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Zwischen den Zeilen

Zwischen den Zeilen

Titel: Zwischen den Zeilen
Autoren: Benedikt Altmann , Berthold F. Bauer
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    »Tut mir leid«, sagte ich dann ganz distanziert, als ob mir die Sache hier überhaupt nicht nahe ging. »Da ist das mit den Schwulenpornoheften schon im Detail eingetragen. Da können wir jetzt leider nichts mehr machen.«
    Ein weiterer heftiger Heulkrampf des bibbernden Florian war die Antwort. Ganz offenbar hatte er auf meine Fürsprache gehofft. Aber obwohl ich nur knapp drei Jahre älter war als er, spielte ich mittlerweile natürlich in einer völlig anderen Liga als er. Da konnte man nun mal keine Ausnahmen zulassen.
    »Hmmm?!!« Buch verzog sein Gesicht zu einem fiesen Grinsen und holte ein völlig neues, noch nicht ausgefülltes Formblatt aus der Schublade. »Vielleicht ja schon. Aber dennoch müssen wir hier bei dir in diesem ganz besonders schlimmen Fall natürlich denoch erst einmal knallhart durchgreifen. Denn bis auf zwei Ausnahmen sind in deiner Gruppe noch alle Jugendlichen minderjährig, und, soweit ich das weiß auch alle noch völlig gesund und normal veranlagt, oder? Nun ja. Zumindest bisher noch! Da kannst du einfach keine solchen, absolut nicht freigegebenen, jugendgefährdenden Heftchen einschleusen, nur weil du selber jetzt mittlerweile schon achtzehn geworden bist, aber komischerweise nun dieses Jahr immer noch schon wieder in der Elften bist. Zwei deiner Gruppenkameraden sind sogar immer noch sechzehn, weißt du denn eigentlich, was dieses ganze perverse Zeug da womöglich in ihnen anrichtet, wenn es ihnen zufällig in die Hände fällt? Ein warmer Bruder in dieser Gruppe ist mir doch da nun schon wirklich mehr als genug?«
    Beschämt starrte Florian erst hinunter auf den Boden und studierte dort das Fliesenmuster. Dann blickte er aber dennoch mit einem Funken Hoffnung hinauf auf das noch leere Formblatt in Buchs Händen.
    »Ja«, sagte er dann ganz leise.
    Jetzt hatte ihn Buch soweit, Florian würde nun jede, aber auch wirklich jede Strafe akzeptieren, nur damit der Eintrag geändert würde. Das war die pure Brutalität, wie Buch hier mit dem armen Jungen umsprang, obwohl er bisher ja noch überhaupt nicht im körperlichen Sinne zugeschlagen hatte.
     
    »Ich will dir mal eine kleine Geschichte erzählen«, begann er dann völlig leise und klang dabei plötzlich ganz einfühlsam und verständnisvoll. »Als ich hier vor über zwanzig Jahren angefangen habe, da haben die Jungs hier nachts unter der Bettdecke noch heimlich diese komischen Schreckensteinbücher und keine Pornos gelesen. Obwohl es natürlich auch verboten war, da dort ein Verhältnis von Lehrern und Schülern beschrieben wird, das viel zu sehr auf Kameradschaftlichkeit und Gleichberechtigung aufbaut. So etwas wollten wir mit unseren ganz klaren Strukturen schon damals hier nicht haben. So was funktioniert einfach nicht. Weißt du, es ist doch schlicht so: Wenn einer eine Nase im Arsch hat, haben zwar beide eine Nase im Arsch. Das ist schon richtig. Aber dennoch ist der eine immer noch wesentlich besser gestellt als der andere. Denk mal drüber nach.«
    Florian schluckte und nach einigen Sekunden nickte er dann gehorsam und unterwürfig. Er wollte das ja auch nicht. Er wollte ja gar nicht so sein. Er wusste jetzt, dass er eine harte Hand brauchte, die ihn nun wieder auf den rechten Weg zurückbrachte.
    »So schau her.« Buch kramte aus seinem Bücherregal eines dieser relativ dünnen, aber stets schön gebundenen bunten Bücher der Schreckenstein Serie aus den 1970er Jahren heraus, das er vor vielen, vielen Jahren wohl einst einem seiner damaligen Schüler abgenommen hatte. Ein kurzer Roman über den völlig unrealistischen idealisierten feuchten Traum eines Jungeninternats, in dem es keinen Sex, keine Selbstbefriedigung, keine Demütigungen, keine Drogen (Alkohol und Zigaretten zählten damals nicht dazu), keinerlei wirklich schlimmen Konflikte und Gewalt und Mobbing nur in Form von aus heutiger Sicht absolut lächerlichen harmlosen Streichen und Aktionen gab.
    »Hier, dieser sechste Band aus dieser Reihe ist jedoch eine gewisse Ausnahme. Da wird einer der Neuankömmlinge, der sich partout nicht an die Regeln in der Gruppe halten will, umerzogen. Und zwar wird er mit einer Überdosis seiner eigenen Laster kuriert. So wird ein hoch wirksamer Lernprozess angeschoben, der es ihm ermöglicht, unter Aufsicht seine alten Ausschweifungen zu überwinden und sich damit wieder in die Gemeinschaft einzufügen. Verstehst du, was ich damit sagen
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