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Zwischen dir und mir

Zwischen dir und mir

Titel: Zwischen dir und mir
Autoren: Lino Munaretto
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eine lange Hose war es eindeutig zu warm und Röcke waren inzwischen wirklich uncool. Sie blickte an sich herunter. Die Jungs würden ihr nachschauen. Das taten sie sowieso. Sie zog eine Bluse über und knöpfte sie hastig zu. Ständig rutschte sie ab. Die Knopflöcher waren viel zu winzig. Sie fluchte innerlich. Jede Kleinigkeit, die nicht gelang, regte sie auf. Das war schon seit Tagen so.
    Bevor Lisa das Handy in ihre Schultasche steckte, schaute sie kurz nach der Uhrzeit, ließ die drei neuen Nachrichten und fünf Anrufe aber unbeachtet. Stattdessen dachte sie wieder einmal darüber nach, warum sie Dennis seit ein paar Tagen nicht mehr antwortete. Es war sicher nicht wegen Timmy. Ja, es war ihr peinlich gewesen, aber er hatte sie auch schon beim Küssen beobachtet. Ein seltsamer Widerwille überfiel sie, wenn sie daran dachte, was Dennis sagen würde. »Wir können darüber reden, Süße – Das muss uns nicht im Weg stehen – Es war schön. Danke. Willst du nicht ein bisschen mehr? – Du kannst dir Zeit lassen – Wir können mit deinen Eltern darüber reden.« Scheiße, nichts wollte sie weniger als das! Schon wieder fühlte sie sich bedrängt und beobachtet von den kalten weißen Wänden, die sie umgaben. Sie schob den Gedanken beiseite, indem sie das Handy so tief wie möglich unter der bebe Creme, Labello und Deo begrub.
    »Warum hast du so lange gebraucht?«, fragte ihre Mutter.
    »Es tut mir leid. Ich hab wohl die Zeit vergessen«, antwortete sie leise, während sie von einem mit Kräuterquark bestrichenen Brot abbiss.
    Du hast mich beim Masturbieren gestört , wäre sicherlich nicht die beste Antwort gewesen.
    Diskussionen mit ihrer Mutter führten sowieso selten zu etwas.
    »Du bist heute so leicht angezogen. Ist die Hose neu?«
    Ihre Mutter sprach nie aus, was sie dachte, ließ aber ganz genau durchblicken, was sie meinte.
    »Ich hab sie letzten Mittwoch mit Marie gekauft.« Auf eine Rechtfertigung verzichtete sie.
    Ihre Mutter lächelte – nicht ganz überzeugt – und spielte weiter nervös an ihrer Halskette, die sie über einem beigen Rollkragenpullover trug. Dann blieb es still. Immer war es still, wenn sie aßen. Unterbrochen von den angespannten Fragen ihrer Mutter, kurzen Antworten von Lisa.
    »Frau Langerfeldt war gestern mit ihren Kindern Tennis spielen. Ich hab sie im Café getroffen. Dennis meinte, du hättest dich länger nicht gemeldet.«
    Ihre unausgesprochenen Fragen standen im Raum. Lisa wusste genau, wie viel Misstrauen dieser Satz barg.
    Wieder war es still. Lisa wich dem Blick ihrer Mutter aus und betrachtete nachdenklich ihr Zuhause. Die Zimmer hatten hohe Decken, jedes kleine Geräusch hallte laut wider. Schweigend wirkte die Stille umso mächtiger. Küche und Wohnzimmer waren verbunden. Es gab keine Türen im Erdgeschoss. Wenn man alleine war, konnte man meinen, das Haus sei nicht bewohnt. Die matt lackierten Regale spiegelten gedämpft das Sonnenlicht. Die Bücher auf der Anrichte waren ungelesene Geschenke. Ein Bildband über Golfplätze und eine Biografie von Steve Jobs. Draußen lag der Garten völlig unberührt da. Perfekt angelegt und durch ständige Pflege immer in sauberster Ordnung gehalten.
    Doch wohin sie auch schaute, Lisa konnte dem Gespräch nicht entkommen. Als ihre Mutter ihren Blick wieder einfing, merkte Lisa, dass sie immer noch auf eine Antwort wartete. »Ich hatte viel zu tun. Hausaufgaben, Klavier, Mathe lernen …« Lächeln beruhigte ihre Mutter immer.
    Nur diesmal hakte sie nach. »Er meinte, dass du nicht an dein Handy gehst.«
    »Manchmal beschwerst du dich, dass ich eine zu hohe Handyrechnung habe. Jetzt willst du …«
    »So hab ich das doch nicht gemeint, Lissy. Du solltest deinen Freund nur nicht vernachlässigen.«
    Lisa wusste genau, was dahintersteckte. Sie schwieg und nahm einen großen Schluck Orangensaft. Sie spürte, wie sich ein Gefühl von Trotz in ihr breitmachte. Sie konnte es nicht mehr hören. Sie wünschte sich, ihre Eltern könnten ihr Leben wenigstens einmal ihre Sache sein lassen. Es ging sie doch nichts an, wie sie sich mit ihrem Freund verstand. Sie wollte gar nicht daran denken, was ihre Mutter sagen würde, wenn es irgendwann vorbei wäre. Wieder ertappte sie sich dabei, dass sie überhaupt schon so weit dachte.
    »Frau Langerfeldt war auch etwas überrascht.«
    Jetzt sprach sie endlich aus, was sich wirklich hinter den Fragen verbarg. Schließlich war es nie von Bedeutung, was zwischen ihr und Dennis war. Wichtig war nur die
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