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0071 - Mit der letzten Kugel

0071 - Mit der letzten Kugel

Titel: 0071 - Mit der letzten Kugel
Autoren: Mit der letzten Kugel
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wurde. So leid es mir tut, ich muss diese Frage stellen.«
    Sie nickte und dachte nach. Nach einer Weile fing sie an zu sprechen.
    »Es war morgens gegen halb sieben. Ray hatte frei. Aber wir sind beide Frühaufsteher, und so beschlossen wir, ein bisschen ins Grüne zu fahren. Eigentlich hatten wir es schon seit Wochen vorgehabt, aber es war nie etwas daraus geworden. Ich hatte einen Picknickkorb vorbereitet, den nahmen wir mit.«
    Sie schwieg einen Augenblick. Ich sah, wie sie sich Mühe gab, sich zu beherrschen. Ihre Stimme klang brüchig, als sie fortfuhr: »Es war auf der Straße nach Wayrodds. Das ist ein kleines Dorf auf dem Wege nach Syosset. Man muss vor der Stadt nach links von dem State Highway 25 abbiegen, dann sind es noch ungefähr anderthalb Meilen. Wir hielten ungefähr sechshundert Yards hinter der Abzweigung…«
    Sie schwieg.
    »Was sahen Sie von der Gegend?«, fragte ich sanft.
    Sie rieb sich über die Stirn.
    »Es war eine Wiese, auf der wir saßen, das weiß ich noch. Rechts standen ein paar Bäume. Hinten war ein verfallenes Haus. Ein verlassenes Gehöft oder so etwas. Genau habe ich es nicht beachtet.«
    »Danke, Mrs. Anderson. Danke.«
    Sie stand auf.
    »Finden Sie das Kind, Agent Cotton«, sagte sie eindringlich. »Bitte, finden Sie es!«
    »Ich bete selbst, dass es mir gelingen möge, Ma’am.«
    Ich ging. Ich nahm mir nicht einmal die Zeit, Phil anzurufen. Denn es war nun schon kurz vor neun. Und ich hatte eine weite Strecke vor mir, durch Manhattan, über den East River, durch Queens Borough und dann noch ein Stück auf dem freien Highway.
    Meine Sirene heulte gellend. Mein Fuß kam nicht vom Gaspedal herunter.
    ***
    Samuel Harway hatte das Geld geholt.
    Jetzt stand er im Wohnzimmer und betrachtete die vielen Bündel mit den kleinen Noten. Seine Frau stand neben ihm.
    »Sam«, sagte sie mit zitternder Stimme, »ich verkaufe meinen Schmuck. Meine Pelze. Alles. Du bekommst das Geld.«
    Er runzelte die Stirn.
    »Aber Lydia«, sagte er leise. »Wovon sprichst du nur?«
    Aufschluchzend sank sie in seine Arme. Ihr ganzer Körper bebte.
    »Es wird schon alles gut werden«, versicherte er. »Wir müssen nur daran glauben und Gott ganz fest darum bitten. Sieh, Lydia, er kann es doch gar nicht zulassen, dass einem Kind - einem Kind - etwas - zustö…«
    Er brach ab. Ein trockenes Schluchzen würgte seine Kehle.
    Dann besann er sich, dass es Zeit sei. Die Uhr zeigte neun Uhr elf.
    »Wir müssen das Geld einpacken«, sagte er.
    »Ja«, nickte sie.
    Er holte einen Koffer, der ihm groß genug erschien, und dann schichteten sie gemeinsam die Bündel hinein.
    Fünf-, Zehn- und Zwanzigdollar-Scheine waren es und ein paar Päckchen mit Einsern.
    Er verschloss den Koffer und schrieb auf einen Aufkleber:
    Kennwort Lisabell.
    Seine Schrift war zitterig.
    Sie brachte ihn bis zum Wagen. Ein letztes Mal hielten sie sich eng umschlungen, dann schob er den Koffer in einen Wagen und fuhr ab.
    Zur gleichen Zeit ließ ein Mann namens Ben Johnson seine Gardine zurückfallen, die er ein wenig angehoben hatte, damit er die Straße besser beobachten konnte.
    Mit einem triumphierenden Lächeln machte er sich daran, sich die Schminke aus dem Gesicht zu wischen. Wenig später setzte er sich in seinen Buick.
    ***
    Noch zwei Mann waren ausgeschieden. Die letzten drei hatten kein Alibi, jedenfalls keins, das man hätte in Erfahrung bringen können, ohne sie selbst danach zu fragen.
    Phil pfiff abermals die freigewordenen Leute zurück.
    Um neun Uhr zweiundzwanzig meldete ein Funkstreifenwagen: »Johnson verlässt das Haus.«
    »Auf den Fersen bleiben«, sagte Phil.
    »Okay. - Jetzt überquert er die Straße. Er geht in die Seitenstraße. Dort steht sein schwerer Buick. Johnson geht auf den Wagen zu. Er schließt die Türen auf und setzt sich ans Steuer. Er fährt an. Wir nehmen Verfolgung auf. Melden uns regelmäßig mit Standort und Fahrtrichtung. Haltet Wagen zur Ablösung bereit.«
    »Okay«, nickte Phil.
    Er drückte die Gabel seines Telefons nieder und rief den wartenden G-men zu: »Fünf Wagen in die City. Laufend Standortmeldungen! In jeden Wagen vier Mann! Maschinenpistolen mitnehmen! An das Kind denken!«
    Schon hob er wieder den Hörer ab.
    ***
    Ich raste im Neunzigmeilentempo durch den Südzipfel von Manhattan auf die Williamsburg Bridge zu. Über die Grand Avenue in Queens und den Long Island Exparkway würde ich den Highway 25 erreichen.
    Vielleicht hatte man dort besseres Fahren. Hier waren die Straßen zu
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