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Zwischen Wind und Wetter

Zwischen Wind und Wetter

Titel: Zwischen Wind und Wetter
Autoren: Ulrich Straeter
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Pellkartoffeln fertig, wachsweich, und der Rotwein schmeckt. Warm ist es geworden. Richtig warm. Endlich.
    »Essen wir noch etwas von dem leckeren Rosinenkuchen ?«
    »Ich kann nicht mehr. Du kannst ja noch etwas...«
    »Oh, ich kann auch nicht mehr. Aber der schmeckt so gut, ich glaub’, ich nehme trotzdem noch ein Stück .«
    »Eigentlich«, ich muß rülpsen, »eigentlich habe ich gerade mein ‘Farmerchen’ gemacht .«
    »Schreib’ das auf, sonst glaubt es uns niemand .«
    In der Ferne brüllt ein Bulle. Ob er keine Kuh bekommt?
    Uns bekommt er jedenfalls in dieser Nacht nicht.

    Am anderen Morgen zeigt das Zeltthermometer sechsundzwanzig Grad in der Sonne an.
    Vorsichtig schließen wir das Gatter, binden es sorgsam fest. Aller Abfall ist in einer Tüte gesammelt, für den Litter Bag im nächsten Ort oder bei der nächsten Tankstelle.
    Wir benutzen den sogenannten Allzweckfahrstreifen am Rand der N 22 und fahren die sechsunddreißig Kilometer bis Cork ohne Halt durch. Cork grüßt linkerhand mit altehrwürdigen Backsteingebäuden am Hang oberhalb des River Lee, rechts mit einem häßlichen Betonhochhaus, vor dem die Bronzeskulpturen zweier Männer stehen, die es verblüfft, erstaunt, bewundernd anzustarren scheinen.
    Wir nehmen die Ringstraße in Richtung Fähranleger, erreichen nach unangenehmer Fahrt zwischen Lastwagen und Berufsverkehr durch Fabrik- und Gewerbegebiete einen Campingplatz am Rand von Cork City.
    In der Nähe träumt ein kleiner See mit einer Vogelschutzinsel in der Mitte. Wir lassen uns am Ufer auf einer schmiedeeisernen Bank nieder, beobachten die Flugzeuge im Landeanflug auf Cork Airport und die viel zu vielen Schwäne auf dem leicht verdreckten Teich. Hinter uns lugt eine Reihe grauer Häuser mit häßlichen Baikonen unter Bäumen hervor, auf der anderen Seite des Sees lärmt eine Autostraße.
    Um den See herum, auf dem Rundweg, junge Mütter mit neuen Kindern, alte Männer mit alten Hunden, ältere Damen mit neuen Handtaschen und einige Jungen, die Fußball spielen. Und junge Frauen, die angestrengt walken. Walking ist eine neue Sportart, ein Zwischending zwischen gehen und laufen. Walking. Und auf der Nachbarbank ein Liebespaar, das sich streitet.
    Cork am Abend.
    Morgen dann die Fähre, denken wir.

DES TEUFELS PUNSCHGLAS

    Wir werfen einen Blick zurück.
    Auf Killarney. Killarney, die schöne Stadt, besungen in vielen Liedern und Gedichten.
    ‘Killarney has been the inspiration of poets and painters down through the centuries and its beauty has been described in many words. Heavens Reflex, Beauty’s Home, Eden of the West. What more can be said about this paradise, where angels fold their wings and rest?’
    Der ‘Killarney Advertiser’ schwelgt in den höchsten Tönen. Wo Engel ihre Flügel falten und ausruhen. ‘ Eine Stadt, die Dichter und Maler beflügelt. Killarney, wo es im ‘Advertiser’ neunmalige Anzeigen mit demselben Text gibt, sogenannte Novenas, wohl in Anlehnung an bestimmte Andachten zur neunten Stunde des Tages, an immer wiederkehrende Gebete.
    Schwülstige Anrufe der angeblichen Jungfrau Maria: ‘Fruitfut Vine, Splendour of Heaven, Star of the Sea, Queen of the Earth, о Holy Mary!’ Manche Anrufe klingen wie Schiffsnamen.
    Maria, die zur Unfehlbaren Erklärte, die immer noch ‘Jungfrau’ ist, allen wissenschaftlichen Erkenntnissen zum Trotz, never known to fail, sie soll helfen, irgend jemandem, der nicht genannt wird, der gefehlt hat, oder sich vor einem Examen fürchtet. Thank you for favours received. Oh, Dank für die Gunst, die wohl schon gewährt wurde. Das Examen hat also geklappt, dank Holy Mary vielleicht sogar mit sehr gut, auch die Anzeigenabteilung des ‘Advertiser’ ist höchst zufrieden.
    Wir werfen einen Blick zurück. Wo Engel ihre Flügel falten, kann der Teufel nicht weit sein.
    ‘Schon am Beginn des Aufstieges zum Mangerton Mountain genießt man den Blick auf das Massiv des Purple Mountain und die Seen von Killarney.’
    Solch eine Behauptung aus Reiseführern bedurfte der Überprüfung. Der Mount Mangerton bei Killarney (2.756 Fuß oder 841 Meter Höhe) wartete auf uns. Oder auch nicht. Jedenfalls war er da, auch wenn man ihn nicht sah ,weil er sich zuweilen in Nebel hüllte. Mit dem Berg wartete auch das Punschglas des Teufels, the Devils Punch Bowl, auf unvorsichtige Kletterer.
    Die Räder trugen uns die angekündigten vier Kilometer bis zum Abzweig zur Nordflanke des Berges. Sie trugen uns auch noch die nicht angekündigten sechs
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