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Im Schatten (German Edition)

Im Schatten (German Edition)

Titel: Im Schatten (German Edition)
Autoren: Dagmar R. Rehberg
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03. Februar 2008
     
    Das Wasser war heiß, beinahe ein bisschen zu heiß, doch Katherine stellte es nicht kälter. Es prasselte ihr auf Kopf und Schultern, lief in dampfenden Bächen den Rücken herab und die Beine entlang. Sie hörte das Prasseln auf dem Wannenboden. Dort stand sie nun schon mindestens eine viertel Stunde, rührte sich beinahe nicht, lauschte nur dem Geräusch des rauschenden Wassers. Mit beiden Händen strich sie langsam über ihr kurzes Haar. Wie es sich wohl anfühlte, wenn es ihr lang über den Rücken fiele? Ihre Mutter hatte ihr schon so oft geraten, es wachsen zu lassen. Lange Haare seien weiblicher und weicher, hatte sie immer wieder gemeint. Dabei trug sie ihres doch selbst kurz. Nein, stimmte gar nicht. In den letzten Monaten hatte sie es wachsen lassen, und nun reichte es ihr schon fast bis auf die Schulter. Es stand ihr ausgesprochen gut, wie Katherine fand. Überhaupt hatte ihre Mutter in der letzten Zeit einiges an ihrem Äußeren verändert. Sie war noch sorgfältiger zurechtgemacht als früher und hatte sogar einige Pfund abgespeckt. Sie war nie dick gewesen, nur ein klein wenig mollig. Doch nun war sie regelrecht schlank. Ob ihrem Vater das auch aufgefallen war? Und wenn ja, fand er es gut, oder tat er es auf seine übliche Art als Hormon gesteuerte Kurz-vor-den-Wechseljahren-Phase ab? Katherine dachte über ihre Eltern nach. Ihre Beziehung lief gleichförmig seit vielen Jahren ab, es war beinahe schon langweilig. Arbeit, Haushalt, Kinder, kaum Streitigkeiten, aber auch kaum Höhepunkte. Sie gingen selten aus, und nur der alljährliche Urlaub an wenig wechselnden Urlaubsorten durchbrach die Eintönigkeit. Wie hielten sie das nur aus? Sie konnte sich nicht vorstellen, irgendwann einmal genauso zu leben. Dann lieber jedes Wochenende auf Derby, gelegentlich ein kleines Abenteuer, ab und zu einen Kater – so wie heute. 
    Seufz end stellte sie das Wasser ab und stieg aus der Wanne. Sie band sich gerade ein Handtuch um den Kopf, als es an der Tür klingelte. Hastig griff sie zum Bademantel und zog ihn über, ohne sich vorher abzutrocknen. Sie hasste dieses Gefühl von Stoff auf nasser Haut. Es kribbelte und scheuerte unangenehm. Barfuß eilte sie zur Wohnungstür und öffnete. Zu ihrem Erstaunen standen vor der Tür zwei Polizisten, und es sah beinahe so aus, als trauten sie sich nicht, ihr ins Gesicht zu sehen. Der ältere von beiden nahm seine Mütze ab und sagte:
    » Guten Morgen. Sind Sie Katherine Zieglow?«
    » Ja. Wieso?« Katherine wollte gerade fragen, ob sie falsch geparkt hätte, doch der Ernst in den Gesichtern der beiden Männer hielt sie davon ab.
    » Dürfen wir kurz hereinkommen?«, bekam sie anstelle einer Antwort zu hören.
    Da das einige Zimmer in ihrer Wohnung nicht nur ihren Schreibtisch und den großen Schrank enthielt, der ihre sämtlichen Habseligkeiten von Bü chern und Unterrichtsmaterial bis hin zur Kleidung beherbergte, sondern auch ihr zurzeit vollkommen zerwühltes Bett und der Fußboden zudem mit am Abend vorher eiligst entledigter Klamotten übersät war, führte sie die Besucher in die Küche. Beide sahen sich scheinbar automatisch darin um, und der jüngere der beiden Herren trat ein wenig in den Hintergrund, sich leicht an einen der Schränke lehnend. Beide hielten sie nun ihre Mützen in der Hand und Katherine sah, wie der ältere Mann sie nervös hin- und herdrehte, als er nach Worten suchte. Schließlich sah er sie an und sagte leise:
    » Es tut mir sehr leid, Frau Zieglow, aber ich fürchte, wir haben eine schlechte Nachricht für Sie. Ihre Mutter ist tot.«
    Wenn der junge Mann dort drüben nicht so eine hässliche Uniform tragen würde, könnte er direkt hübsch aussehen , schoss es Katherine durch den Kopf. Eine von den neuen, dunkelblauen vielleicht würde ihm gut stehen . Sie spürte, wie die Neuigkeit krampfhaft versuchte, sich von ihrem Gehör durch die Windungen ihres Gehirns bis ins Bewusstsein vorzukämpfen und wie sich gleichzeitig jede Faser ihres Verstandes dagegen wehrte, indem sie Stolpersteine und Schlingen in Form aller möglichen beiläufigen Gedanken in den Weg legte. Nur ganz allmählich kam die Nachricht auf ihrem Weg voran, und als sie schließlich fast ihr Ziel erreicht hatte, drehte Katherine den Kopf, um den Sprecher anzusehen. Erst dabei wurde ihr bewusst, sie hatte den jüngeren der beiden die ganze Zeit unhöflich angestarrt. Nun sah sie dem älteren Polizisten ins Gesicht, als dieser fortfuhr:
    » Sie hat sich das
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