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010 - Die Bestie mit den Bluthänden

010 - Die Bestie mit den Bluthänden

Titel: 010 - Die Bestie mit den Bluthänden
Autoren: Larry Brent
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Brücke.
    Traum und Wirklichkeit mischten sich – ein Konglomerat von Gedanken,
Gefühlen und Stimmungen erfüllte Larry. Dann sah und dachte er plötzlich klar.
Es war wie der Blitz, der das Dunkel vor ihm plötzlich spaltete.
    Das Bild! Er sah es deutlich vor sich. Die berauschende Wirkung war vorbei.
Er sah alle Einzelheiten. Und sofort fiel ihm die Veränderung auf. Seine Hände
wurden feucht.
    Es war dasselbe Bild, die gleiche Szene – aber es fehlte etwas. Es wirkte
wie ein großes, helles, unausgefülltes Loch in dem Szenenreichtum, der sich
seinen Blicken bot.
    Die Gestalt des grüngeschminkten Priesters vor der schwarzen, granitenen
Götzenfigur war verschwunden!
     
    ●
     
    Der Mann saß allein in dem düsteren Arbeitszimmer. Alte, seltsame Gemälde
an den Wänden. Die eine Seite des Raumes wurde von einem bis an die Decke
reichenden Bücherregal eingenommen. Die Bände standen so eng beisammen, dass
keine Zeitschrift mehr dazwischengepasst hätte.
    Henri Blandeau hatte einen Stoß von vollgeschriebenen Blättern vor sich
liegen. Der Lichtkegel der altmodischen Schreibtischleuchte riss genau die
Arbeitsplatte aus dem Dunkel. Eine Reihe von fremdartigen Schriftzeichen –
ähnlich Runen – bedeckten das oberste Blatt, das er gerade bearbeitete. Links
neben ihm lag ein Quipu, das man bei einer der toten Frauen gefunden hatte.
    Blandeaus Miene war wie aus Stein gemeißelt.
    Ihn interessierte die Entzifferung der Knotenschrift sehr. Aus einem
anderen Grund jedoch, als Kommissar Fernand Rekon sicher annahm.
    Blandeau war ein zu guter Kenner der Materie, um nicht zu wissen, dass ein
Quipu allein niemals eine vollständige Botschaft darstellen konnte.
    Es war nur Teil einer Nachricht. Die geknoteten Baumwollfäden würden nur
verständlich werden, wenn der Überbringer eines solchen Quipus den mündlichen
Teil der Botschaft aufsagte. Das Quipu selbst drückte nur Zahlen aus. Erst mit
dem mündlichen Teil der Überlieferung wurde die Botschaft klar.
    Wie ein Roboter schrieb Blandeau ganze Zahlenkolonnen untereinander, strich
wieder aus und fügte neue hinzu.
    Er kam auf keinen grünen Zweig, obwohl sich schon einige Anhaltspunkte
abzeichneten.
    Die Mundwinkel des Privatgelehrten waren tief in die Haut eingegraben.
Blandeau sah an diesem Abend im Schein der Lampe älter aus, als er war. Auch an
ihm zehrte die Tatsache, dass einige Verbrechen geschehen waren. Doch auch hier
sah er die Dinge wieder in einem anderen Licht als Kommissar Fernand Rekon.
Blandeau hätte dem Kommissar den Täter nennen können. Er kannte ihn! Doch sein
ungeheuerliches Wissen teilte nur eine einzige Person mit ihm. Und selbst die
ahnte es nur.
    Blandeaus Lippen verzogen sich geringschätzig. Was kümmerte es ihn, ob fünf
oder zehn Menschen dem Messer des unheimlichen Mörders zum Opfer fielen? Er
hasste die Menschen, sie waren ihm gleichgültig. Ihn interessierte nur seine
Arbeit, nur seine Forschungen waren von Wichtigkeit für ihn.
    Er lauschte. Da waren Geräusche im Haus. Seine Schritte gingen hin und her, oben im Zimmer. Dann kam er die
Treppen herunter.
    Blandeau hielt den Atem an.
    Der Unheimliche, dem er seit Wochen Quartier gewährte, der in diesem Haus
über einen geheimen Zugang ein und aus ging, der sich in den Wäldern verbarg,
je nach Laune seines Zustands, befand sich in diesem Augenblick auf der Treppe.
Blandeau hatte sich daran gewöhnt, dass er einen merkwürdigen Gast beherbergte,
und doch fühlte er sich immer etwas unbehaglich bei dem Gedanken, dass er in der Nähe war. Bis zur Stunde hatte
Blandeau nichts zu befürchten gehabt. Es war, als ob der Unheimliche ihn
akzeptiere als Mitwisser und als einen Gleichwertigen. Blandeau war es noch
nicht gelungen, die Psyche des Mörders, den er Tag für Tag studierte, zu
durchschauen.
    Er kämpfte hier mit einem Problem, das ihm niemand abnehmen konnte und das
niemand verstehen würde.
    Die Schritte entfernten sich. Er ging
in den Kellerraum. Das tat er oft. Das teuflische Bild, das in ihm die Geister
einer verborgenen, geheimnisvollen Welt geweckt hatte, faszinierte ihn immer
wieder. Er schien ein Stück einer verlorenen Zeit, seiner Zeit darauf wiederentdeckt zu haben.
    Blandeau wandte seine Aufmerksamkeit wieder den Auswertungen zu und
überlegte, dass es wirklich an der Zeit sei, ihn zum Sprechen zu bringen. Der Privatgelehrte zweifelte keine
Sekunde daran, dass der andere die alten Sprachen beherrschte. Hatte er nicht
auch das Quipu geknotet, drückte es nicht eine
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