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Zwischen dir und mir

Zwischen dir und mir

Titel: Zwischen dir und mir
Autoren: Lino Munaretto
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selbst hatte immer nur ein oder zwei Gläser Sekt getrunken. Zusammen guckten sie DVD s. Lachten. Erzählten von Jungs. Vertrauten sich Geheimnisse an. Aber Lisa war zurückhaltend, wenn es darum ging. Sie hatte auch nie etwas zu erzählen, seit sie mit Dennis zusammen war. Keine Probleme oder Sorgen. Diesmal schon, ohne dass sie es genau hätte beschreiben können und wollen.
    »Tust du es bald mit Dennis?« Sie kannte diese Fragen schon. Jeden Abend einmal diese Frage und immer hatte sie »Ich weiß nicht« erwidert. Immer wieder. Bis zum letzten Wochenende. Da wollte sie. Absolut sicher war sie sich gewesen, dass es Zeit war – dass es perfekt war und sich jeder Zweifel in Luft auflösen würde. Dann Timmy, der durchs Schlüsselloch zugeschaut und schließlich laut losgeprustet hatte. Lisa wäre vor Scham am liebsten im Erdboden versunken. Eigentlich hatte er doch noch bei einem Kindergeburtstag sein sollen. Lisa hatte gedacht, dass es ausreichte, wenn sie abschloss.
    Als Timmy weg war, hatte Dennis versucht, sie zu beruhigen, und irgendwann hatte er auf sie eingeredet, da weiterzumachen, wo sie aufgehört hatten. Da hatte Lisa sich erst richtig scheiße gefühlt. Sie war erleichtert gewesen, als er schließlich nach Hause ging.
    Es war in weite Ferne gerückt. Dieses erste Mal. Jetzt wollte sie nicht mehr. Sie bemerkte, wie sie es ihrem Bruder immer weniger übel nahm. Er war noch klein. Er konnte nichts dafür. Sonst verzieh sie ihm nicht so leicht.
    Sie drückte auf die Klingel und hoffte einen kurzen Augenblick, die Tür zu einer anderen, neuen Welt würde sich öffnen.
    Stattdessen sah sie ihr gewohntes Spiegelbild im dunklen Fensterglas der Haustür. Sie rückte den eng sitzenden Gürtel zurecht. Ein tiefer Atemzug, der nicht leichtfiel und sie nicht stärker machte. Aber diesmal würde sie ins Vegas gehen.
    Jedes Mal, wenn sie sich vor einer Party getroffen hatten, hatte sie abgelehnt und stattdessen ihre Eltern oder eine andere schwache Ausrede vorgeschoben. Eigentlich wäre sie schon immer gerne mitgekommen. Aber das hätte zu viel Ärger bedeutet. Mit ihren Eltern – und mit Dennis. Sie wusste, dass er sie ständig beobachten würde, wenn sie abends weggingen.
    Heute wollte sie abschalten. Einmal wollte sie sich keine Gedanken machen. Einfach nur dabei sein.
    Immer noch blieb es dunkel im Hausflur. Konnte niemand sie hören? Sie drückte noch einmal auf den Klingelknopf. Selbst der vibrierte von den Bässen, die schon von der Straßenecke aus zu hören gewesen waren.
    Die Musik wurde leiser gedreht. Das Licht im Flur ging an. Schritte waren zu hören. Die Tür öffnete sich. Eine Sekunde, dann fand Lisa sich in Maries Armen wieder.
    »Wir dachten schon, du kommst nicht«, begrüßte sie ihre Freundin erleichtert.
    »Da bin ich«, gab sich Lisa ungewohnt locker.
    »Wir sind hinten im Garten«, führte Marie sie gleich weiter. Ihr kurzes schwarzes Kleid flatterte im Wind, der durch ein offenes Fenster hereinzog.
    »Wer ist alles da?«, fragte Lisa, während sie durch die Küche gingen, wo auf der Bar bereits einige leere Sektflaschen standen.
    »Jenny, Annika und Greta.«
    Keine Überraschungen.
    Hinter der Bar lag eine Ebene tiefer das weitläufige Wohnzimmer. Die Möbel waren ganz schlicht designt. Mussten aber schrecklich teuer gewesen sein. Breite Ledersofas standen gegenüber von einem riesigen Flachbildfernseher. Früher hatten sie darauf immer SingStar gespielt. Das war inzwischen kindisch. Auf den schwarzen Granitfliesen lag ein großes Zebrafell, von einem Exemplar, das Maries Onkel mal auf Jagdurlaub in Südafrika geschossen hatte.
    Die Boxen waren voll aufgedreht, spielten: I, I follow, I follow you, deep sea, baby – I follow you.
    »Muss ich morgen alles aufräumen«, seufzte Marie beim Anblick der Kissen, die überall – nur nicht an ihrem Platz – lagen. Auf der Terrasse saßen die anderen Mädchen im Kerzenschein.
    »Hi«, grüßte Lisa.
    Jenny lag gemütlich in einem Liegestuhl, den sie weit zurückgeklappt hatte, und erwiderte lächelnd »Hi« – während sie mit einer Sektflasche zwischen den Beinen kuschelte. Wie üblich hatte sie ihre roten lockigen Haare offen und trug eine Jeans und Chucks. Make-up benutzte sie nie. Im Winter hatte sie mal eine knallbunte Mütze getragen, die ihre Mutter ihr selbst gestrickt hatte. Eigentlich ganz schön, fand Lisa insgeheim. Greta hatte oft genug Sprüche gemacht – meistens hinter ihrem Rücken. Aber Lisa beneidete Jenny um ihre Lockerheit
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