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0048 - Ausflug ins Jenseits

0048 - Ausflug ins Jenseits

Titel: 0048 - Ausflug ins Jenseits
Autoren: Walter Appel
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der Nase, der Tentakel quetschte mich, ich glaubte zu sterben. Dabei hackte ich wie besessen mit dem Silberdolch auf den Tentakel ein. Das silberne Kreuz an der Kette um meinen Hals umklammerte ich mit der Linken wie einen Rettungsanker.
    Dann gab es eine gewaltige Erschütterung, der See wurde bis zum tiefsten Grund aufgewühlt, und ich flog aus dem Wasser wie vom Katapult geschnellt. Der Tentakel hatte mich weggeschleudert.
    Ich krachte hart am Ufer auf, mehr tot als lebendig. Die Dämonendienerinnen, jene Mädchen, flüchteten kreischend aus dem Wasser. Sie hatten jetzt alle wieder ihr menschliches Aussehen. Ich sah wie durch einen Nebel und hörte Geräusche und Worte wie von ferne.
    In meinem Kopf dröhnte ein großer Gong. Auch Jane Collins nahm ich nur undeutlich wahr.
    »Du hast es geschafft, John!« rief sie. »Es herrscht Ruhe, das Dimensionstor ist vernichtet, Asmodara in ihre grauenvollen Sphären zurückgeschleudert. Sieh nur, Loch Argyll ist nur noch ein flacher Tümpel. Der größte Teil des schwarzen Wassers wurde in die jenseitigen Dimensionen gerissen.«
    Ich sah kaum etwas. Jane Collins musste mich stützen, als ich zum Bus zurückwankte. Sie kümmerte sich auch um alles andere. Sie brachte meinen Einsatzkoffer, sie rief einige Männer zusammen und ließ sie den Professor Melibocus zum Bus transportieren, wo man seine Glieder entwirrte. Er hatte sich zwar einiges verrenkt, aber keinen ernsthaften Schaden genommen.
    Ich zog in der Waschkabine meine nassen Kleider aus, trocknete mich ab und versorgte meine Schrammen und Schrunden mit Hilfe des Apothekenkastens. Ein kräftiger Schluck Whisky baute mich innerlich auf und wärmte mich.
    Der Dämon Thomas Argyll war tot und vernichtet. Tony Lamarre hatte sich ganz zuletzt in den schwarzen See gestürzt und war wohl als Leiche im Jenseits gelandet. Allmählich fanden die meisten Reiseteilnehmer zum Bus zurück.
    Nach einigen würden wir mit Hilfe der Bewohner des nächsten Dorfes suchen müssen. Die Mädchen, die dämonische Kreaturen gewesen waren, hatten Gedächtnislücken, vieles wussten sie nicht.
    Doch ich konnte das meiste rekonstruieren. Ich erholte mich rasch. Übers Mikrofon klärte ich die Reiseteilnehmer auf, soweit es mir gut und vertretbar erschien, und erwähnte auch, dass ich Oberinspektor bei New Scotland Yard in einer Spezialabteilung war.
    Miss Agatha und Miss Adele tuschelten miteinander. Draußen rauschte der Regen nieder und reinigte die Atmosphäre. Die Ruinen von Argyll Castle standen noch, aber sie würden niemandem schaden. Der böse Zauber von Loch Argyll war gebrochen.
    »Wir fahren zum nächsten Dorf«, verkündete ich. »Strathhonnsaire heißt es wohl. Ich steuere den Bus.«
    »Das war ein Kampf«, ächzte der lange Professor Melibocus. »Aber wir haben gewonnen.«
    Bei den Mädchen war keine Spur dämonischen Einflusses zurückgeblieben. Die Berührung mit einem Kreuz rief keinerlei Effekte hervor. Cora Simpson, die Angestellte aus Argylls Reisebüro, schluchzte bitterlich.
    »Trösten Sie sich, Miss«, sagte ich. »Sie sind genauso ein unschuldiges Opfer wie alle andern. Kopf hoch, es ist alles vorbei.«
    Jane Collins versuchte, die Kleine aufzumuntern, es würde ihr gelingen. Als ich den Motor des Busses anließ, kam Miss Agatha zu mir.
    »Wir haben Ihnen und Ihren Freunden unrecht getan«, sagte sie. »Bitte verzeihen Sie uns, Oberinspektor Sinclair.«
    »Nicht der Rede wert, Miss Agatha.«
    Meine Knochen schmerzten, mein Schädel brummte, doch ich war nicht schwer verletzt, hatte nur leichte Blessuren abgekriegt. Ich hätte die ganze Welt umarmen können und Miss Agatha und Miss Adele dazu. Miss Agatha betrachtete mich säuerlich.
    »Eine Frage hätte ich noch, Oberinspektor Sinclair. Haben Sie einen gültigen Busführerschein? Sonst muss ich doch sehr bitten, dass Sie vom Steuer weggehen. Da könnte ja wer weiß was passieren. Außerdem muss alles seine Ordnung haben.«
    Ich gab keine Antwort, legte den Gang ein und fuhr los.
    ENDE
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