Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0050 - Der Stein des Satans

0050 - Der Stein des Satans

Titel: 0050 - Der Stein des Satans
Autoren: Susanne Wiemer
Vom Netzwerk:
aber er erinnerte sich, schon schrecklicheren Untieren auf kürzere Entfernung gegenübergestanden zu haben. Dies hier war eine Nervensache, eine Frage von Kaltblütigkeit und sicherer Hand. Es tat ihm Leid um die herrlichen Tiere, aber er hatte keine Wahl. Ruhig zielte er über Kimme und Korn, visierte ein glühendes Auge an und drückte ab, ohne die Waffe auch nur um einen Inch zu verreißen.
    Der Schuss peitschte in die atemlose Stille.
    Jäh bäumte sich der Panther auf, in den Nachhall des Knalls mischte sich der vielstimmige Schrei der Zuschauer, für die das Geschehen eine schreckliche Demonstration übernatürlicher Mächte war. Achman sprang erregt von seinem Sitz auf. Die Panther, gereizt von dem Geschrei, jäh aufgestört von Lärm und Blutgeruch, duckten sich fauchend gegen den Boden und drehten sich um sich selbst.
    Zamorra visierte, suchte ein Ziel – und dann wartete er, weil ihm erst jetzt blitzartig klar wurde, dass er nur sechs Schuss hatte und mit jeder Kugel hundertprozentig treffen musste.
    Das Geschrei erstarb.
    Wieder senkte sich die atemlose Stille herab – nur durchbrochen von unruhigem Fauchen und Scharren. Einer der Panther hob den schönen Kopf, spähte zu dem einsamen Mann hinüber, hinter dem sich längst wieder das schwere Tor geschlossen hatte. Ganz kurz glitt Zamorras Blick über die glatten weißen Mauern, die den Kampfplatz zu einer ausweglosen Falle machten. Schweiß prickelte auf seiner Stirn. Ruhig visierte er das Tier an, das wie zu einem Standbild erstarrt verharrte – und Sekundenbruchteile später traf der zweite Schuss genauso präzise wie der erste.
    Mit dem Aufschrei der Menge löste sich eine der Katzen aus dem zusammengedrängten Pulk.
    Eine zweite folgte, rasend gemacht von Schüssen, Schreien und Blut, und die beiden letzten wandten sich unter wildem Fauchen gegeneinander. Zamorra wusste, dass jetzt das geschah, was jeder berufsmäßige Dompteur wie die Pest fürchtete: Der Ausbruch einer der wilden, blutigen Rangkämpfe aller gegen alle, die auch den Menschen, den Ranghöchsten, nicht verschonten. Mit zusammengebissenen Zähnen zielte er. Peitschend brach sich der Schuss zwischen den Mauern, das angreifende Raubtier wurde mitten im Sprung gestoppt und warf sich zuckend zur Seite. Im nächsten Sekundenbruchteil schnellte Zamorra nach rechts. Er glaubte förmlich, den heißen Atem des zweiten Panthers zu spüren. Gleichzeitig mit dem Tier wirbelte er herum – eine fast synchron anmutende Bewegung. Der Panther war nahe genug, um ihn auch in der Bewegung zu treffen. Zamorras vierte Kugel erwischte ihn genau zwischen den gelben Raubtierlichtern, und mit einem letzten, wilden Zucken peitschte die Pranke der verendenden Katze dicht vor seinen Füßen den Boden.
    Die beiden letzten Tiere hatten sich in einem Kampf von mörderischer, urwelthafter Wildheit ineinander verbissen.
    Ruhig ging Zamorra auf sie zu. Er wusste, dass es ihm nichts nützte, zu warten – Tiere töteten ihre Artgenossen nicht im Kampf, oder allenfalls dann, wenn sie in langer Gefangenschaft degeneriert waren. Drei, vier Yard vor den rasenden Bestien blieb er stehen, und er konnte sorgfältig und unbehelligt zielen, weil die Panther im Augenblick keine Notiz von ihm nahmen.
    Ein schneller Schuss.
    Eine der Katzen wurde getroffen zu Boden geschleudert, die zweite warf fauchend den Kopf und duckte sich zum Sprung. Zamorra feuerte noch einmal – und nach dem Peitschen des Schusses und dem fauchenden, fast menschlichen Schrei des verendenden Panthers sank eine Stille herab, in der man eine Stecknadel hätte fallen hören.
    Rauch kräuselte sich vor der Mündung des leer geschossenen Revolvers.
    Zamorra ließ ihn in die Linke wechseln, ging zu dem Schwert zurück und schob es wieder in die Scheide. Dann machte er ein paar Schritte nach vorn, verharrte vor dem Thronsitz und blickte zu Achman hinauf, der ihn in atemlosem – und jetzt auch erschrockenem Staunen anstarrte.
    »Ihr wolltet den Beweis, ihr habt ihn bekommen«, sagte Zamorra ruhig. »Lasst uns ziehen, Achman! Ihr habt mein Wort, dass wir alles versuchen werden, Euch den ›Stern des Morgenlandes‹ zurückzubringen.«
    Der Kalif presste die Lippen zusammen.
    Gemurmel erhob sich, erregtes Flüstern, in dem Angst und Ehrfurcht mitschwangen. Einer der Heerführer neigte sich zu Achmans Ohr, doch der Kalif wehrte ihn mit einer ungeduldigen Geste ab und stand auf. Sein Gesicht wirkte versteinert, und die Worte dröhnten wie Hammerschläge.
    »Deine
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher