Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0051 - Das Schiff der toten Seelen

0051 - Das Schiff der toten Seelen

Titel: 0051 - Das Schiff der toten Seelen
Autoren: Susanne Wiemer
Vom Netzwerk:
Türen, er schleicht herum, er verschwindet, wenn ich nachsehe.«
    Der Butler schluckte und atmete tief durch. »Ich weiß nicht, wer es ist«, vollendet er. »Aber ich weiß auf jeden Fall, daß er nicht hierher gehört.«
    Pierre Malice runzelte die Stirn.
    »Ein Einbrecher?« fragte er zweifelnd.
    »Bestimmt nicht, Commissaire. Dafür weiß er zu gut Bescheid. Er scheint jeden Winkel hier zu kennen.«
    »Jemand vom Personal vielleicht? Einer von denen, die im Dorf wohnen?«
    »Ich weiß es nicht. Und ich glaube es auch nicht. Um das herauszufinden, habe ich Sie ja angerufen.«
    Malice nickte entschlossen.
    Ein Einbrecher, irgendein Angestellter, der das Schloß nicht wie üblich abends verließ, sondern sich heimlich in den Räumen herumtrieb – das war wenigstens etwas, das sich greifen ließ, dem man mit Energie und gesundem Menschenverstand beikommen konnte. Der Kommissar winkte seinen Leuten, gab eine Reihe von knappen, präzisen Befehlen. Er kannte das Schloß, er war schon mit Zamorras Onkel, Louis de Montagne, befreundet gewesen, und deshalb fiel es ihm nicht schwer, eine systematische und einigermaßen gründliche Durchsuchung des weitläufigen Gebäudekomplexes zu organisieren.
    Irgendeinen Erfolg hatte die Aktion allerdings nicht.
    Was sich bestätigte, war Raffaels Verdacht, daß es bei dem Verschwinden von Nicole und Bill nicht mit rechten Dingen zugegangen sein konnte, denn beide hatten sämtliche Papiere einschließlich Führerscheinen zurückgelassen. In Begleitung des alten Dieners stieg Pierre Malice sogar in den Keller hinab. Sie fanden nichts. Die Tür mit dem Wappen der Montagnes war abgeschlossen – aber hinter dieser Tür, so versicherte Raffael, könne sich niemand verstecken, da es nur zwei Schlüssel gebe: einen, den Professor Zamorra stets bei sich trage, und einen, nach dem der Schloßherr schon vergeblich gesucht habe und den die beiden Verschwundenen offenbar mitgenommen hätten.
    »Falls der unbekannte Eindringling ihn nicht gestohlen hat«, schränkte Malice ein.
    Raffael mußte ihm recht geben – doch das half ihnen nicht weiter, da der Kommissar keine rechtliche Grundlage sah, um die Tür aufzubrechen. Jedenfalls nicht, solange es keinen definitiven Beweis dafür gab, daß sich ein Einbrecher im Schloß herumtrieb. Die beiden Männer verließen den Keller, kehrten in die Halle zurück, und dort hatten sich inzwischen auch die anderen wieder eingefunden.
    Alle – bis auf einen jungen Beamten namens Claude Debrel.
    Er kam auch in den nächsten zehn Minuten nicht. Ungeduldig blickte Pierre Malice zur Uhr, dann schickte er zwei seiner Leute los, um Debrel zu suchen. Der junge Mann war zuletzt im oberen Stockwerk gesehen worden. Seine Kollegen wollten hinaufgehen – doch schon im nächsten Moment erwies sich das als überflüssig, da Claude Debrel wie auf ein Stichwort hin auf der Galerie oberhalb der Treppe auftauchte.
    Er sah blaß aus.
    Langsam, mit abwesendem Gesicht kam er die Stufen hinunter. Pierre Malice spürte, daß etwas nicht stimmte, und blickte seinem Untergebenen aus schmalen Augen entgegen.
    »Was ist los, Claude?« fragte er. »Sie sehen aus wie…«
    Debrels Kopf ruckte herum.
    Er starrte den Kommissar an.
    Langsam zog er die Lippen von den Zähnen, seine Finger krümmten sich – und ein fauchender, fast tierischer Laut kam aus seiner Kehle.
    »Claude!« rief Malice erschrocken – doch da stürzte sich der junge Beamte schon auf ihn wie ein Raubtier, das seine Beute anspringt.
    Malice war zu überrascht, um schnell genug zu reagieren.
    Er wollte zurückweichen – aber da schlossen sich Debrels Hände bereits um seine Kehle. Wie stählerne Klauen drückten die Finger zu. Malice bäumte sich auf, schlug um sich, lief blau an – und das war so schnell gegangen, daß die anderen Beamten erst jetzt die Gefahr begriffen.
    Da allerdings handelten sie sofort.
    Drei, vier Männer sprangen auf Debrel zu und versuchten, ihm die Arme herunterzureißen. Sie schafften es nicht. Malices Augen quollen vor, er brach auf die Knie. Debrel schien sein Opfer mit geradezu übermenschlicher Kraft zu würgen – und sein Griff lockerte sich erst, als einer der anderen auf die Idee kam, ihm einen genau dosierten Handkantenschlag in den Nacken zu versetzen.
    Die Muskeln des jungen Polizisten erschlafften.
    Stöhnend brach er zusammen, dabei ließ er sein Opfer los, und Raffael Bois fing gedankenschnell den stürzenden Körper des Kommissars auf. Malice rang verzweifelt nach Luft. Nur
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher