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0048 - Ausflug ins Jenseits

0048 - Ausflug ins Jenseits

Titel: 0048 - Ausflug ins Jenseits
Autoren: Walter Appel
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den schwarzen Tapeten, die silberne Zeichen und magische Symbole aufwiesen, war kaum noch ein Fleckchen frei.
    Vor dem imitierten Kamin lag ein fetter schwarzer Kater, der uns nur kurz mit einem Auge musterte. Auf dem Wandbord standen allerlei Werke über Astrologie und alle möglichen magischen Künste.
    Madame Melisandra wies auf ein verschossenes Plüschsofa, das wir erst Freiräumen mussten, und nahm selber in einem Ohrensessel Platz.
    »Schießt los. Worum handelt es sich? Sie haben am Telefon nichts weiter erwähnt, Professor Melibocus.«
    Bevor der Professor mit seinen weitschweifigen Schilderungen anfing, umriss ich kurz die Sachlage. Schließlich wollte ich gern vor Mitternacht von hier wegkommen.
    »Hundert Pfund«, sagte Madame Melisandra entschieden. »Und Sie erfahren alles, was Sie wissen wollen.«
    »Aber verehrte Freundin…«, begann der Professor.
    Madame schnitt ihm das Wort ab.
    »Papperlapapp, Professor. Ich habe meine Preise. Der junge Mann da arbeitet für New Scotland Yard, der Staat hat genug Geld. Aber selbstverständlich gebe ich das Geld zurück, falls ich Sie nicht zufrieden stellen kann. Wir werden uns einigen. Sogar der Innenminister und Lord…« – sie nannte ein Mitglied des Oberhauses - »zählen zu meinen Kunden. Und viele andere.«
    »Deshalb ist England vermutlich auch so schlecht dran«, konnte ich mir nicht verkneifen zu sagen. Ich griff unters Sportjackett. »So ein Pech, jetzt habe ich doch meine Brieftasche vergessen. Regeln Sie das, Professor.«
    Ich hatte die Brieftasche bei mir, wollte aber erst abwarten. Falls sich aus dieser Angelegenheit ein Fall entwickelte, konnte ich über Spesen abrechnen. Wenn alles eine Ente war, dann sollte Professor Melibocus dafür berappen.
    Er zahlte ohne viel Widerstand. Madame Melisandra strich die Scheine schnell ein.
    »Jetzt wollen wir erst einen trinken«, sagte sie, erhob sich und schlurfte ins Nebenzimmer.
    Sie kehrte mit einer Flasche Gin und vier nicht besonders sauberen Gläsern zurück. Sich selbst goss sie eine Portion ein, die für ein rundes Promille reichte.
    Ich nippte, das Zeug brannte wie Säure. Professor Melibocus goss den Inhalt seines Glases auf einen Zug hinunter. Danach begann seine immense Nase zu tanzen und zu wackeln. Zwei einsame Tränen flossen über sein langes Gesicht.
    »Das ist ein Tröpfchen, was?« sagte Madame ungerührt. »Fangen wir mit der Arbeit an. Die Black Lady und die Dämonin Asmodara also, soso. Sind Sie sicher, dass Sie sie auch finden wollen? Manchmal erlebt man da Überraschungen.«
    »Wie das?« fragte ich.
    »Nun, eine Frau aus der Nachbarschaft bat mich vor anderthalb Jahren, mit meinen hellseherischen Fähigkeiten nach ihrem vermissten Mann zu forschen. Mit meiner Hilfe konnte er tatsächlich in Liverpool gefunden werden. Er kehrte auch zurück, und seitdem grüßt diese Frau nicht mehr.«
    »Fangen Sie schon an, Madame Melisandra«, bat ich.
    Sie kicherte.
    »Nicht so hastig, Jungchen. Die jungen Leute sind immer so schrecklich ungeduldig. Dir sehe ich an, dass du etwas Besonderes bist. Ein Hauch von Gefahr umgibt dich. Hinter deiner Sonnyboypose verbirgt sich allerhand. Ich glaube gar, du bist ein Kämpfer des Lichts, du stehst gegen die dunklen Mächte? Kann ich mal deine Handlinien sehen?«
    »Schauen Sie lieber in Ihre Kristallkugel.«
    »Wie du meinst. Später vielleicht.«
    Hinter dem roten Samtvorhang, der eine Ecke abteilte, holte Madame Melisandra schließlich die Kristallkugel hervor und wischte sie mit einem Spirituslappen spiegelblank. Diese Kugel stellte sie auf ein kleines rundes Tischchen und rückte einen Stuhl davor. Ächzend ließ sie sich nieder, stieß nach dem genossenen Gin auf und begann endlich mit ihrer Arbeit.
    Das indirekte Licht war nicht allzu hell, doch es hätte noch ausgereicht, um mit etwas Mühe eine Zeitung zu lesen.
    Madame Melisandras Hände bewegten sich über der Kristallkugel. Sie murmelte uns unverständliche Worte, ihre Augen waren geschlossen, ihr Gesicht zeigte den Ausdruck angespannter Konzentration.
    »Kugel, Kugel aus Kristall«, sprach Madame Melisandra, »Sphärenlicht und Höllenschwall, erhelle Dunkles zu dieser Frist, zeig mir, was verborgen ist.«
    Magische Worte, von denen ich einige kannte, folgten. Ich spürte, dass eine übernatürliche Energie am Werk war. Mein Instinkt, den ich im Lauf der Zeit entwickelt hatte, sagte es mir. Madame Melisandra war kein Scharlatan, sie verfügte tatsächlich über okkulte Fähigkeiten.
    Die
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