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Zwischen dir und mir

Zwischen dir und mir

Titel: Zwischen dir und mir
Autoren: Lino Munaretto
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Nein, Alex konnte cool bleiben. Wenn er jedoch eine Fünf in Biologie hätte … Er stellte sich diese Frage zum ersten Mal. Warum ausgerechnet jetzt?! Mit dem Fingernagel kratzte er einen alten Kaugummi von seinem Tisch, bis er merkte, wie eklig das war. Er wischte den Finger rasch an der Jeans ab und versuchte, die Hände still zu halten. Doch wenig später spielte er an dem Kabel seiner Kopfhörer herum und hätte nichts lieber getan, als laut Musik aufzudrehen, um diesen Raum zu vergessen, der immer enger zu werden schien.
    »Lisa Jahnke. Ich habe kurz überlegt, dir eine Sechs zu geben, weil du heute zu spät warst … aber am Ende lasse ich noch einmal Gnade walten und gebe dir auch dieses Jahr eine Eins.«
    Herr Bause hatte die Lacher auf seiner Seite. Er war gut drauf. Heute musste man keine Angst haben. »Georg Müller.« Er reckte den Hals etwas, als müsse er Georg erst einmal finden, und rückte sich die Brille zurecht. »Eine Vier, Georg. Aber streng dich an.«
    Damit war es klar. Eindeutig. Die drei hatten immer eine Vier.
    »Alexander Zucker …«
    Er sprach viel zu langsam.
    »Ich habe hier viele Fehlzeiten notiert. Mehrere Male zu spät zum Unterricht erschienen. Dieses Jahr reicht es leider nicht, Alex. Es tut mir leid. Das ist keine Vier mehr.«
    Keine Vier mehr, keine Vier mehr …
    Seine Finger krallten sich ineinander, während er die Zähne zusammenbiss und auf den Tisch starrte. Diesmal hatte es nicht gereicht. Scheiße.
    »Passiert den Besten«, versuchte ihn Georg aufzumuntern, als es schon klingelte.
    Alex nahm die Tasche, die er gar nicht erst ausgepackt hatte, und ging voran.
    »Scheiße, Mann. Du bleibst sitzen.«
    »Auch schon gemerkt«, murmelte er, ohne sich zu Julian umzudrehen. Auf dem Hof warf er die Tasche unter die Bank, setzte die Kopfhörer wieder auf und drehte die Musik laut.
    Augen schließen. Abschalten.
    »Ey, mach Platz«, riss ihn Georgs Stimme aus Wut und Frust.
    »Was’n los?«
    »Wir haben dir ein Stück Pizza aus der Cafeteria mitgebracht.«
    Alex roch den geschmolzenen Käse unter der Nase und beschloss, den Ärger erst einmal zu vergessen. »Danke, Mann.« Er machte den anderen Platz und biss in das heiße Stück Margherita.
    Sie schmeckte wie Gummi – nur etwas salzig. Egal.
    »Vielleicht solltest du Nachhilfe nehmen. Hab gehört, das soll was bringen. Meine Mutter will auch, dass ich nächstes Jahr zu meiner Nachbarin gehe. Die studiert Mathe.« Georg grinste und zwinkerte Julian zu.
    »Mathestudentinnen sollen nicht so geil im Bett sein«, erwiderte Julian.
    »Woher willst du das wissen?«
    »Hat mein Bruder erzählt …«
    »Was labert ihr schon wieder? Das Jahr ist vorbei. Ich kann nichts mehr dran ändern«, antwortete Alex verspätet auf den Ratschlag.
    »Du könntest mit Bause sprechen«, schlug Julian vor.
    »Kein Bock, bringt nichts.« Er machte sich nicht die Mühe, den Kopf zu schütteln, und nahm noch einen Bissen, bevor der flüssige Käse auf seine Jeans tropfte.
    »Tust mir echt leid. Jetzt musst du mit den ganz Kleinen in eine Klasse. Freu dich auf Saskia Brandt. Die ist vierzehn und hat sich schon von jedem nageln lassen. So schlecht sieht die gar nicht aus. Vielleicht lässt die dich ja mal ran.«
    Georg lachte über Julians Witz, worauf Alex jedem einen Faustschlag in die Schulter gab, von dem sie nur noch mehr lachen mussten. Bald würde er achtzehn werden und mit zwei oder drei Jahre Jüngeren die zehnte Klasse durchstehen müssen. Eine verdammt beschissene Vorstellung.
    »Nein, Mann. Ich will echt nicht mit dir tauschen«, meinte Georg nun ernster.
    Für ihr Mitleid konnte Alex sich auch nicht viel kaufen.
    »Heute Abend ins Vegas ? Abiparty.« Julians Blick war auf einem Flyer hängen geblieben, der zu seinen Füßen herumflatterte.
    »Ach, ist doch immer das Gleiche.« Am liebsten hätte er in seinem Leben keinen weiteren Gedanken an etwas anderes verschwendet als dieses Stück Pizza, was schon anstrengend genug war.
    »Was sonst? Können bei mir vortrinken.«
    Endlich sagte der Dicke mal was Vernünftiges.
    Alex nickte und klopfte beiden auf die Schulter. »Wird auch nicht leichter für euch beide. Ohne mich seid ihr ja sozusagen nix. Also heute noch einmal mit dem King in den Club«, grinste er und warf sich die Tasche wieder über die Schulter. »Lasst uns noch eine rauchen, bevor es weitergeht.« Er brauchte jetzt dringender denn je den beruhigenden Moment einer Zigarette.
    • • •
    Ihre Mutter würde die Note sicher loben. Ihr
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