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0050 - Der Stein des Satans

0050 - Der Stein des Satans

Titel: 0050 - Der Stein des Satans
Autoren: Susanne Wiemer
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– es gibt Formeln und Bannsprüche, die kein menschliches Wesen kennt und die ihn zwingen werden, mit mir zu kämpfen. Im Reich der Finsternis werden wir uns begegnen, und du wirst Leonardo treffen können, ohne dass übermenschliche Kräfte ihm helfen. Noch heute Nacht, Freund! Die Kreuzfahrer haben ihr Heerlager nicht weit von hier aufgeschlagen. In einer Stunde kannst du dort sein.«
    Zamorra nickte langsam.
    Seine Rechte senkte sich auf den Schwertgriff. Er wollte Alban die Waffe zurückgeben – doch der Kreuzritter schüttelte den Kopf und lächelte.
    »Behalte das Schwert, Zamorra! Du wirst es brauchen. Vergiss nicht, dass Leonardo das Amulett trägt.«
    »Und du, Alban?«
    »Tote sind nicht mehr sterblich. Mir kann nichts geschehen, als dass der Dämon mich zu seinem Diener macht. Und auch das wird nicht passieren: Denn in dem Augenblick, in dem du Achman den ›Stern des Morgenlandes‹ zurückgibst, hast du den Dämon vernichtet.«
    Zamorra biss sich auf die Lippen.
    Für einen winzigen Moment zögerte er, spürte er wie einen Hauch die Ahnung der Gefahr und die Stimme seines Instinkts, der ihn warnte. Aber dann dachte er an Bill und Nicole, die verloren waren, wenn er es nicht schaffte, und begriff, dass er keine Wahl hatte.
    »Danke, Alban«, sagte er rau. »Ich hoffe, dass wir den richtigen Weg gehen.«
    »Es ist der richtige Weg. Beeil dich! Um Mitternacht erwarte ich dich hier mit deinen Freunden. Wir werden zurückfahren durch die Zeit…«
    Bei den letzten Worten begann seine Gestalt zu verblassen.
    Der weiße Kreuzfahrermantel wurde durchsichtig, das Mondlicht schien seinen Körper zu durchdringen und die Konturen aufzulösen. Sekundenlang schimmerte noch eine helle Aura, dann schwand auch sie – und es war, als habe die Nacht Alban de Bayard verschlungen.
    Zamorra schauerte leicht.
    Immer noch spürte er diese düstere, beklemmende Ahnung von kommendem Unheil. Sein Herz hämmerte – aber er wusste, dass er keine Wahl hatte, als den Weg bis zum Ende zu gehen. Langsam, fast widerstrebend wandte er sich ab, stieg wieder die Treppe hinunter und erreichte den Fuß der Pyramide, wo der schwarze Hengst wartete.
    Der Griff in die Mähne, der geschmeidige Sprung auf den Pferderücken, während das Tier antrabte – fast waren es schon vertraute Bewegungen.
    Zamorra starrte in die Wüstennacht hinaus, und unwillkürlich tastete seine Rechte nach dem Griff des Schwertes. »Lauf, Nachtwind«, murmelte er. »Bring mich zu Leonardo…«
    ***
    Blutige, zerfetzte Banner wehten über dem Heerlager der Kreuzfahrer.
    Ein Holzstoß glomm – feierlich war der Leichnam Raymond Navarres den Flammen übergeben worden. Sein Bruder Gaspard führte die Reste des Heeres: Im Feldherren-Zelt hatte er mit Leonardo und den anderen Führern beraten. Sie waren in die Wüste ausgewichen, hatten sich verborgen – aber sie wussten, dass sie keinem neuen Angriff Achmans standhalten konnten. Gaspard Navarre hatte den Helm abgelegt und starrte zu der Stelle, wo eine Lanze die Leinwand des Zelts zerrissen hatte.
    »Die Hälfte der unsren fiel«, sagte er dumpf. »Raymond starb und Camelo, Richard und alle, die uns von Anjou und Orleans folgten. Keiner wäre entkommen, wenn du Achmans Rückzug nicht erzwungen hättest, Leonardo. Verzeih mir, dass ich nur eine Sekunde an deine Flucht glaubte.«
    Leonardo neigte den Kopf. »Gefährlich war es und ungewiss. Wäre es anders ausgegangen, ich hätte die Schuld getragen und mich verflucht…«
    »Es ging aus, wie es sollte. Jetzt müssen wir zum Meer, müssen versuchen, Schiffe zu finden. Man soll nicht Leben opfern, wo es sinnlos ist. Unser Blut könnte Achman nicht hindern, gegen Jerusalem zu rüsten.«
    Leonardos Augen funkelten auf. »Unser Blut nicht, aber wohl unsere Flucht! Wir beraubten Achmans Schatzkammer, er wird es nicht hinnehmen. Solange er auf unserer Fährte ist, bleibt den Brüdern in Jerusalem Zeit, sich vorzubereiten.«
    »So ist es. – Geht jetzt zur Ruhe! Der Tag wird lang, und wann uns das Schicksal wieder ungestörten Schlaf gönnt, steht in den Sternen…«
    Schweigend gingen die Heerführer auseinander. Leonardo verharrte einen Moment in der Dunkelheit vor dem Zelt. Sein Blick glitt über die blutigen Banner, die Feier, den glimmenden Holzstoß. Er dachte an Raymond Navarre, an den Grafen von Camelo, an all die anderen Toten. War es so, wie Raymonds Bruder sagte? Hatte sein Überfall auf den Kalifenpalast das Heer gerettet – oder trug auch er Schuld an dem
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