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0051 - Das Schiff der toten Seelen

0051 - Das Schiff der toten Seelen

Titel: 0051 - Das Schiff der toten Seelen
Autoren: Susanne Wiemer
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lesen konnte, mit eigenen Augen zu sehen: Das Heerlager der Kreuzritter, die Pracht des Kalifenpalastes, den mörderischen Kampf zwischen Christen und Arabern. Aber vor allem war das Abenteuer gefährlich gewesen, es kam ihm immer noch wie ein böser Traum vor – und genau wie die anderen hatte er keinen anderen Wunsch, als so schnell wie möglich wieder in die vertraute Welt des zwanzigsten Jahrhunderts zurückzukehren.
    »Hoffentlich geht alles gut«, brummte er. »Die Irrfahrt durchs Mittelalter hat mir gereicht. Wenn ich daran denke, daß wir jetzt auch noch durch diese sogenannte Dimension der Finsternis müssen…«
    »Dimension der Finsternis und des Lichts«, verbesserte Zamorra lächelnd. »Es gibt nicht nur böse Geister, nicht nur dunkle Mächte. Alban de Bayard zum Beispiel hat immer für das Gute gekämpft. Und selbst in seinem ewigen Schlaf in der Gruft der Adlerburg hütet er noch das Schwert des Feuers, das Symbol des Guten…«
    Bill zuckte die Achseln. Ein skeptischer Seitenblick streifte die Waffe an Zamorras Hüfte. Aus einem Impuls heraus legte der Professor die Rechte an den Schwertgriff – und kaum daß er das kühle Metall berührte, ergriff ein Gefühl wie eine böse Ahnung von ihm Besitz.
    Er preßte die Lippen zusammen.
    Sein Blick hing an der hochaufgerichteten Gestalt in dem Kreuzfahrermantel, an dem Gesicht, das er im fahlen Zwielicht nicht erkannte. Alban trat zurück, verschwand für einen Moment aus dem Blickfeld der drei Menschen, die über die endlose Treppe der Pyramide aufwärts stiegen. Fast unmerklich zögerte Zamorra. Ganz deutlich erinnerte er sich daran, wie er hier neben Alban gleichsam aus einem Traum erwacht war, nach der langen Reise durch die Dimension der Geister und Dämonen wieder Gestalt angenommen hatte. War auch damals die Spitze der Pyramide in diese Aura aus gelbem, schwefligem Licht gehüllt gewesen? Hatte er die gleiche Drohung gespürt? Die gleiche Ausstrahlung des Unheimlichen? Seine Finger krampften sich um den Schwertgriff. Eben noch war er seiner Sache sicher gewesen, hatte sich bereits ganz auf die Rückkehr in die vertraute Welt konzentriert – und jetzt spürte er die Gefahr mit jeder Faser.
    Die Spitze der Pyramide…
    Silbrig schimmerte das Plateau, Albans Gestalt hob sich von einem schwarzen Himmel ab, an dem die Sterne wie Brillanten auf dunklem Samt funkelten. Der Kreuzfahrer wandte ihnen den Rücken, sein langer weißer Mantel flatterte im Wind. Zamorra blieb stehen, und undeutlich nahm er wahr, daß auch Bill und Nicole hinter ihm wie gebannt verharrten.
    »Alban?« rief er gedämpft.
    Und lauter: »Hörst du mich, Alban de Bayard?«
    Der seltsame gelbliche Schimmer nahm zu.
    Nicht mehr silbern, sondern in schwefligem Goldglanz schienen die Steine der Pyramide zu leuchten. Ein hoher, singender Ton hing plötzlich in der Luft, metallisch wie von straff gespannten Drähten.
    Ganz langsam wandte der Mann in dem weißen Mantel sich um.
    Zamorra sah sein Gesicht – und er hatte das Gefühl, als greife eine eiskalte Faust nach seinem Herzen.
    Das war nicht mehr das edle, männliche Antlitz von Alban de Bayard.
    Es war die verzerrte Fratze des Dämons…
    ***
    Wie Donnerrollen verebbte der hundertfältige Hufschlag.
    Die Nacht schien widerzuhallen, aus dem abklingenden Dröhnen stachen Schreie hervor, brach Waffengeklirr und schrilles, gepeinigtes Wiehern. Tief sanken die Hufe der Pferde in den trügerischen Sand; wie Gespenster keuchten und schwankten die Tiere hinaus in die Wüste. Ein Hagel von Pfeilen und Lanzen prasselte auf die Fliehenden herab, klirrten gegen Brünnen, Helme und auf den Rücken geworfene Schilde. Wild gellte ein Todesschrei. Mit dem Pferd stürzte die Gestalt in der schimmernden Rüstung in den Sand, geisterhaft fahl sank das weiße Banner zu Boden. Jäh wurden links und rechts die dahinjagenden Pferde hochgerissen, und ein Dutzend Kehlen nahmen den Schrei auf, formten ihn zum Namen und trugen ihn weiter bis zur Spitze des Zuges.
    »Bertrant Dalarme…«
    »Bertrant fiel!«
    »Bertrant Dalarme gefallen…«
    Mit einer wilden Bewegung riß Leonardo de Montagne sein Pferd herum. Sein Blick glitt über die Ebene, über Tote und Sterbende, herumirrende Männer, reiterlose Tiere und Pferde, die in Todesangst schrien, weil sie bis zum Widerrist in dem tückischen Flugsand eingesunken waren. Weit hinten auf den Hügeln glommen Hunderte von Fackeln wie eine unheimliche Perlenkette. Das Heer des Kalifen verhielt, verzichtete auf die
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