist ein Satan, und sie denkt gar nicht daran, uns zu schonen. Sie will Froyer unter dem Daumen behalten. Nur darum widersetzte sie sich seinen Befehlen, und das kam uns vorübergehend zugute. Sie fürchtet, dass er sie abservieren will, und wahrscheinlich wird er es tun, aber dann werden wir beide, du und ich, längst bei den Fischen sein.«
    »Wann meinst du, dass…?«
    »Einer von uns wahrscheinlich schon heute Nacht!«
    »Na, ja«, sagte Phil. »Dann wollen wir mal sehen, ob wir noch etwas dagegen tun können. Komm mal ein bisschen näher, Jerry!«
    Die Gangster hatten uns die Hände auf dem Rücken gefesselt. Wir rollten uns gegeneinander, dass Phil mit der geringen Bewegungsfähigkeit, die seinen Fingern noch blieb, die Knoten meiner Fesselung bearbeiten konnte.
    Sie machen sich wahrscheinlich keinen Begriff davon, ein wie hartes Geschäft solche Bemühungen sind. Innerhalb von zehn Minuten bekommt man einen Krampf in den Fingern, und es steht im Vorhinein fest, dass man, wenn es überhaupt gelingen soll, Stunden braucht.
    Als Phil seine Finger nicht mehr bewegen konnte, rutschte er tiefer und bearbeitete den Knoten mit den Zähnen. Als der Krampf seiner Hände sich gelöst hatte, versuchte er es wieder mit den Fingern. Zwischendurch probierte ich, ob wir einen Erfolg erzielt hatten.
    Phil arbeitete den ganzen Tag. Als der Abend hereinbrach, bluteten Phils Finger und Lippen, und alles, was wir erreicht hatten, war, dass ich die Gelenke ein wenig mehr auseinanderbringen konnte.
    »Gib auf!«, sagte ich.
    »Kommt nicht infrage«, antwortete Phil. »Los! Dreh dich um!«'
    Was er tat, war härter als ein Fünfzehnrundenkampf. Und es dauerte länger.
    Vier Stunden später rutsche das freie Ende aus dem Knoten, und ich konnte die Hände bewegen.
    »Geschafft!«, rief ich leise, aber Phil antwortete nicht. Er war in Ohnmacht gefallen.
    Ich streifte die Fesseln völlig ab, befreite auch den Freund und nahm sein und mein Taschentuch, um seine Hände und seinen Mund vom Blut zu säubern. Er kam wieder zu sich.
    »Du kannst mein Monatsgehalt für einen Schluck Wasser haben«, sagte er rau.
    Ich verstand seinen Wunsch. Ich empfand das gleiche, fast irrsinnige Durstgefühl.
    »Kannst du mitwirken, wenn es losgeht?«
    »In Ordnung, ich erhole mich schon.«
    Ich stieg die kurze Leiter hoch und probierte es, die Luke zu öffnen. Sie gab nicht nach, und ich wusste, dass sie von außen durch einen Riegel gesichert war. Wir konnten ihn nicht sprengen, und selbst, wenn wir es gekonnt hätten, so würde das soviel Lärm gemacht haben, dass das ganze Schiff aufmerksam geworden wäre.
    »Wir müssen sie überrumpeln, wenn sie uns holen«, sagte ich. Ich suchte in dem Gerümpel. Alles, was ich an Brauchbarem fand, war eine kurze Eisenstange. Ich legte sie griffbereit.
    Dann wickelte ich Phil wieder so in die Fesseln ein, dass es aussah, als wäre er gut verpackt. Mich selbst versorgte ich auf die gleiche Weise.
    Eine Stunde verging. Nichts war zu hören als das gleichmäßige Stampfen der Maschine.
    »Vielleicht stehen wir heute Nacht noch nicht auf der Speisekarte«, flüsterte Phil.
    ***
    Dann überstürzten sich die Ereignisse. Es begann mit dem peitschenden Knall eines Schusses, gefolgt von dem Schrei eines Mannes.
    Für einen Augenblick herrschte wieder einmal Totenstille. Dann erwachte das Schiff. Füße trampelten über das Deck. Wir hörten entfernte Schreie.
    Die Luke zu unserem Gefängnis flog auf. Eine Gestalt glitt die Leiter hinunter. Ich wollte schon aufspringen, vernahm aber, dass die Luke zurückfiel
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