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Zwischen dir und mir

Zwischen dir und mir

Titel: Zwischen dir und mir
Autoren: Lino Munaretto
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Beziehung zwischen den Langerfeldts und Lisas Eltern.
    »Sie würde euch gerne einen Reiturlaub in Kalifornien bezahlen. Dennis und du mit der Familie. Wie wäre das?«
    Die fröhliche Stimme ihrer Mutter provozierte Lisa mehr als je zuvor. Sie war Fragen gewohnt. Gerade wenn es um Dennis ging. Ihre Eltern liebten Dennis. Er war einfach der perfekte Schwiegersohn, den sie sich immer gewünscht hatten. Der Typ Junge, mit dem sie ihre Tochter gerne auf Fotos sahen – und vorzeigten. Lisa steckte sich den letzten Bissen Brot in den Mund und kaute länger als nötig. Reiten liebte sie. Trotzdem suchte sie nach einer Ausrede.
    »Ich dachte, ihr wolltet mit mir und Tim nach Sylt«, wich sie aus, obwohl die Aussicht sie eigentlich nicht begeisterte.
    »Lisa, was ist denn los? Ich mache mir Gedanken … Es gibt doch keinen Streit? Nichts, das du mir …«
    Ihr kleiner Bruder, der in Pyjama und mit zerstrubbelten Haaren aus der Toilette gestürmt kam, rettete sie vor einem Verhör.
    »Mama, wo ist mein Piraten-Turnbeutel?«
    Lisa seufzte, während sie sich ein zweites Brot schmierte. Sie war keins von den Mädchen, das nur einen Joghurt am Morgen aß und damit den restlichen Tag auskam. Im Gegenteil, in den letzten Tagen war sie oft viel zu spät mit einer Tüte Gummibärchen vor dem Fernseher eingeschlafen. Ihre Sorgen hatte sie damit auch nicht vertreiben können. Sorgen, die leider nicht um belanglose Dinge wie Piraten-Turnbeutel oder Lego-Ritterburgen kreisten.
    »Kann sein, dass ihn Frau Tomszik gestern weggeräumt hat. Schau doch in deinen Kisten nach.«
    Frau Tomszik war die Putzfrau der Jahnkes, die dreimal in der Woche kam. An allen vier anderen Tagen – und meist auch an den Tagen, an denen die Putzfrau dagewesen war – polierte Lisas Mutter trotzdem das Haus.
    »Habe ich schon«, erwiderte er bissig und schaute zu Lisa. »Hilf du mir suchen!«
    »Deine Schwester kann jetzt nicht für dich suchen.«
    »Ich will es aber …«
    »Ist schon gut, Mama«, seufzte Lisa und biss ein letztes Mal von ihrem Brot ab. Ihr Bruder grinste zufrieden.
    »Du kommst zu spät, wenn du weiter trödelst«, gab ihre Mutter zu bedenken.
    Lisa stand schon an der Tür neben ihrem Bruder und blickte zur Küchenuhr, während ihre Mutter die Stirn in Falten legte. Eigentlich schaute sie immer so. Um ihre Stirn zu entspannen, musste sie schon ein bis zwei Wochen in einem Wellness-Ressort in der Schweiz zugebracht haben. Das hatte sie gerade getan. Wie man sah, hatte es nicht lange vorgehalten. Heute schon wollte sie wieder zur Massage gehen – mit Frau Langerfeldt.
    »Ich schaue kurz. Ich habe noch eine halbe Stunde, bis die Schule anfängt«, entschied Lisa.
    »Na gut«, gab ihre Mutter auf. Sie bemühte sich um ein Lächeln. »Schön, dass du deinem Bruder hilfst.« Vielleicht hoffte sie, dass sich ihre Kinder endlich besser verstanden. Wie man sich irren kann.
    Lisa drehte sich um und ging die breite Treppe in großen Schritten hinauf, während ihr Bruder ihr hinterherhastete. Oben angekommen, packte sie ihn am Arm, drückte ihn gegen die Wand, legte sich den Zeigefinger auf den Mund und zischte: »Also, was willst du? Bestimmt nicht nur, dass ich dir deinen Turnbeutel suche.«
    Er kicherte und bekam einen roten Kopf. Seit drei Tagen ging das jetzt schon so. Seit Dennis am Sonntag da gewesen war. Immer wieder, wenn ihre Eltern dabei waren, bat ihr kleiner Bruder sie in einem unverschämten Ton um etwas. Und Lisa wusste genau, womit er ihr drohte.
    »Na schön, du hast uns gesehen. Muss ja mächtig interessant gewesen sein.« Der aggressive Ton ihrer Stimme war ihr selbst fremd. Doch es fiel ihr schwer, sich zu beherrschen.
    »Hat es geschmeckt?«, flüsterte er und brach danach erneut in ein ersticktes Lachen aus.
    »Wovon hast du denn eine Ahnung? Das ist ganz normal. Irgendwann wirst du das auch kapieren.«
    »Würdest du das bei mir auch machen?« Unaufhörlich kicherte er weiter.
    Lisa verdrehte die Augen. »Nein!« Immerhin meinte er es nicht ernst – die ekelhafte Vorstellung reichte schon.
    »Dann vielleicht bei Martin?« Ihr kleiner Bruder kam aus dem Grinsen nicht mehr raus.
    Martin war schrecklich. Ein kleiner Bruder reichte Lisa bereits, doch sein kleiner Freund übertraf ihn bei Weitem. Er hatte sich vor drei Jahren in sie verliebt. Damals war er noch mit Tim in der ersten Klasse gewesen und Lisa in der siebten. Seitdem bekam sie Liebesbriefe von ihm, die sie allesamt so schnell wie möglich vernichtete. Die ersten hatte sie
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