Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zwischen Wind und Wetter

Zwischen Wind und Wetter

Titel: Zwischen Wind und Wetter
Autoren: Ulrich Straeter
Vom Netzwerk:
Nein...
    Industrien braucht Irland sicherlich — und Arbeitsplätze. Doch wem gehören sie, und wer entscheidet? Leicht kann der Umweltschutz zwischen die Interessen von Kapital und Arbeit geraten, obwohl eine ‘ökologische Ökonomie’ keinen Gegensatz bedeuten würde, sondern sehr logisch wäre, wie der Name schon sagt. Sinnvoll für die Masse der Menschen, nicht nur für die Profite weniger.

    Nach dem Fast Food-Essen trösteten wir uns in einem Pub am See mit einem Beamish, wobei wir uns dem unentwegt laufenden Fernseher nicht entziehen konnten. Dem Wetterbericht — some sunny periods, immerhin wurde Sonne angesagt — folgten nachgestellte Fernsehberichte dramatischer Rettungsaktionen.
    Eine junge Frau war eine steile Felswand zum Meer hinuntergestürzt, war mit vier Halswirbelbrüchen in einer Rinne hängengeblieben. Die Retter, die endlich die einsame Stelle erreicht hatten, versuchten von oben mit einer Bahre und Seilwinden an die Verunglückte heranzukommen. Der Kampf mit der Zeit begann, denn die Flut stieg unaufhaltsam und drohte die Frau zu erreichen. Schließlich gelang es soeben noch rechtzeitig, einen der Retter mit der Bahre zu ihr hinunterzulassen und sie hochzuhieven. Es folgte das Danach: das strahlendes Gesicht der Original-Geretteten im Kreise ihrer Familie.
    Und weiter ging es. Ein Film über zwei gerettete Fischer, deren Bootsmotor weit draußen auf dem Meer den Dienst versagt hatte. Sie trieben im offenen Boot, das Wetter verschlechterte sich, es wurde Nacht. Sie hatten kein Trinkwasser und keine Lebensmittel an Bord. Auch hier die glückliche Rettung durch die Küstenwache und das unvermeidliche Life-Interview mit den Geretteten.
    Als der nächste Film begann, verließen wir den gastlichen Ort. Wir haben schlecht geschlafen.

    Der Fährhafen liegt weit außerhalb Corks, in Ringasciddy, gegenüber von Cobh.
    Wir sind zu früh da, die Schalter sind noch geschlossen. Um halb vier heute nachmittag soll die Fähre ablegen. Um zwei Uhr stehen wir wieder in der Empfangshalle und wollen buchen. Doch es gibt schlechte Nachricht. Es sei alles besetzt. Wir können uns das kaum vorstellen, eine große Fähre, und es soll keinen Platz mehr an Deck für zwei Personen und zwei Fahrräder geben. Die beiden Frauen am Schalter begründen ihre Ablehnung mit Sicherheitsvorschriften. Es ist nichts zu machen, wir können lediglich für Samstag buchen, drei Tage später. Und auch am Samstag sind nur noch zwei teure Kabinenplätze frei. Wir wollen keine Kabine, wollen uns mit den Schlafsäcken irgendwo auf den großen Kisten für die Rettungswesten niederlassen. Die beiden Damen bleiben hart. Entweder Kabine oder gar nichts. Das finden wir überhaupt nicht irisch. Der nächste Schock folgt. Bezahlen sollen wir im Büro in Cork City, sie könnten kein Geld annehmen. Das wären dreißig Kilometer hin und zurück. Jetzt platzt uns der Kragen. Ich weiß nicht mehr, was wir gesagt haben, jedenfalls decken wir die beiden mit einem Schwall englischer und französischer Brocken ein (die Fähre wird von einer französischen Firma betrieben).
    Das wirkt. Plötzlich geben sie nach, nehmen unser Geld, wir bekommen die Fahrkarten.

    Was nun?
    Es gibt einen anderen Campingplatz außerhalb von Cork, der näher liegt, allerdings direkt am Flughafen. Deprimiert schwingen wir uns auf die Räder. Jetzt hören wir das Schaben von Ilses Hinterachse besonders deutlich, und der Seitenschlag an meinem Hinterrad, ist er nicht auch stärker geworden?
    Nur langsam gelingt es uns, die Umwelt zu genießen. Die Sonne scheint, schmale Straßen mit Bäumen am Rand ziehen sich mit leichten Steigungen durch die Landschaft; liebliche Hügel und weite Blicke entschädigen uns, Traktoren fahren wie Spielzeuge über Wiesen und Felder.
    Leider fühlen wir uns nicht wie aufgezogen, als nach einer schier endlosen Steigung der Campingplatz in Sicht kommt. Der Flugplatz liegt auf einer windigen Hochebene, der Zeltplatz noch ein Stück höher.
    »Warum nur liegt der Platz so hoch ?« , fragt Ilse erschöpft den Mann am Büro.
    »Because you are nearer to God !« ist die lakonische Antwort.
    Obwohl nicht so ganz gläubig, müssen wir uns geschlagen geben. Ein paar junge Männer, die ihn nach der windgeschütztesten Stelle fragen, bekommen es noch dicker:
    »Im nächsten Hotel!«
    Hilfreich sind sie doch, die Iren.
    Schnell ist die windgeschützteste Stelle des Platzes von uns besetzt. Der Wind weht günstig, treibt die Geräusche von uns weg, wir hören
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher