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0050 - Der Stein des Satans

0050 - Der Stein des Satans

Titel: 0050 - Der Stein des Satans
Autoren: Susanne Wiemer
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Es kann dich vernichten, aber es kann dich auch schützen…«
    Leonardo bückte sich.
    Er hob das Amulett auf – und er glaubte, aus einem Traum zu erwachen, kaum dass er es berührte. Verwirrt, voll ungläubiger Überraschung sah er, wie sich vor ihm ein Fremder auf den Rücken eines riesigen Rappen schwang. Mit einem einzigen Blick erkannte er den Brillanten in der Hand des anderen, seine Rechte zuckte zum Schwertgriff – doch da jagte der schwarze Hengst bereits davon, als könne er fliegen.
    Leonardo de Montagne blieb zurück.
    Die Erinnerung an die letzten Minuten war klar und scharf in sein Gedächtnis geprägt. Der Fremde hatte seine Gedanken gelesen, hatte seinen Entschluss gekannt, auf Château Montagne eine Kapelle für den gefallenen Raymond Navarre zu errichten, und hatte ihm eine düstere Zukunft vorausgesagt. Er, Leonardo, hatte den anderen zu töten versucht, um sich selbst zu beweisen, dass diese Prophezeiungen aus der Luft gegriffen waren. Aber stattdessen hatte er das Schwert in die Scheide gesteckt, den kostbaren Brillanten aus dem Zelt geholt und ihn aus der Hand gegeben. Das alles wusste er – aber so sehr er sich auch das Hirn zermarterte, er fand keine Erklärung für seine Handlungsweise.
    Zauber? Magie?
    Besaß dieser Fremde die Macht, andere mit seinem Willen zu lenken? Und kannte er vielleicht wirklich die Zukunft?
    Leonardo wandte sich ab und ging langsam zurück zu den Zelten.
    Zum ersten Mal fühlte er Angst vor diesen dunklen, unbekannten Kräften in sich selbst. Und es war eine Angst, die ihn nie mehr verlassen würde…
    ***
    Wie eine Vision schimmerten die weißen Mauern des Palastes durch die Dunkelheit.
    Zamorras Uhr zeigte zwei Stunden vor Mitternacht – zwei Stunden Zeit, um Alban de Bayard zu erreichen und die Reise zurück in die Gegenwart anzutreten. Gegenwart, wiederholten Zamorras Gedanken – was war das überhaupt? Die Zeit verrann nicht wie ein Strom. Nichts versank im Dunkel, nichts war endgültig und unwiderruflich abgeschlossen. Die Zeit war nichts weiter als eine vierte Dimension, und wenn man den Schlüssel besaß, konnte man sie durchmessen, genau wie man tief in die Zeit zurückblickte, wenn man nachts die Sterne sah, deren Licht Jahrmillionen brauchte, um die Erde zu erreichen…
    Mit einem tiefen Atemzug glitt Zamorra vom Rücken des Pferdes.
    Waffen klirrten. Schattenhaft bewegten sich Gestalten auf den Wehrgängen über dem Tor. Zamorra blieb ruhig stehen, horchte auf das erregte Gemurmel in der fremden Sprache, und nach ein paar Sekunden öffnete sich vor ihm knarrend das große Tor.
    Er schritt hindurch. Wortlos traten von links und rechts Männer an ihn heran, die ihn über den Hof mit den Marmorplatten und den plätschernden Springbrunnen geleiteten. Vergoldete Gittertore klirrten, schlanke Säulen leuchteten im Mondlicht. Überall in den dunklen Winkeln gab es Bewegung, flüsterten erregte Stimmen und beobachteten neugierige Augen, und schließlich öffnete sich hinter einem der weißen Torbögen der Saal, in dem Zamorra dem Kalifen zum ersten Mal gegenübergetreten war.
    Nur wenige bewaffnete Männer standen an den Wänden – die Leibgarde vermutlich.
    Achman saß zurückgelehnt auf seinem Thron, die Augen gespannt auf den Ankommenden gerichtet. In seinem dunklen, hageren Gesicht lag ein lauernder Zug – und Zamorra spürte instinktiv, dass die Gefahr noch längst nicht gebannt war.
    Er trat dicht an die grün- goldenen Stufen heran, die zu dem Thron hinaufführten.
    So dicht, dass notfalls ein Sprung genügen würde, um den Kalifen zu erreichen und…
    »Was bringst du, Fremder?«, fragte Achman mit ausdrucksloser, verschleierter Stimme.
    Zamorra neigte den Kopf.
    »Den ›Stern des Morgenlandes‹ bringe ich.« Ruhig griff er in die Tasche, nahm den Brillanten heraus und reichte ihn dem Herrscher.
    »Ich versprach, ihn zurückzuholen, ich holte ihn zurück. Jetzt löse auch dein Versprechen ein, Achman! Gib meinen Freunden die Freiheit zurück und lass uns ziehen!«
    In den Augen des Kalifen schienen winzige Funken aufzuglimmen.
    Er wog den Stein in der Hand. Für einen Moment schien er wie versunken in den Anblick des klaren, funkelnden Feuers, das von dem Brillanten ausstrahlte, dann legte er ihn mit einer ruhigen Bewegung auf einen kleinen Tisch neben sich. Als er den Kopf hob, hatten sich seine Lider halb gesenkt, und sein Blick funkelte.
    »Wahrlich, du musst ein großer Magier sein, wenn es dir gelang, den Stein aus dem Heerlager der
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