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0071 - Mit der letzten Kugel

0071 - Mit der letzten Kugel

Titel: 0071 - Mit der letzten Kugel
Autoren: Mit der letzten Kugel
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Uhr sechsundzwanzig hatte Phil noch die Karten von sechs verdächtigen Leuten vor sich liegen.
    Er traf eine neue Einteilung seiner Leute. Er wusste nur eines sicher: unter diesen sechs befindet sich nach aller Wahrscheinlichkeit der gesuchte Erpresser und Kidnapper. Wenn wir ihn noch rechtzeitig kriegen, will ich Gott im Himmel auf Händen und Knien danken.
    Er pfiff wieder einmal die Leute zurück und setzte je zehn auf jeden einzelnen der Verdächtigen. Das Rennen lief auf unserer Seite immer mehr dem Endspurt zu.
    ***
    »Mrs. Anderson?«, fragte ich.
    Die schwarzgekleidete junge Frau nickte. Sie sah sehr blass aus. Oder schien es nur so durch die schwarze Kleidung?
    »Ich bin Jerry Cotton vom FBI«, sagte ich unbeholfen.
    Sie gab mir ihre schlanke, feste Hand. Etwas saß in meiner Kehle. Sie war nicht älter als höchstens zweiundzwanzig. Vielleicht hatten sie erst vor ein paar Monaten geheiratet. Und jetzt musste sie schwarze Trauerkleidung tragen.
    »Bitte, kommen Sie herein, Agent Cotton.«
    Sie führte mich in ein tadellos aufgeräumtes Wohnzimmer. Alles war an seinem Platz. Nur etwas befand sich im Zimmer, was nicht mehr lange hier sein würde.
    In der Mitte stand der aufgebahrte Sarg von ihrem Mann.
    Captain Ray Anderson war nur wenige Jahre älter als seine Frau. Die wächserne Blässe in seinem starren Antlitz schimmerte gelblich im Licht der acht brennenden Kerzen rings um seinen Sarg.
    »Es tut mir leid«, sagte seine Frau. »Wir haben nur noch das Schlafzimmer…«
    Ich nahm den Hut ab.
    Anderson trug seine beste Uniform. Auf seiner Brust schimmerte der goldene Ehrenschild der State Police.
    Die Frau trat an den Toten heran und legte ihre Hand auf die bleichen Finger des Toten. Ohne Pathos, ohne hörbaren Schmerz sagte sie mit einer tonlosen Stimme: »Das ist mein Mann, Agent Cotton.«
    Ich brachte nichts über die Lippen. Eine Weile herrschte tiefes Schweigen, dann drehte sie sich um und sagte: »Kann ich etwas für Sie tun, Agent Cotton?«
    Ich überlegte nur den Bruchteil einer Sekunde, dann zeigte ich ihr ein Foto der kleinen Lisabell. Familie Harway hatte uns mehrere dieser Bilder zur Verfügung gestellt und wir hatten das Beste ausgesucht und drucken lassen. Jeder von uns trug es bei sich.
    »Das ist Lisabell Harway«, sagte ich leise. »Drei Jahre alt. Sie wurde in der Nacht vom Sonnabend auf den Sonntag von Kidnappern entführt. Wenn wir sie bis gegen zehn Uhr nicht gefunden haben, muss mit dem Schlimmsten gerechnet werden. Denn um zehn verlangen die Kidnapper das Lösegeld und erfahrungsgemäß…«
    Die Augen der Frau weiteten sich entsetzt. Sie tastete nach einem Stuhl und ließ sich darauf niedersinken.
    Es tat mir mehr leid, als ich je werde sagen können, dass ich sie ausgerechnet in diesen Tagen damit behelligen musste. Aber Anderson war tot und kein Mensch konnte ihn wieder lebendig machen.
    Lisabell Harway aber lebte vielleicht noch. Und wir konnten sie vielleicht noch retten. Und deshalb musste ich mit der jungen Witwe über die Sache sprechen.
    »Das ist ja entsetzlich«, seufzte die junge Frau. »Mein Gott, welche Menschen können nur so brutal sein?«
    Ich zuckte die Achseln.
    »Ich weiß nicht, ob das noch Menschen sind, Mrs. Anderson. Aufrechter Gang und ein rasiertes Gesicht machen schließlich nicht den Menschen, meine ich wenigstens. Aber glauben Sie mir, ich würde Sie nicht mit dieser Sache belästigen, wenn es nicht um dieses Kind ginge. Jede andere Sache, und wenn es der Diebstahl einer Million wäre, hätte Zeit. Aber hier…«
    Sie strich mir scheu über die Hand.
    »Sie sind ein guter Mensch«, sagte sie leise. »Und ich will stark sein. Ray hat mir immer gesagt, dass ich es sein muss, wenn ihm einmal etwas zustößt. Und ich wusste ja, dass er bei der Polizei ist. Außerdem erwarte ich ein Baby, Agent Cotton. Da muss ich wohl tapfer sein.«
    Sie faltete die Hände in ihrem Schoß und sah mich voll an.
    »Bitte, sagen Sie mir, was ich für Sie und das Kind tun kann!«
    Ich zog das Abzeichen und hielt es ihr hin.
    »Ist das…«
    Sie drehte es um und las den Prägestempel: »NY-A-3216.« Sie schwieg erschrocken. Dann warf sie mutig den Kopf zurück und sagte: »Jawohl. Es ist das Abzeichen meines Mannes. Ich kenne die Nummer. Es fehlt seit dem Tag, da er überfahren wurde. Wo fanden sie es?«
    Ich milderte die Sache etwas und log: »In einer Garage. Der dazugehörige Wagen könnte einem der Kidnapper gehören. Es ist für mich wichtig zu wissen, wo Ihr Mann überfahren
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