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002 - Der Hexenmeister

002 - Der Hexenmeister

Titel: 002 - Der Hexenmeister
Autoren: B.R. Bruss
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Gründe, die mich dazu getrieben hatten. Doch ich spürte, dass die Erinnerung an das, was mir zugestoßen war, wieder erwachen würde. Davor hatte ich Angst.
    Jetzt bin ich allein in meinem weißen Krankenzimmer. Obwohl ich lieber alles vergessen würde, habe ich in Gedanken noch einmal die letzten unglaublichen und furchtbaren Monate durchlebt. Manchmal fällt es mir selbst schwer, daran zu glauben, dass ich mir alles nicht nur einbilde. Ich hatte sogar Zweifel daran, dass meine Freunde wirklich tot sind, und deshalb bat ich vor ein paar Tagen Dr. Colas, sich nach ihnen zu erkundigen. Diese Bitte bestärkte ihn wahrscheinlich in der Annahme – nachdem er die Ergebnisse seiner Erkundigungen sah – dass ich wirklich verrückt bin.
    »Lionnel Dosseda ist am 14. August dieses Jahres verschwunden«, berichtete mir Dr. Colas. »Man hat keine Spur von ihm gefunden. Hervé Migal ist am 17. Juli im Städtischen Krankenhaus einer Infektionskrankheit erlegen. Auch Patrick Buez ist tot. Man hat ihn auf dem Platz von Notre-Dame in der Nacht vom 19. auf den 20. September tot aufgefunden. Ein Dolch steckte in seiner Brust. Es konnte nicht festgestellt werden, ob es sich um Mord oder um Selbstmord handelte.«
    Das alles war mir nichts Neues. Ich wusste sogar, wie und warum die drei gestorben waren – denn auch Lionnel war tot. Trotzdem erschrak ich über die Worte des Arztes, denn sie waren der Beweis dafür, dass ich mir die unheimlichen Ereignisse der letzten Monate nicht nur eingebildet hatte.
    »Wussten Sie nicht, dass zwei der Männer tot sind und der dritte verschwunden?« fragte mich Dr. Colas.
    »Nein. Vielleicht habe ich es gewusst, aber ich erinnerte mich nicht mehr daran.«
    »Waren es Freunde von Ihnen?«
    »Ja, Herr Doktor. Sehr gute Freunde.«
    »Könnten sie mit Ihrem Selbstmordversuch etwas zu tun gehabt haben?«
    »Ich weiß es nicht«, erwiderte ich.
    »Hören Sie, ich will Sie nicht quälen, aber nur wenn ich Ihnen Fragen stelle, kann ich Sie heilen. Sie haben doch Vertrauen zu mir, nicht wahr?«
    »Ja, Herr Doktor, das habe ich.«
    Und das stimmte auch. Der Arzt war mir sehr sympathisch, und ich zweifelte nicht an seinem guten Willen. Trotzdem erwiderte ich auch auf seine weiteren Fragen: »Ich kann mich an nichts erinnern.«
    Seit einigen Tagen stellt er mir nun keine Fragen mehr. Trotzdem verbringt er viel Zeit mit mir. Wir unterhalten uns über alles Mögliche. Er ist gebildet und belesen, und die Gespräche mit ihm sind mir eine angenehme Abwechslung und Ablenkung.
    Heute Nachmittag hat er es noch einmal versucht.
    »Ich zweifle nicht daran«, sagte er, »dass Sie vor Ihrem Selbstmordversuch unter starkem nervlichen Druck gestanden haben. Wahrscheinlich haben Sie einen Schock erlitten.«
    Ich gab ihm die gewohnte Antwort: »Ich kann mich an nichts erinnern.«
     

     

Und ob ich einen Schock erlitten hatte!
    Das Leben von uns vier war vom Juli ab eine Kette von Schrecknissen. Ein Schock folgte dem anderen, und einer war grässlicher als der nächste.
    Der erste Schrecken erwartete uns an dem Montag nach unserer ersten Ausfahrt mit dem neuen Motorboot.
    Wir hatten die Nacht vom Sonntag auf Montag im Freien verbracht, in Schlafsäcken am Ufer der Seine, und waren erst am nächsten Morgen nach Paris zurückgefahren. Die Sonne war gerade aufgegangen, als wir vor der Spitze unseres Bootes die ersten Häuser Von Paris auftauchen sahen. Wenig später näherten wir uns der Tournelle-Brüdce bei Notre-Dame. Plötzlich sahen wir am Ufer eine kleine Menschenansammlung. Mehrere Ruderboote fuhren vor uns auf der Seine hin und her, und die Insassen blickten suchend ins Wasser. Einige Männer schwammen um sie herum und tauchten ab und zu.
    Wir drosselten unseren Motor und erkundigten uns bei einem der Männer, was los sei.
    »Eine Frau ist ins Wasser gefallen«, erwiderte dieser. »Ich selbst habe es nicht gesehen. Wir sind eben erst gekommen. Sie soll sich von der Brücke aus ins Wasser gestürzt haben. Man sucht schon seit gut zwanzig Minuten nach ihr. Es besteht wohl keine Aussicht mehr, sie lebend zu bergen.«
    Da wir alle vier wie die Fische schwammen und tauchten, sprangen wir sofort ins Wasser. Wir brauchten uns nicht einmal auszuziehen, da wir bereits in Badehosen waren.
    Mehrere Minuten lang suchten wir ohne Erfolg. Als ich gerade wieder einmal aufgetaucht war, erblickte ich Patrick, der mir zuwinkte.
    »Komm her!« rief er. »Ich habe da was gesehen.«
    Ich schwamm zu ihm und tauchte dann dort, wo er unter
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