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002 - Der Hexenmeister

002 - Der Hexenmeister

Titel: 002 - Der Hexenmeister
Autoren: B.R. Bruss
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Wenn wir vier nicht so begeisterte Wassersportler gewesen wären, hätten wir das alles vielleicht nicht erlebt. Alle die unglaublichen, phantastischen und entsetzlichen Abenteuer, von denen ich berichten will, wären uns erspart geblieben. Ich bin der einzige von uns, der noch lebt – noch lebt. Lange wird das nicht mehr der Fall sein, das weiß ich.
    Noch vor wenigen Monaten waren wir vier gesunde, frohe junge Männer Ende Zwanzig. Wir kannten uns von Kindheit an und waren im selben Stadtviertel von Paris aufgewachsen. Nachdem wir gemeinsam die Schule besucht hatten, trennten sich unsere Wege. Patrick besuchte die technische Hochschule, Lionnel die Kunstakademie, Hervé und ich die Universität. Hervé studierte Medizin, und ich bereitete mich auf das Lehrerexamen vor. Doch auch während unserer Studienzeit blieben wir unzertrennlich und verlebten stets unsere Ferien gemeinsam. Wir verbrachten sie immer am Meer, weil es für uns nichts Schöneres gab als schwimmen, segeln, Wasserski fahren und ähnliches.
    Als wir dann ins Berufsleben eintraten, minderte sich unsere Begeisterung für alle Wassersportarten nicht. Patrick Buez war Ingenieur in der Autoindustrie geworden. Hervé Migal hatte eine Arztpraxis eröffnet. Lionnel Dosseda hoffte auf künstlerischen Ruhm, und ich, Georges Lénand, war Lehrer für Französisch an einem Gymnasium.
    Wir trafen uns oft, um unsere Freizeit in Paris oder auch außerhalb gemeinsam zu verbringen. Da wir alle noch Junggesellen waren und keine nahen Angehörigen hatten, ließ sich das ohne Schwierigkeiten einrichten.
    Wir träumten davon, gemeinsam eine Jacht zu besitzen, aber leider hatten wir dazu nicht die nötigen finanziellen Mittel. Doch wir versuchten, diesen großen Traum wenigstens im Kleinen zu verwirklichen.
    Ich erinnere mich noch genau an den Tag, an dem wir die wichtige Entscheidung trafen. Wir hatten uns in unserem Stammcafé im Studentenviertel von Paris in der Nähe meiner Wohnung verabredet.
    Als ich kam, war Lionnel Dosseda schon da. Er war ein äußerst attraktiver Mann, groß und breitschultrig, blond und mit einem geradezu klassisch schönen Gesicht. Er wirkte auf Frauen unwiderstehlich. Trotzdem war er nicht im Geringsten eingebildet. Er war ein feiner Kerl und außerordentlich begabt als Künstler.
    Gleich darauf trafen auch unsere beiden anderen Freunde ein. Sie trugen bunte Prospekte in der Hand und strahlten über das ganze Gesicht. Wir begrüßten uns, und sie setzten sich an unseren Tisch. Dann breiteten sie die Prospekte vor uns aus. Patrick ergriff das Wort.
    Patrick war mittelgroß, aber sehr kräftig gebaut, dunkelhaarig und temperamentvoll. Seine Vorfahren stammten aus Spanien. Er berichtete, dass er und Hervé die Runde bei den in Frage kommenden Geschäften gemacht hatten.
    »Und wir haben auch genau das gefunden, was wir brauchen«, sagte er dann und wies auf die Prospekte.
    Es handelte sich um ein herrliches Motorboot, geradezu unwiderstehlich schön auf den farbenprächtigen Abbildungen des Prospektes. Die Begeisterung verging mir allerdings etwas, als ich den Preis las.
    »Gibt es denn nicht ein etwas billigeres Boot?« fragte Lionnel, der auch den Preis gesehen hatte.
    »Sicher«, erwiderte Hervé, »das gibt es schon, aber die anderen haben uns nicht so gut gefallen.«
    Hervé Migal hatte ein rundliches Gesicht und hellbraunes Haar. Er war immer gut gelaunt und hatte viel Sinn für Humor. Jetzt fuhr er fort:»Aber macht euch wegen der Kosten keine Sorgen. Patrick und ich haben besprochen, dass wir zusammen drei Viertel übernehmen, und wir sind auch bereit, euch etwas zu borgen, damit ihr den Rest bezahlen könnt.«
    Das war ja nun wirklich ein sehr großzügiges Angebot. Damit stand unser Entschluss fest, das Motorboot zu kaufen. Eine halbe Stunde später stiegen wir in Patricks Wagen, um das herrliche Boot noch einmal gemeinsam zu bewundern.
    Am darauf folgenden Sonntag machten wir unsere erste Ausfahrt. Es war ein strahlend schöner Tag, und wir waren wie beschwipst vor Freude.
    Doch es ist nicht meine Absicht, diesen herrlichen Tag, den wir auf unserem Boot verlebten, in allen Einzelheiten zu beschreiben. Ich erwähne ihn nur, weil er den Abschluss einer Epoche darstellte. Es folgte eine Zeit des Grauens, und sie begann am nächsten Morgen.
    Niemand weiß bisher, was uns zugestoßen ist. Wir haben mit keinem Menschen darüber gesprochen. Es hätte uns ja doch niemand geglaubt. Und auch der Bericht, den ich nun hier im Sanatorium verfasse,
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