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0051 - Das Schiff der toten Seelen

0051 - Das Schiff der toten Seelen

Titel: 0051 - Das Schiff der toten Seelen
Autoren: Susanne Wiemer
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erreichen und ein Schiff zu finden. Wenn wir es nicht schaffen, werden wir alle umkommen…«
    Alphart nickte nur.
    Langsam gingen sie zur anderen Seite der Senke hinüber – dorthin, wo Gaspard Navarre mit grauem Gesicht seine Befehle gab. Ein paar Dutzend nur waren entkommen – Gestalten in blutigen, staubbedeckten Rüstungen, mit zerhauenen Schilden und geborstenen Speeren. Verängstigt drängten sich die Pferde aneinander, beschädigt und zum Teil verkohlt waren die wenigen Wagen, deren Ladung man aus dem Hexenkessel hatte retten können. Aber allmählich wich die Panik, schien Gaspards heisere Stimme die Flamme der Entschlossenheit von neuem anzufachen, und es dauerte nur noch Minuten, bis sich der geschlagene, hoffnungslose Rest des stolzen Kreuzfahrerheeres wieder formiert hatte.
    Es war ein trauriger Zug, der sich langsam und schleppend in Richtung auf das Meer zu bewegen begann.
    Ein Zug der Verlorenen…
    Nur die Sterne wußten, ob sie dieser tödlichen Falle entkommen, ob sie je ihre Heimat wiedersehen würden. Doch die Sterne schwiegen…
    ***
    Zamorra stand wie gelähmt.
    Sein Herz hämmerte, etwas schien sich von innen her in seine Magenwände zu krallen. Hart krampfte sich seine Rechte um den Schwertgriff – und in der gleichen Sekunde brach der Dämon in ein wildes, teuflisches Gelächter aus.
    Mit einem jähen Ruck warf er den weißen Kreuzfahrermantel von den Schultern, schüttelte das Haar, das fast unmerklich seine Farbe verloren hatte und stumpf und grau wirkte wie Felsgestein. Gelbe Lichter tanzten in den zu Schlitzen verengten Augen, die Lippen verzerrten sich. Das waren nicht Albans Züge, aber es war auch nicht das Gesicht Leonardo de Montagnes, nicht das Gesicht des jungen Kreuzfahrers, dem Zamorra in dieser längst versunkenen Zeit begegnet war. Ein Zerrbild grinste die drei schreckensstarren Menschen an. Leonardos Dämon, sein anderes, düsteres Ich, die Verkörperung des Bösen in ihm – die Nachtseite seiner Seele. Immer noch gellte das wahnwitzige Höllengelächter, wurde zum teuflischen Kichern, versiegte – und die Stimme des bösen Geistes dröhnte über das Steinplateau wie fernes Donnerrollen.
    »Ihr Narren!« schrie er. »Ihr elenden Erdenwürmer, die ihr mich besiegen wolltet! Habt ihr euch eingebildet, stärker zu sein als ich? Habt ihr wirklich geglaubt, es würde euch gelingen, mich in Leonardos Körper zurückzuverbannen? Frei bin ich nach wie vor! Frei, frei…«
    Triumphierend warf er bei den letzten Worten den Kopf in den Nacken. Seine Augen funkelten, schienen zu sprühen. Mit jeder Faser spürte Zamorra die dämonische Ausstrahlung, den Hauch des Bösen, und er fragte sich verzweifelt, wie das möglich war nach allem, was sie getan hatten.
    Alban, dachte er.
    Alban de Bayard hatte den Dämon in seiner Dimension zum Kampf herausgefordert um zu verhindern, daß er Leonardo beistehen konnte. Aber der Dämon hätte sterben müssen in der Sekunde, in der Zamorra den »Stern des Morgenlandes« dem Kalifen zurückgab. Wie war es möglich, daß Alban den Kampf verloren hatte? Wie…
    »In die Hölle wolltet ihr mich schicken!« stieß der Dämon mit einer Stimme hervor, die dem haßerfüllten Zischen einer Schlange glich. »In Leonardos Körper sollte ich sterben, mit Leonardos Seele sollte ich der ewigen Verdammnis im Schattenreich des Satans anheimfallen. Narren seid ihr! Und ein Narr war Alban, als er mir ohne das Schwert des Feuers gegenübertrat, weil er glaubte, mein Sieg über ihn werde nur von kurzer Dauer sein. Für immer ist er besiegt! Alban de Bayard habe ich statt meiner in den Körper Leonardos verbannt. Alban de Bayard wird an meiner Stelle den Weg der Verdammnis gehen. Und ich bin frei, für immer frei…«
    Zamorra hatte das Gefühl, als würge eine unsichtbare Faust an seiner Kehle.
    Schlagartig begriff er. Begriff, daß der Dämon immer noch nicht besiegt war, daß dem Geist Alban de Bayards ein furchtbares Schicksal drohte – und begriff auch die Gefahr für Nicole Duval, Bill Fleming und sich selbst. Sie konnten die Reise durch die Zeit nicht ohne Alban de Bayard antreten. Nie würden sie ohne seine Hilfe den Weg finden. Die Pforte zwischen den Dimensionen würde ihnen verschlossen bleiben, sie waren Gefangene einer fremden Zeit und hoffnungslos abgeschnitten von ihrer Welt und ihrem Leben.
    Die triumphierend verzerrte Fratze des Dämons verriet, daß er es wußte, daß es genau dieses Schicksal war, das er seinen Feinden zudachte – und selbst
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